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Der Spiegel zum WWF: Kumpel der Konzerne

Berlin (csr-news) – Schwere Vorwürfe gegen die Naturschutzorganisation WWF erhebt das Magazin Der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe (22/2012). Der Beitrag „Kumpel der Konzerne“ stellt die Wirksamkeit der Naturschutzbemühungen der weltweit tätigen Organisation in Frage und wirft dem WWF vor, teilweise zur Ausbeutung der Natur durch Unternehmen und zum Schaden der Menschen beigetragen zu haben. „Multinationale Unternehmen und Naturschützer arbeiten heute Hand in Hand“, heißt es in dem Text. Konkretisiert wird der Vorwurf am Beispiel des vom WWF initiierten Round Table von Sustainable Palmoil (RSPO), der zu Indonesien zählenden Insel Sumatra und des Palmölproduzenten Wilmar: Für die Ausdehnung der Wilmar-Plantage Asiatic Persada würden Dörfer zerstört und Bewohner vertrieben. Diese Plantage solle vom TÜV-Rheinland RSPO-zertifiziert werden und dann als nachhaltig qualifiziertes Palmöl liefern. Bei dem ebenfalls vom WWF initiierten Round Table on Responsible Soy (RTRS) würden eigene Standards unterlaufen. „Und es ist diese Biegsamkeit, die dem Verband Millionenspenden der Industrie beschwert“, schreibt Der Spiegel.

Das Magazin bezweifelt zudem die Effizienz der Naturschutzbemühungen: So habe der WWF bereits Anfang der 70ger Jahre mit einer Millionenspende in Indien die Einrichtung von Schutzgebieten für Tiger initiiert. Trotzdem sei die Zahl der Tiger dort von damals 4.000 auf heute 1.700 zurückgegangen. Für die Einrichtung der Schutzgebiete seien zudem Menschen vertrieben worden. Ähnliche Kritikpunkte, wie sie das Nachrichtenmagazin aufführt, kamen im vergangenen Jahr in dem WDR-Beitrag „Der Pakt mit dem Panda“ zur Sprache.

In seiner Stellungnahme zu den Vorwürfen erklärt der WWF: Seine Kernkompetenz, lösungsorientiert anstatt konfrontativ zu arbeiten, werde ihm als Schwäche vorgeworfen. Die eigene Arbeit in den rund 2.000 Projekte weltweit werde im Rahmen der Qualitätssicherung kontinuierlich und selbstkritisch überprüft. Für den im Magazinbeitrag kritisierten Round Table for Sustainable Palm Oil (RSPO) kündigt der WWF eine deutliche Verbesserung der Standards und Kriterien an. Und beim Round Table on Sustainable Soy (RTRS) setze sich der WWF derzeit für ein Verbot des Pestizids Paraquat und weiterer gefährlicher Substanzen (WHO-Klasse 1 A+B / Klasse 2) ein. Die 1961 in der Schweiz gegründete Naturschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) arbeitet mit etwa 2.500 Mitarbeitern in über 80 Ländern. Die Zentrale befindet sich im schweizerischen Gland.

  • Bezeichnet Der Spiegel den WWF zurecht als „Kumpel der Konzerne“?
  • Was ist bei einer „konsensorientierten Vorgehensweise“ von NGOs und Unternehmen zu beachten, damit sie ihrem Nachhaltigkeitsanspruch gerecht werden?
  • Welche Qualität, Chancen und Mängel besitzen der RSPO und der RTRS?

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Kommentar

  • Vermutlich platzbedingt geht der SPIEGEL-Artikel nicht sonderlich tief ein auf die aufgeworfenen Einzelthemen. In einem jedoch spricht er – endlich – einen sehr wichtigen Widerspruch an:
    Der WWF – insbesondere der deutsche – rühmt sich, „lösungsorientiert“ vorzugehen.
    Es wäre zweifellos billig, darauf mit dem Kalauer-Vorwurf, der Zweck heilige die Mittel zu kontern. Aber bei der Definition der „Lösungen“ hat sich der WWF immer noch gewissen ethischen Kriterien zu unterwerfen und es darf der Gesamtüberblick nicht zu Gunsten von Teillösungen regelrecht in die Tonne getreten werden!
    Es ist doch völlig gleich, ob tatsächlich nachweisbare Vereinbarungen zwischen dem WWF und der Gentechnikbranche sowie den anderenorts gierigen Vertretern der Erdölindustrie vorliegen. Alleine schon durch seine Zeugungs- und Ammentätigkeit bei der Schaffung von Organisationen wie dem RTRS hat der WWF als Nobel-NGO mit Heiligenschein jedes später hinzukommende Mitglied implizit mit geadelt.
    Und hiervon haben Monsanto & Syngenta, BP & Shell, Cargill & Co. später auch fleissig Gebrauch gemacht; es ist zu einer bis heute andauernden Greenwashing-Orgie gekommen. Ausserdem ist es dieser Sorte von RTRS-Mitglied eine reine Freude, die beträchtlichen Kosten zu übernehmen, die die höchst professionelle PR-Maschinerie bei Runden Tischen wie dem RSPO oder dem RTRS mit sich bringt. Die Initialzündung des WWF ist also mal wieder aufgegangen: Das Ding läuft und trägt sich nach einiger Zeit von selbst und man kann seine edlen Hände in Unschuld waschen, während man sich einmal erneut, den Erfolg auf den Lippen, in Gesellschaft von Big Business zeigen kann.
    Davon aber ganz abgesehen, hat der WWF gemeinsam mit dem Schweizer Einzelhändler Coop durch massive Anschub-Unterstützung und Begleitung bis heute andere höchst erfolgreich funktionierende Programme, die die beiden z.B. mit ihren Basler Kriterien für verantwortungsbewussten Soja-Anbau einmal selber initiiert hatten, in eine Wettbewerbslage gebracht, so dass wertvolle Energie zur Klarstellung und Abgrenzung von Lachnummern wie dem RTRS aufgewendet werden müssen.
    Während der RTRS mit seinen ersten gerade so zusammengeklaubten Tonnen an book-and-claim-Sojaschrot protzt wird vom Wettbewerber ProTerra zertifiziertes Sojaschrot seit 2006 mit mehr als 5 Mio. Tonnen p.a. nach Europa importiert – gentechnikfrei auslobbar und rückverfolgbar.
    Wie gut, dass der LEH in Deutschland, der grössten EU-Volkswirtschaft, RTRS-Ware als in der Regel gentechnikbehaftet und mangels Rückverfolgbarkeit nicht am Produkt auslobbar überhaupt nicht in Betracht zieht!
    Diese vorhersehbare Konsequenz hat im Entstehen des RTRS niemand voraussehen wollen, da sich hier bis vor kurzem alle, eben nur nicht der Einzelhandel, untereinander gegenseitig auf die Schulter klopften. Eine saubere Markt- und Sachanalyse fand nie statt.

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