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Unternehmer für ihr Dorf

Firmenengagament im ländlichen Brandenburg. Die CSR NEWS-Videoreportage aus Langenlipsdorf

Langenlipsdorf (csr-news) – Unternehmen sind wichtige gesellschaftliche Akteure – auch über ihre wirtschaftlichen Aktivitäten hinaus. Zu welchen Themen und wie Unternehmen sich vor Ort engagieren, das sieht von Region zu Region unterschiedlich aus. Unsere Reise führt uns diesmal in eine ländlich geprägte Region Brandenburgs nach Langenlipsdorf. Mit 21 weiteren Dörfern bildet der Ort die Flächengemeinde Niedergörsdorf. Auf 230 Quadratkilometern leben hier 6.300 Menschen. In Langenlipsdorf Klaus-Peter Gust, der hier noch zu DDR-Zeiten den Grundstein für die Firma SIK-Holzgestaltung legte.

Die vollständige Videoreportage aus Langenlipsdorf und Welzow (23 Minuten):

Der Unternehmer berichtet: „Ich hatte bis 1988 eine Ausbildung als Holzgestalter, Holzbildhauer gemacht. Und dann bin ich mit meiner Frau einig gewesen, dass wir uns selbständig machen wollen.“ Mit 28 Jahren gründete Gust in der DDR gemeinsam mit seiner Frau eine Firma mit den Schwerpunkten Holzbildhauerarbeiten, Möbelgestaltung, Innenraumgestaltung und Kunstgewerbe. „Dann kam die Wende und wir haben alles, was wir bisher gemacht haben, beiseitegelegt und haben uns auf Kinderspielplätze konzentriert.“

Nachhaltige Unternehmensidee: Robinienholz

Heute exportiert SIK-Holz die markant gestalteten Spielplätze in alle Welt. Das Holz liefert die Robinie, die in Brandenburg reichlich wächst und die bis dahin eher als Brennholz oder für Koppelpfähle genutzt wurde. Gust erkannte, dass sich mit der Robinie eine nachhaltige Bauweise umsetzen lässt.

„Der Vorteil von Robinie ist, dass die Robinie ohne chemischen Holzschutz in den Boden gestellt werden kann und über Jahrzehnte dauerhaft die Stabilität erhält“, sagt Gust. Das Holz sei resistent gegen Insekten und Pilze und faule nicht im Boden. „Das war sehr interessant, denn bis dahin waren Spielplatzgeräte und die Pfosten, die im Boden waren, kesseldruckimprägniert. Das heißt, dass dort Schwermetallsalze durch chemische Verfahren, durch physikalische Verfahren implementiert wurden in das Holz“.

Aufgrund der Schwermetallbelastung müssen solche Spielgeräte später als Sondermüll entsorgt werden. Dass sich mit Robinienholz keine geraden Linien bauen lassen, sieht Gust nicht als Problem -im Gegenteil: So entstehen natürliche Lebensräume für Kinder, sagt der Holzgestalter.

Gebäude-Upcycling und neue Arbeitsplätze

Die Spielplatzmanufaktur in Langenlipsdorf entstand durch das Upcycling eines alten Kuhstalls und auch später nutzte Gust für die Weiterentwicklung seines Unternehmens vorhandene Gebäudestrukturen. So entstanden neue Arbeitsplätze für die Menschen am Ort.

Gust sagt, es sei nach 1990 absehbar gewesen, dass sich der Jubel über die deutsche Einheit und die neugewonnene Freihat schnell zerschlagen werde, weil die Menschen ihre berufliche Sicherheit verlieren könnten. „Das habe ich für uns als eine große Chance gesehen, hier den Menschen in der Region etwas zu geben, in ganz kleinem Maß. Denn wir haben heute 230 Mitarbeiter und wir hatten damals zwei Mitarbeiter.“

Durch das Material Holz lassen sich Menschen mit unterschiedlichen beruflichen Vorerfahrungen inspirieren, hat Gust beobachtet: Landwirte, Ingenieure, Tierpfleger.

