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DFB-Nachhaltigkeitsbericht – Fußball aus besonderer Perspektive

Leider nur Vize, die Italiener waren schneller. Aber immerhin ist der DFB der zweite europäische Fußballverband, der einen umfangreichen Nachhaltigkeitsbericht vorlegt. Auf 100 Seiten wird die besondere Perspektive des Fußballs beleuchtet. In die Tiefe geht es nicht, dafür werden viele, auch problematische Themen offen angesprochen. Gastbeiträge lockern den Bericht auf und machen in an manchen Stellen lesenswert.

Frankfurt am Main (csr-news) > Leider nur Vize, die Italiener waren schneller. Aber immerhin ist der DFB der zweite europäische Fußballverband, der einen umfangreichen Nachhaltigkeitsbericht vorlegt. Auf 100 Seiten wird die besondere Perspektive des Fußballs beleuchtet. In die Tiefe geht es nicht, dafür werden viele, auch problematische Themen offen angesprochen. Gastbeiträge lockern den Bericht auf und machen in an manchen Stellen lesenswert.

„Fußball ist Zukunft“ lautet der Titel des Nachhaltigkeitsberichts und ist auch das Motto des heute und morgen stattfindenden DFB-Bundestags. Alle drei Jahre treffen sich die Delegierten aus den 27 Mitgliedsverbänden und den 25.456 Vereinen, um über die Gegenwart und Zukunft des organisierten Fußballs zu debattieren. Auf der letzten Versammlung 2010 hat das Thema Nachhaltigkeit erstmals Gestalt angenommen. „Auf dem Weg zur Nachhaltigkeit“ hieß die Broschüre und das Programm für die nachfolgenden drei Jahre. Am Ende sollte ein Nachhaltigkeitsbericht stehen, der den Delegierten nun präsentiert wird, der aber auch nur ein Meilenstein auf dem weiteren Weg ist. Künftig soll im Rhythmus von drei Jahren über die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie berichtet werden. Der aktuelle Bericht legt die Latte schon hoch, lässt aber noch Wünsche offen. Er wurde gemäß den Indikatoren der GRI-Version 3.1 erstellt und entspricht der Anwendungsebene B. Weil es sich beim DFB um einen Bundesverband handelt, die operative Verantwortung aber beispielsweise beim Ligaverband oder sogar den Vereinen liegt, sind ausführliche Informationen beispielsweise zum Umweltschutz eher an anderer Stelle zu finden. So hat der Ligaverband in diesem Jahr ausführlich in zwei Publikationen über das soziale Engagement der Vereine und über die Umweltschutzmaßnahmen in der 1. und 2. Bundesliga berichtet.

Für den nötigen Vortrieb des Themas Nachhaltigkeit sorgt allerdings der DFB. Eine entsprechende Kommission besetzt alle relevanten Themen mit verantwortlichen Personen und diskutiert die Weiterentwicklung innerhalb des organisierten Fußballs. Primäres Ziel ist die nachhaltige Sicherung des Fußballbetriebs in der Breite und in der Spitze, definiert DFB-Vizepräsident Karl Rothmund die Bedeutung des Themas für den DFB. „Gerade weil sich so viele Menschen im Verein (rund 6,8 Millionen Mitglieder) oder als Fan für den Fußball begeistern und damit für „Botschaften“ aus dem Fußball erreichbar sind, haben wir als Dachverband natürlich auch eine besondere Verantwortung“. Aber Rothmund warnt auch vor einer Überhöhung des Fußballs: „Wir sind alle gut beraten, auch die Grenzen des nachhaltigen Handelns im organisierten Fußball zu beachten“. Als Teil der Gesellschaft sei der Fußball ebenso von gesellschaftlichen Fehlentwicklungen betroffen. Diese zu beobachten, offen anzusprechen und Anhänger sowie Mitglieder entsprechend zu sensibilisieren gehöre schon zu den Aufgaben der Verantwortlichen im Fußball. „Diese Probleme zu lösen, erfordert jedoch eine gemeinsame Anstrengung vieler gesellschaftlicher Kräfte und nicht allein des Fußballs“, so Rothmund. Auf dem Bundestag endet die Ära des Vizepräsidenten Rothmund, der nicht nur zuständig, sondern auch ein wesentlicher Treiber für das Thema Nachhaltigkeit beim DFB war.

Grundlage der Nachhaltigkeitsstrategie sind vier, in der DFB-Satzung festgelegte, Handlungsdimensionen, die auch gleichzeitig die Struktur des Berichts bestimmen. Es geht um die nachhaltige Organisation des Spielbetriebs, Maßnahmen zur Wertevermittlung, Übernahme von Verantwortung für gesellschaftliche Aufgaben und Herausforderungen sowie um die karitativen und humanitären Maßnahmen. Beispielsweise Fanprojekte für die in der aktuellen Saison mehr als 10 Millionen Euro ausgegeben werden. Aber es geht auch um die Schattenseiten, wie etwa die Geschichte von Daniel Nivel, dem französischen Polizisten, der 1998 von deutschen Hooligans ins Koma geprügelt wurde. Der DFB fühlte sich nicht nur verantwortlich, sondern hat auch Verantwortung übernommen und die Familie von Nivel bis heute unterstützt. An anderer Stelle werden Themen wie Diskriminierung, Rassismus und Homophobie behandelt. Der DFB tritt für ein „Klima des Respekts“ ein und versucht durch zahlreiche Aktivitäten, Fans und Mitglieder aufzuklären und zu sensibilisieren. Als Unterzeichner der Charta der Vielfalt hat sich der DFB eindeutig positioniert. In den kommenden Jahren sollen Grundsatzpapiere für Handlungsfelder in diesem Themenbereich erarbeitet werden. Erste Broschüren zum Thema Fußball und Homosexualität sowie Rechtsextremismus im Fußball wurden bereits veröffentlicht. Gerade bei diesem Thema geht es auch um Vergangenheit, an deren Aufarbeitung der DFB mitwirkt. Das läuft nicht immer glatt, wenn man sich an die Europameisterschaft im letzten Jahr erinnert. Lange wurde diskutiert ob Trainer und Spieler der Nationalelf das Konzentrationslager Auschwitz besuchen sollen. Am Ende hat sich dann doch eine Delegation mit Joachim Löw, Philipp Lahm, Lukas Podolski und Miroslav Klose im Vorfeld der Meisterschaft auf den Weg gemacht. Auf der anderen Seite fliegt jedes Jahr im Dezember die aktuelle U18-Nationalmannschaft zu einem Turnier nach Israel und besucht dort auch die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem. Zu Aufarbeitung der jüngeren Geschichte in der DDR wird der DFB in den nächsten Jahren Forschungsaufträge vergeben. Neben diesen Themen kommen auch noch andere Akteure zu Wort, beispielsweise Regisseur Sönke Wortmann, Teresa Enke, der Soziologe Prof. Pilz sowie ein junger Strafgefangener und seine Beziehung zum Fußball.


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