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„Unternehmerische Sorgfaltspflicht keine Rocket Science“

Annie Spratt auf Unsplash

Afrikaverein der Deutschen Wirtschaft gegen Lieferkettengesetz

Berlin (csr-news) – Die Verbesserung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht in der Lieferkette braucht eine gesetzliche Regelung. „Uns zeigen die Erfahrungen der letzten Jahre, dass freiwillige Maßnahmen an ihre Grenzen stoßen“, sagte die Leiterin der Stabstelle für nachhaltige Lieferketten im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Anosha Wahidi, am Dienstag. Gebraucht werde ein „Smart Mix“ aus freiwilligen und verbindlichen Maßnahmen. Wie die Nachhaltigkeitsexpertin weiter sagte, solle ein solches Gesetz – im BMZ „Sorgfaltspflichtgesetz“ genannt – möglichst europaweit gelten. „Wir sehen uns als Vorreiter, damit der Rest nachziehen kann“, so Wahidi auf der Online-Diskussionsveranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung. 470 Zuhörer verfolgten nach Veranstalterangaben die Diskussion.

Gegen ein Lieferkettengesetzt sprach sich auf der Veranstaltung die Referentin des Afrikavereins der Deutschen Wirtschaft, Melanie Eckhard, aus. Ein solches Gesetz besitze nicht das Potential, die Produktionsbedingungen in den Ländern Afrikas zu verbessern. Vielmehr sehe sie die Gefahr, dass sich Unternehmen aus dem Afrika-Engagement zurückzögen und das Feld anderen, weniger nachhaltigen Akteuren überließen, so Eckhard. Gerade kleine und mittlere Unternehmen scheuten die Bürokratie und die Kosten. Eckhard weiter: „Nicht jeder Mittelständler kann sich einen Compliance Manager leisten.“ Zudem wies die Afrika-Expertin auf die Komplexität von Lieferketten hin: „Allein bei einem Herrenhemd gibt es 140 Schritte in der Herstellung.“

„Es ist keine Rocket Science, was Politik hier von Unternehmen erwartet“, widersprach die BMZ-Stabstellenleiterin. Wie Wahidi weiter sagte, sollten sich Unternehmen zu ihrer Sorgfaltspflicht erklären, Risiken analysieren, priorisierte Risiken abschaffen, darüber öffentlich kommunizieren und effektive Beschwerdemechanismen schaffen. Berücksichtigen werde das Gesetz die unterschiedlichen Unternehmensgrößen.

Kritisch äußerte sich Wahidi zu der Kommunikation der Wirtschaftsverbände: Es „polarisiert stark, wenn Verbände immer wieder Mantra-mäßig die Forderung vor sich hertragen: Es darf kein Lieferkettengesetz geben“.

Für ein Lieferkettengesetz sprach sich auf der Veranstaltung ebenso die Politikwissenschaftlerin Eva-Maria Reinwald vom Südwind-Institut aus. „Die Corona-Pandemie führt uns vor Augen, wie sehr Sorgfalt und Transparenz im Interesse aller liegen“, sagte Reinwald. Unternehmen brauchten jetzt Klarheit über die zukünftigen Bedingungen des Wirtschaftens. Ein Lieferkettengesetz solle auf jeden falls für die großen Unternehmen gelten – und für kleine und mittlere Unternehmen in Risikobereichen wie Textil, Chemie und dem Automobil-Sektor. Damit es seine Wirkung entfalten könne, müsse es zudem mit Sanktionen versehen werden. Ein Lieferkettengesetz werde auch von Unternehmen gefordert. Reinwald weiter: „Wir sehen das Lieferkettengesetz als einen Ermöglicher von stärkerem Engagement.“


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