Das ganze Interview mit Klaus-Peter Gust:

CO2-Bilanz und fehlender Nahverkehr

Dass ein Unternehmen wie SIK-Holz auf entsprechende regionale Strukturen angewiesen ist, um nachhaltig wirtschaften zu können, wird am Thema Arbeitskräfte deutlich – konkret im Blick auf den öffentlichen Nahverkehr: Im Mai ließ Gust die CO2-Fußabdruck seines Unternehmens erheben und stellte fest: Etwa die Hälfte seiner Mitarbeiter kommt täglich mit dem PKW zur Arbeit und das macht einen erheblichen Teil dieses CO2-Fußabdrucks aus.

Es fehle an Angeboten des öffentlichen Personen-Nahverkehrs, so Gust. „Die Verbindungen sind schlecht. Es gibt einen Schulverkehr, aber der ist nicht geeignet, dass Mitarbeiter hier zur Arbeit kommen“. Der Unternehmer weiter: „Der kreiseigene Verkehrsbetrieb hat hierzu überhaupt noch keine Idee entwickelt.“ Das Problem der fehlenden Anbindung durch öffentlichen Nahverkehr schildern uns alle Unternehmer, mit denen wir im Langenlipsdorf gesprochen haben. Gerade junge Menschen ohne Führerschein sind schwer für eine Ausbildung zu gewinnen, wenn sie nicht mit Bussen zum Betrieb kommen können.

Engagement für den Ort

Für Klaus-Peter Gust sind gute Beziehungen zur Kommunalpolitik und den Menschen am Ort wichtig. Mit seinem produzierenden Unternehmen liegt er mitten in einer Wohnbebauung – und das wird akzeptiert. SIK-Holz engagiert sich vor Ort für eine Patenklasse in der örtlichen Grundschule, die in Brandenburg bis zur sechsten Klasse reicht. Zwei Mitarbeiter besuchen die Klasse und vermitteln den Schülern Einblicke in die Holzverarbeitung und den Alltag eines Unternehmens.

„Und wir haben die Möglichkeit, unsere Patenklasse nach Langenlipsdorf einzuladen in unsere Werkstätten.“ Wie Gust weiter berichtet, bauen seine Mitarbeiter dort Vogelhäuser, Fußbänke oder Spielzeug aus Holz mit den Kindern.

Ein wichtiger gesellschaftlicher Akteur in Langenlipsdorf ist die Feuerwehr, in deren Förderverein sich Klaus-Peter Gust engagiert. Unternehmensengagement gestaltet sich im Regionalen häufig als Unternehmerengagement. „Ich glaube, die Feuerwehr hat eine sehr wichtige Aufgabe – beim Katastrophenschutz, beim Brandschutz, aber auch bei der Jugendarbeit in ländlichen Räumen.“ Es fehle an sozialarbeiterischen Angeboten in der Region, sein Unternehmen unterstütze die Arbeit der freiwilligen Feuerwehr.

Grundschule mit Patenbrigaden

In der Grundschule „Thomas Münzer“ im Nachbarort Blönsdorf ist die 4a Patenklasse von SIK-Holz. Es sind vor allem spielerische Elemente, mit denen die Mitarbeiter den Kindern das Arbeiten mit Holz näherbringen. Elli, die Klassensprecherin der 4A, berichtet davon: „Unsere Patenbrigade ist SIK-Holz und wir haben mit denen schon Vogelhäuser gebastelt aus Holz, das hat sehr viel Spaß gemacht. Wir haben ihnen etwas vorgeführt.“ Ein Waldtag ist der Schülerin besonders im Gedächtnis geblieben, bei dem die Firmenmitarbeiter sechs Stationen aufgebaut haben, an denen Holzstämme auf dem Kopf balanciert oder Vogelgeräusche erraten werden mussten. Elli: „Das hat auch sehr viel Spaß gemacht.“

Grundschulrektorin Kathrin Obenhaus sagt uns, dass in den oberen Klassen der Grundschule – also in der 4., 5. und 6. Klasse – das Thema Berufsorientierung in den Unterricht einfließt. Die Klassen haben sogenannte „Patenbrigaden“: Das sind ortsansässige Firmen, mit denen eine Kooperationsvereinbarung geschlossen wird. Grundschüler gestalten dann zum Beispiel Firmenjubiläen mit und Firmenmitarbeiter kommen für gemeinsam Projekte zur Berufsbildung in die Schule. Von diesem Geben und Nehmen profitiert besonders die Schule, sagt Kathrin Obenhaus.

