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Hähnchenfleisch überwiegend mit resistenten Keimen belastet

Achim Halfmann / CSR NEWS

Studie: Deutscher Geflügelverarbeiter PHW besonders betroffen

Berlin (csr-news) – Die Hälfte aller Hähnchen der drei größten Anbieter aus der EU ist mit antibiotikaresistenten Keimen belastet. Darauf deutet eine Studie von Germanwatch und „Ärzte gegen Massentierhaltung“, die 165 Hähnchenproben untersuchte und auf 51 Prozent davon Keime mit Resistenzen gegen ein oder mehrere Antibiotika fand. Die deutsche PHW-Gruppe, zu der die Marke Wiesenhof gehört, war mit 59% belasteter Proben besonders häufig betroffen. 35% aller Proben trugen Keime mit Resistenzen gegen sogenannte Reserveantibiotika. Das nannte Prof. Sören Gatermann vom Institut für medizinische Mikrobiologie der Universität Bochum „sehr bemerkenswert, als diese Antibiotika hochwirksame Substanzen sind, die für die Behandlung schwerster Infektionen wirklich gebraucht werden.“ Sein Institut hatte die Untersuchung der Proben durchgeführt.

Der Einsatz von Antibiotika in der Massenhaltung des Geflügels gilt als Ursache der Keimbelastung. Reinhild Benning, Expertin für Tierhaltung bei Germanwatch, verwies darauf, dass der Antibiotikaeinsatz in der Geflügelmast nicht rückläufig sei. „Je mehr Antibiotika im Stall eingesetzt werden, umso mehr haben die Krankheitserreger eine Überlebenschance, die Resistenzen hervorrufen können“, so Benning. Das von der EU geplante Gesetz zum Antibiotikaeinsatz in der Tiermast sei in seiner jetzigen Fassung nicht geeignet, diesen Einsatz zurückzudrängen.

Multiresistente Keime ein wachsendes Problem

Die Internistin Imke Lührs vom Verein Ärzte gegen Massentierhaltung bezeichnete es als „unerträglich, dass zur Produktion von billigem Fleisch die letzten wirksamen Antibiotika“ – und Neue seien nicht in Sicht – „ohne Not verschlissen werden.“ Nach ihren Worten sterben in der Europäischen Union jährlich 33.000 Menschen, weil Antibiotika nicht mehr wirken. Die Infektionen mit multiresistenten Keimen „ist ein für jeden Arzt ein deutlich zunehmendes Problem“, sagte Lührs.

„Konzerne bestimmen auf den Höfen“

Gerald Wehde vom Verband Bioland sagte: „Wir leben in einem kranken Agrarsystem.“ Mittels Turbomast auf engem Raum werde billiges Fleisch produziert – „mit einem hohen Preis für uns alle“. Wie Wehde weiter sagte, bestimmten wenige Monopolisten den Geflügelmarkt. „Die Konzerne bestimmen auf den Höfen, nicht der Bauer.“ Wehde forderte eine grundlegende Reform der Haltungssysteme.

„Industrie fehlt Wille zu Veränderung“

Als äußerst schwierig bezeichnete Benning die Zusammenarbeit mit der Geflügelindustrie. Es fehle der Wille zur Veränderung. „An das System der industriellen Tierhaltung, die die Tiere krank macht, wollen sie nicht heran“, so die NGO-Expertin. Ursache hierfür sei die exportorientierte Geflügelproduktion. Höhere Tierhaltungsstandards würden Preise erfordern, die auf dem Weltmarkt nicht konkurrenzfähig seien.

ZDG: Antibiotikaeinsatz rückläufig

Der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) kritisierte die aus seiner Sicht geringe Anzahl der Stichproben in der Germanwatch-Studie. Zudem sei es „verfehlt, vom Vorhandensein antibiotikaresistenter Keime auf dem Produkt auf den Einsatz der Wirkstoffe am lebenden Tier zu schließen.“ Es seien auch resistente Keime auf Geflügelfleisch zu finden, die nicht in der Geflügelmast eingesetzt werde. Ein eigenes Monitoring zeige, dass zwischen 2014 und 2020 (im Vergleich der jeweils ersten Halbjahre) bei Masthähnchen der Antibiotikaeinsatz über alle Wirkstoffe hinweg um knapp 10 Prozent reduziert worden sei, so die ZDG.


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