Wien (csr-news) > Lebensmittel im Wert von rund 300 Euro landen in Österreichs Haushalten jedes Jahr im Müll. Ein Thema, dem Politik, Umweltschutzorganisationen und Unternehmen in ganz Europa den Kampf angesagt haben. Mit welchen Maßnahmen der Lebensmittelhandel dieses Bemühen unterstützen kann und vor allem wie es gemacht wird, das hat Greenpeace Austria im Rahmen der Marktcheck-Reihe „Nachhaltigkeit im Test“ bei neun Supermarktketten untersucht. Fazit: Österreichs Supermärkte könnten einen großen Beitrag dazu leisten, Lebensmittelmüll zu verringern. Sie setzen bisher aber nur einen Teil der möglichen Initiativen um.
Die Umweltschutzorganisation hat zehn Maßnahmen zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen definiert und bei den Supermarktketten nachgefragt, inwieweit sie die entsprechenden Kriterien erfüllen. Dabei zeigte sich, alle Supermärkte sind sich der Problematik bewusst, wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß. Von den neun abgefragten Märkten setzt Unimarkt, gefolgt von MPreis und Hofer, die meisten konkreten Maßnahmen um, PennyMarkt die wenigsten. „Eine wichtige Maßnahme zur Vermeidung von Lebensmittelmüll ist es, keine Multipacks – etwa zwei Produkte zum Preis von einem – anzubieten, vor allem bei leicht verderblicher Ware“, sagt Nunu Kaller, Konsumentensprecherin bei Greenpeace in Österreich. „Solche Angebote können dazu führen, dass die Kunden mehr kaufen als sie eigentlich brauchen und ihnen die Ware zuhause schlecht wird. Die Supermärkte tragen so indirekt zur Lebensmittelverschwendung bei. Die Alternative wäre ein Preisnachlass schon ab dem ersten Stück.“ Unimarkt und Hofer sind die einzigen der befragten Supermärkte, die komplett auf Gratis-Angebote verzichten.
Doch nicht nur durch ihr Angebot, sondern auch durch ihre Einkaufspolitik können Supermärkte zu weniger Lebensmittelmüll beitragen. Obst und Gemüse, das nicht den hohen optischen Qualitätsstandards entspricht, kaufen die Händler von den Produzenten oft gar nicht an. Diese werfen es dann entweder weg, ackern es wieder ein oder verarbeiten es, im selteneren Fall, weiter. Jene Supermärkte, die auch Obst der Handelsklasse II oder vergleichbare Produkte anbieten, wurden daher von Greenpeace besser bewertet. „Geschätzte zwanzig Prozent der Lebensmittel schaffen es nicht einmal in den Handel, obwohl sie bedenkenlos genießbar sind. Die Supermärkte können das ändern“, sagt Kaller.
Auch den Zugang der Supermärkte zum Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) fragte Greenpeace ab. Das MHD gibt an, bis zu welchem Zeitpunkt der Hersteller garantieren kann, dass die wertbestimmenden Eigenschaften des Lebensmittels, etwa Farbe, Geruch oder Geschmack, bei angemessener Lagerung erhalten bleiben. Sehr oft ist die Ware aber weit über das MHD hinaus bedenkenlos genießbar. „Lebensmittelrechtlich dürfen Händler Produkte nach Ablauf des MHD noch verkaufen, wenn sie sich von der Qualität des Produkts überzeugt haben und ihre Kunden eindeutig darauf hinweisen. Leider macht dies kein einziger Supermarkt“, so Kaller. „Was jedoch zumindest sehr häufig vorkommt, ist ein Abverkauf der Produkte kurz vor Ablauf des MHD und eine Weitergabe betroffener Produkte an Sozialmärkte.“
Allgemein kritisiert Greenpeace die schlechte Datenlage rund um das Thema. Österreichs Supermärkte verfügen über wenig Information, was Menge und Art des anfallenden Lebensmittelmülls betrifft. Hier ist auch die Politik gefordert. „Obwohl wir insgesamt kein schlechtes Ergebnis haben – immerhin wurden sechs Supermärkte mit ‚Gut´ bewertet – braucht es noch mehr konkrete Vorgaben, auch seitens der Bundesregierung“, sagt Kaller. Greenpeace hat eine Petition gestartet, damit endlich verpflichtende, gesetzliche Rahmenbedingungen geschaffen werden. Kaller: „Wir brauchen einen konkreten, österreichweiten Umsetzungsplan, um unser Essen vor dem Mist zu retten“.
Anhand dieser zehn Kriterien hat Greenpeace die Bewertung der Supermarktketten vorgenommen:
- Angebots-Preise immer ab dem ersten Stück bei Lebensmitteln, die weniger als ein Monat haltbar sind
- Verzicht auf Gratis-Angebote und Multi-Packs bei Lebensmitteln, die weniger als ein Monat haltbar sind
- Angebot von optisch nicht der Norm entsprechendem konventionellem Obst & Gemüse
- Verkauf von Brot vom Vortag
- „Mut zur Lücke“ vs. volles Angebot bis zum Ladenschluss
- Maßnahmen zum Abverkauf vor Mindesthaltbarkeits- und Verbrauchs-/Verkaufsdatum bzw. nach Überschreitung des Mindesthaltbarkeitsdatums
- Flächendeckende Kooperation bzw. Kooperationsangebot an soziale Einrichtungen zur Abgabe von verderblichen Lebensmitteln
- Maßnahmen zum Verkauf/zur Verwertung/zur Weitergabe von vorverpacktem Obst und Gemüse bei Unverkäuflichkeit von einzelnen Produkten einer Mehr-Stück-Packung
- Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung der Endverbraucher zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen
- Erhebung der Abfallmengen