Betriebsbesuche und Betriebsführungen seien wichtig, bei denen Schüler Berufe kennenlernen könnten. Wichtig für die Berufsbildung seien zudem Projekte, in denen die Kinder selbst etwas herstellen könnten und etwa in Richtung auf ein Umweltbewusstsein sensibilisiert würden, so Obenhaus. „Das ist auch ein ganz großes Thema.“

Das ganze Interview mit Kathrin Obenhaus:

Lebensqualität auf dem Land

Blönsdorf und Langenlipsdorf sind Teil der Gemeinde Niedergörsdorf. Die ländliche Prägung macht das Leben dort attraktiv, sagt Bürgermeisterin Doreen Boßdorf. “Das macht uns aus, macht auch unsere Qualität für die Menschen aus. Die Leute, die hier leben, wollen in einer Dorfgemeinschaft leben, wollen sich engagieren, wollen ein Vereinsleben vor Ort haben. Sie wollen miteinander in dem Orten leben und wollen keine Anonymität.“ Gemeinschaftsleben werde großgeschrieben, so die Bürgermeisterin.

Unternehmen helfen spontan

Teil dieses Gemeinschaftslebens sind die ortsansässigen Unternehmen. Unternehmen engagieren sich bei Vereinsfesten oder für die Instandsetzung eines Spielplatzes und leisten so einen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität. Boßdorf: „Mich freut sehr, dass wir spontan, wenn wir das ein oder andere Problem haben, auf unsere Unternehmen zugehen und sagen können: Wir haben gerade die technischen Möglichkeiten nicht. Oder: Im Haushalt sind die finanziellen Möglichkeiten nicht da.“ Wenn Unternehmen gebeten würden, mit anzupacken, dann seien sie zur Stelle. Boßdorf bringt ein Beispiel: „Wenn es bei der Agrargenossenschaft darum geht, einfach mal den Bagger anzuschmeißen und uns dabei zu helfen, auf dem Kinderspielplatz den Sand auszugraben. Das hört sich banal an, aber für uns ist es existentiell, dass man solche Unternehmen an der Hand hat und Probleme schnell und unkompliziert lösen kann“.

Das ganze Interview mit Doreen Boßdorf:

Arbeitsangebote vor Ort

Damit der ländliche Raum als attraktiv wahrgenommen wird, braucht es Arbeitsplätze vor Ort. Davon ist der Unternehmer Maik Liesigk, Geschäftsführer der Langenlipsdorfer Flämingbau mit über 40 Mitarbeitern, überzeugt. Sein Unternehmen ist in der Denkmalsanierung, im Betonbau für landwirtschaftliche Betriebe und für Privatkunden tätig. Junge Leute anzuziehen und ihnen Arbeit vor Ort zu geben, dafür braucht es Unternehmen.

Für eine Gemeinde sei es wichtig, dass junge Menschen durch Arbeitsplatzangebote eine berufliche Perspektive am Ort sähen und sich niederlassen könnten, sagt Liesigk.

Auch für Maik Liesigk und sein Unternehmen sind die Unterstützung ortsansässiger Vereine und Bildungspartnerschaften wichtige Themen – mit Blick auf deren Bedeutung für die Menschen am Ort ebenso wie mit der Perspektive der Fachkräftebindung und -gewinnung für das eigene Unternehmen. „Wir als Unternehmen unterstützen zum Beispiel den Verein vor Ort“, sagt Liesigk. Der Verein vor Ort – das ist die Feuerwehr. Liesigk stellt bei Dorffesten Technik und logistische Hilfe zur Verfügung. „Und wir haben eine kleine Partnerschaft zur Kreishandwerkerschaft nach Jüterbog, da werden unsere Lehrlinge ausgebildet, auch mit einer Schule, der Luisen-Schule“, sagt Liesigk weiter.

