Klimaschutz Nachrichten

Klimaschutz vertagt

Marsch für das Klima, Madrid, 6. Dez. 2019 von Malopez 21, CC BY-SA 4.0, https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.en

Beobachtungen von der Weltklimakonferenz in Madrid

Berlin (UVG) – Es war die bislang längste Klimakonferenz, die die Welt je gesehen hatte. Es war fünf nach zwölf als am Sonntagmittag des 15. Dezember 2019 – 41 Stunden nach ihrem geplanten Schluss – die COP25 in Madrid zu Ende ging. Knapp 200 Delegierte hatten über zwei Wochen miteinander verhandelt und gerungen. Das Ergebnis allerdings konnte sich leider nicht sehen lassen: In Madrid wurde Klimaschutz vertagt. Die COP erzeugt damit einen krassen Gegensatz zum Handlungsdruck, der durch gesellschaftliche Bewegungen wie Fridays for Future erzeugt wird. Und Madrid steht auch im Widerspruch zu dem zunehmenden Druck aus weiten Teilen der Wirtschaft: Denn immer mehr Unternehmen setzen sich ein für ambitionierten Klimaschutz und einen klaren politischen Rahmen, der ihnen die notwendige Planungs- und Investitionssicherheit bietet.

All I want for Christmas is Article 6

Doch worum ging es auf der Weltklimakonferenz in Madrid? Auf der Tagesordnung standen in erster Linie Themen zur Umsetzung des Pariser Klimavertrages, dem sog. Paris Rulebook: Ein zentraler Punkt hierzu war die Ausgestaltung des Artikel 6 des Pariser Klimavertrages. Hierbei geht es um die Schaffung von globalen Kohlenstoffmärkten, auf denen Staaten und Unternehmen, die zu viel CO2 ausstoßen, von anderen Ländern entsprechende Zertifikate kaufen können. Nachdem bereits auf der letzten Klimakonferenz im polnischen Kattowitz die Verhandlungen hierzu nicht abgeschlossen werden konnten, waren nun orangefarbene Sticker am Revers vieler Delegierter zu sehen – mit der Aufschrift „All I want for Christmas is Article 6“. Die Weihnachtswünsche der Delegierten wurden enttäuscht. Es gelang den VerhandlerInnen nicht, ausreichend robuste Regeln zu treffen. Vielmehr bestand die Befürchtung, dass Schlupflöcher, wie eine Mehrfachanrechnung von Klimaschutzprojekten oder die Übertragung von Massen von Uralt-Zertifikaten aus früheren Handelssystemen geschaffen werden könnten. Daher hieß die Marschlinie am Ende: „Lieber hier keine Regeln zu Artikel 6 beschließen, als schlechte“. Für die Wirtschaft wird am Ende wichtig sein, dass Zertifikate von Klimaschutzprojekten verlässlich sind. Alles andere wäre nicht nur ein Risiko für den Klimaschutz, sondern auch für die Reputation von Unternehmen.

Weitere wichtige Themen der COP25 waren die Klimafinanzierung und der Bereich der klimabedingten Schäden und Verluste – loss and damage. Vor dem Hintergrund, dass die ärmsten Länder der Welt am stärksten vom Klimawandel betroffen sind, gab es hier große Erwartungen an die Industrieländer. Zwar wurden die finanziellen Zusagen erhöht – auch von Deutschland – die Finanzhilfen blieben aber weiter hinter den Wünschen zurück.

Ambition steigern vor der COP26 in Glasgow

Ein bedeutendes Thema stand nicht offiziell auf der Tagesordnung, spielte aber eine zentrale Rolle in Madrid: die Ambitionssteigerung. Denn 2020 sollen laut Pariser Klimaabkommen die Klimapläne der Staaten verschärft werden. Um dies auf dem nächsten Klimagipfel in Glasgow zu schaffen, sollte bereits in Madrid eine Grundlage gelegt werden. Allerdings gelang es den Staaten nicht, inhaltlich über den Wortlaut des Pariser Klimavertrages hinauszukommen. Zu viele Staaten haben blockiert, zu wenige Akteure haben nur verhaltene Signale der Ambitionssteigerung gegeben. Der während der Klimakonferenz verkündete Plan der EU eines Green Deal konnte zwar einen wichtigen Impuls setzen, wie auch das (mit der Ausnahme Polens) verkündete EU-Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Am Schluss aber wurde das Thema Ambitionssteigerung ebenfalls auf 2020 vertagt und wird damit zur Mammutaufgabe der Staatengemeinschaft – nicht zuletzt für die im Sommer beginnende deutsche EU-Ratspräsidentschaft. Auch hier wird es auf die Planungssicherheit für Unternehmen ankommen: Die Wirtschaft kann mit ehrgeizigen Klimazielen umgehen, braucht aber langfristige Investitionssicherheit und die politischen Instrumente, um sie bei beim Wandel hin zur Treibhausgasneutralität zu unterstützen.

War die COP daher nun überflüssig? Das wohl nicht. Denn durch die regelmäßig stattfindenden Klimakonferenzen wird nicht nur politischer Druck aufgebaut – wenn auch dieses Mal eher erfolglos. Vielmehr aber bieten die Klimakonferenzen ganz unterschiedlichen Akteuren eine Plattform für den Austausch und die Zusammenarbeit für den Klimaschutz. Auch die Stiftung 2° hat die Klimakonferenz dafür genutzt, zahlreiche Gespräche und Diskussionen mit Delegierten, Beobachtern, Abgeordneten und Kooperationspartnern zu führen; z.B. beim side event „Ambitious climate protection – the business model of the century?“ bei dem UnternehmensvertreterInnen aus Deutschland und Europa mit VertreterInnen der Politik (u.a. Bundesumweltministerin Schulze) zusammengeführt wurden. Diskutiert wurde – auch vor dem Hintergrund des Klimapakets der Bundesregierung –, welcher politische Rahmen notwendig ist, um Unternehmen in die Lage zu versetzen, ambitionierten Klimaschutz und wirtschaftlichen Erfolg zu verbinden. Die Weltklimakonferenz bietet für einen solchen Austausch einen einzigartigen Ort.

Klimaschutz zum Geschäftsmodell machen

Im nächsten Jahr wird es auf dem Weg nach Glasgow aber darauf ankommen, dass die Weltklimakonferenz ihren eigentlichen Zweck erfüllt: Ein solides Verhandlungsergebnis für ambitionierten Klimaschutz zu schaffen. Damit Unternehmen ihrer zentralen Rolle beim Klimaschutz nachkommen – und mit ihren klimafreundlichen Innovationen und Produkten Klimaschutz zum Geschäftsmodell des Jahrhunderts machen können.

Martin Kaul ist Büroleiter und Senior Referent bei der Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz und hat die Stiftung auf der Weltklimakonferenz vertreten. Mehr Informationen zur Stiftung 2° finden Sie hier. Informationen zu dem side event auf der COP25 finden Sie auf der Website des BMU sowie auf dem Twitter-Account der Stiftung 2°.

Der Text ist zuerst hier erschienen.


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