„Die Feuerwehr ist das Dorfleben“

Ein gesellschaftlicher Hotspot in Langenlipsdorf ist die freiwillige Feuerwehr. „Die Feuerwehr ist das Dorfleben“, sagt Ortsleiter Heiko Obenhaus. Für Fastnachtsprogramme und den Weihnachtsmarkt laufen die Fäden dort zusammen. Unternehmen stärken dieses Engagement.

Wie Obenhaus berichtet, ermöglicht die Arbeit der Feuerwehr Dorffeste, indem dort die Planung geleistet, das Zelt aufgebaut und das Essen beschafft werde. Auch Kinderangebote wie eine Hüpfburg würden bereitgestellt. Solche Veranstaltungen würden durch die Firmen gesponsert.

Ein Mannschaftstransportwagen mit Tragspritzenanhänger bildet die Ausrüstung der freiwilligen Feuerwehr, die damit nicht nur Brände löscht, sondern auch technische und Erste Hilfe leistet. Unternehmen stellen ihre Mitarbeiter dafür frei. Es seien allerdings wenige Einsätze pro Jahr, im Schnitt etwa fünf – und die häufig am Feierabend. Bei der benachbarten Firma SIK-Holz sei ein Schlüssel für das Feuerwehrgebäude hinterlegt, damit deren Mitarbeiter bei einem Alarm sofort Zugang hätten.

Das ganze Interview mit Heiko Obenhaus:

Geflüchtete zu integrieren fällt schwer

Mit etwa 30 Mitarbeitern gehört auch die Zimmerei Herbert Friedrich & Söhne zu den großen Arbeitgebern in Langenlipsdorf. Das Unternehmen ist im Denkmalschutz für Potsdam und Berlin tätig. Dabei spielt Nachhaltigkeit eine große Rolle, weiß Geschäftsführer Torsten Friedrich, der den Betrieb in vierter Generation führt. „Im öffentlichen Bereich wird sehr viel Wert gelegt auf Nachhaltigkeit -gerade auch im Denkmalschutzbereich mit PEFC-Zertifikaten mit nachhaltigem Holzbau“, sagt Friedrich. Unternehmen müssten entsprechende Nachweise vorlegen. „Ich finde das sehr gut, weil dadurch nicht jeder mitmachen kann.“

Friedrich stellt sich mit seinem Unternehmen einer aktuellen Herausforderung: der Integration von Geflüchteten. Das hat neben dem sozialen auch einen unternehmerischen Aspekt, denn Arbeitskräfte und Auszubildende aufs Land zu holen fällt dem Unternehmen schwer. Geflüchtete in den Arbeitsalltag zu integrieren ist nicht einfach, hat Friedrich erlebt.

„Flüchtlinge habe ich eigentlich als große Chance gesehen. Ich dachte: Da kommen junge dynamische Leute, die haben eine schwere Vergangenheit und sehen das hier dann noch positiver und sind motivierter“, berichtet Friedrich. Vor drei, vier Jahren habe er über verschiedene Ämter mehrere Geflüchtete als Arbeitnehmer gewinnen können. Friedrich weiter: „Es hat aber eigentlich nie wirklich funktioniert.“ Das Problem sei dabei nicht die Sprachbarriere gewesen, sondern die persönlichen Belastungen dieser Menschen. „Ich habe zu meinen Mitarbeitern immer gesagt: Wenn der mal schlecht drauf ist: Seine gesamte Familie ist nicht hier. Die Leute sind teilweise erst 15, 16 Jahre alt und sollen jetzt hier mit dem deutschen aufrechten Getue klarkommen.“ Derzeit sei ein sehr intelligenter junger afghanischer Mitarbeiter in seinem Unternehmen tätig, der von den Kollegen gut akzeptiert werde.

regional-engagiert.de

Unternehmer verstehen sich als Teil der Gesellschaft und wollen ihre Kompetenzen und Ressourcen dort einbringen. Das sagt Birgit Riess, die bei der Bertelsmann Stiftung das „Programm Unternehmen in der Gesellschaft“ leitet. Wirtschaftliche Interessen und soziales Engagement bilden dabei keine Gegensätze. „Wir nennen das so schön das ‚wohlverstandene Eigeninteresse‘. Das ‚wohlverstandene Eigeninteresse‘ leitet sich daraus ab, dass Unternehmen natürlich Teil einer Gesellschaft sind. Ein Unternehmen ist darauf angewiesen, dass die Gesellschaft Rahmenbedingungen zur Verfügung stellt, wie beispielsweise ein gutes Bildungssystem, ein gutes Gesundheitssystem“, sagt Riess. „Und selbstverständlich profitiert auch eine beispielsweise Region von einem gut aufgestellten Unternehmen.“

Mit ihrem Netzwerk regional-engagiert.de bringt die Bertelsmann Stiftung engagierte Unternehmen zusammen. Themen, die dort eine Rolle spielen, haben wir in Langenlipsdorf wiedergefunden. Riess: „Top-Themen sind natürlich Bildung und Soziales. Bildung, weil es einen unmittelbaren Problembezug zum Unternehmen hat.“

Kleine Unternehmen und Handwerksbetriebe können dabei besondere Stärken einbringen. Sie sind nah dran, greifen Probleme intuitiv auf und bringen sie zu einer Lösung. Und … „sie sind flexibel – die kleinen und mittelständischen Unternehmen, die Handwerksunternehmen – und vor allen Dingen total pragmatisch.“ Dieser Pragmatismus – die Konzentration auf das, was jetzt konkret gebraucht werde, und das auch zur Verfügung zu stellen – sei die große Stärke dieser Unternehmen.

Das ganze Interview mit Birgit Riess:

„Stadt am Tagebau“

Fachkräfte und Auszubildende zu gewinnen – das sind große Herausforderungen für Unternehmen im ländlichen Brandenburg. Klaus-Peter Gust und sein Unternehmen SIK-Holzstoßen dabei in Langenlipsdorf an Grenzen. Der Arbeitsmarkt ist stabilisiert, Menschen fahren für interessante Tätigkeiten bis nach Berlin Gust und seinem Mit-Geschäftsführer Marc Oelker kam so die Idee, mit einem weiteren Produktionsstandort in den Süden Brandenburg in eine Region zu ziehen, der ein Kulturwandel bevorsteht: die Lausitz.

Seit über 150 Jahren ist die Region durch den Kohleabbau geprägt. Dort liegt die Welzow, die „Stadt am Tagebau“, wie Bürgermeisterin Birgit Zuchold sagt. Eine Kleinstadt mit dörflichem Flair, die nun vor großen strukturellen Umbrüchen steht. „Zum einen muss man ganz klar sagen, dass nach der politischen Wende bei uns Industrie und Gewerbe nahezu abgewickelt worden ist. Das hat uns immer wieder vor große Herausforderungen gestellt“, sagt Zuchold. „Wir hatten bei uns als einzige stabile Basis der wirtschaftlichen Entwicklung den Bergbau als Partner. Der hat uns in den zurückliegenden Jahren auf kommunalpolitischer Ebene immer sehr sehr stark unterstützt, finanziell unterstützt, so dass wir die Stadt auch entsprechend aufwerten konnten.“ Seit einigen Jahren gebe es den erfreulichen Trend, dass weitere Unternehmen in unserer Stadt angesiedelt werden konnten.

Strukturwandel – auch in der Zivilgesellschaft

Der Strukturwandel wird auch für die Zivilgesellschaft in der Region zu einer Herausforderung, für die der Bergbau ein wichtiger Unterstützer ist. Zuchold weiter: „Natürlich ist es so, dass wir immer sehr sehr eng mit dem Bergbau verbunden waren. Und so betrifft es auch viele Vereine, die unterstützt worden sind. Wir brauchen dort neue Förderansätze, wir brauchen dort neue Rahmenbedingungen, damit die Vereine auch zukünftig für Familien und für Kinder und Jugendlichen da sind.“

Das ganze Interview mit Birgit Zuchold:

Wandel ist kein Selbstläufer

Ein erfolgreicher wirtschaftlicher und sozialer Wandel ist kein Selbstläufer. Das betont der Wirtschaftsförderer Rainer Schubert: „Das Problem ist, dass Sie sehr schnell vorhandene Wirtschaftskreisläufe stören oder Aufgebautes zerstören können, Wertschöpfungsketten reißen lassen können. Aber neu aufgebaute Dinge, Strukturentwicklung, das sind sehr langfristige Fragen.“

Bei der Gestaltung dieses Wandels geht es für Schubert auch darum, die Gesellschaft mitzunehmen. „Wirtschaftsentwicklung und gesellschaftliche Entwicklung sind immer sehr langfristige Prozesse, die man sehr genau steuern muss. Wenn ich einen Wandel denke oder in eine Branche oder eine Region eingreife, muss ich von Anfang an die Kompensation dieser Prozesse mitdenken, ansonsten verliere ich gesellschaftliche Legitimität“, sagt der Wirtschaftsförderer.

Das ganze Interview mit Rainer Schubert:

Ein kleines bisschen die Welt retten

Für SIK-Holz Geschäftsführer Marc Oelker sind es betriebswirtschaftliche Gründe, die für einen zweiten Standort sprechen – insbesondere der Bedarf an Mitarbeitenden. Bei der Wahl von Welzow haben allerdings auch Verantwortungs-Überlegungen eine Rolle gespielt.

„Natürlich haben wir so gedacht: Wir gehen dorthin, um vielleicht auch ein kleiner Anker zu sein, etwas Neues aufzubauen“, sagt Oelker. Er verweist auf ein Schild am Eingang des Gewerbegebietes, das die dort ansässigen Firmen vorstellen solle und aussehe wie ein „löchriger Käse“. SIK-Holz sei hierhin gekommen, um der Region einen Schub zu geben. Wie Oelker sagt, sei es für ihn etwas Besonders, „überhaupt das Gefühl zu haben, man könnte – das Gefühl habe ich tatsächlich – nur ein ganz kleines bisschen die Welt retten.“

Zum Hineinwachsen in die Region gehört für Oelker auch das Engagement in der Zivilgesellschaft. Hier sieht er zudem Netzwerke, die für ihn als Unternehmer wichtig sind. SIK-Holz sei darauf angesprochen worden, Fördermitglied in örtlichen Vereinen zu werden, und habe sich diese Anfragen gemerkt. Oelker weiter: „Die freuen sich darauf, dass wir hier etwas machen. Wenn man bei der Freiwilligen Feuerwehr eingeladen wird bei Festlichkeiten, dann sollte man da teilnehmen, um zu zeigen: Hier geht noch was. Und man kommt wieder mit anderen Gewerbetreibenden ins Gespräch, das fand ich auch ganz interessant beim letzten Mal.“

Das ganze Interview mit Marc Oelker:

Holzbildhauerinnen für die weite Welt

Zurück in Langenlipsdorf besuchen wir noch einmal das Werksgelände von SIK-Holz. Das das Unternehmen ausbildet, wissen wir: Hier erlernen Tischler, technische Designer und Bürokaufleute ihren Beruf. Womit wir nicht gerechnet haben, ist die kleine Ausbildungswerkstatt für Holzbildhauerinnen. Derzeit befinden sich acht junge Leute in der dreijährigen Ausbildung.

Klaus-Peter gust sagt: „Das erste ist, dass sie sich mit dem Holz beschäftigen. Dann kommt Relief-Gestaltung dazu, Modulation und zum Schluss ist das menschliche Gesicht sehr wichtig.“ Gust ist selber Holzbildhauermeister und schätzt diesen klassischen Beruf, der die Kunst der alten Meister in die Neuzeit überträgt. Und so hat es nicht zuerst wirtschaftliche Gründe, dass SIK-Holz sich für diesen Ausbildungszweig engagiert.

„Natürlich ist es so, wenn die Auszubildenden aus Korea oder Großbritannien kommen, aus Frankreich oder aus irgendwelchen Teilen Deutschlands, dass man mehr ausbildet als man braucht“, so der Unternehmer. „Aber das ist auch eine Aufgabe von Handwerk, für diese Tradition zu werben und zu sorgen, dass sie weiterlebt.“

Das zweite Interview mit Klaus-Peter Gust zur Bildhauerei:

Freunde am Gestalten zeichnet den Unternehmer Klaus-Peter Gust und viele seiner Kollegen aus. Regionales Unternehmensengagement eröffnet Gestaltungsräume, in denen Unternehmer gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren Lebensqualität steigern. Das haben wir in Langenlipsdorf erlebt.


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