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Ohne Preis wird`s heiß

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Damit Deutschland doch noch seine Klimaziele erreicht, ist entschlossenes Handeln nötig. Einen wesentlichen Beitrag könnte eine Reform der Energiebesteuerung leisten.

Berlin (csr-news) > Vor allem in den Bereichen Wärme und Verkehr, die im Gegensatz zur Industrie nicht vom Emissionshandel erfasst werden, müssen die Energiesteuern deutlich und dauerhaft steigen, und sie müssen stärker an dem jeweiligen CO2-Gehalt der verschiedenen Energieträger ausgerichtet sein, hat das DIW Berlin vor einigen Tagen vorgeschlagen. Dieser Logik folgend sollte Strom aus erneuerbaren Energien weniger stark belastet werden. Eine solche Reform würde auch die Möglichkeit bieten, unerwünschte Verteilungswirkungen zu beseitigen. Die durch die Ökosteuer stärker belasteten unteren Einkommensgruppen, könnten durch einen „Ökobonus“ entlastet werden. Aber auch Unternehmen würden dadurch angehalte, verantwortungsvoller – sprich effizienter – mit Energie umzugehen und entsprechende Technologien und Produktionsprozesse entwickeln.

Unternehmen entwickeln eigene Ansätze

Tatsächlich wird die unternehmensinterne CO2-Bepreisung längst gedacht und gemacht. Erst vor wenigen Wochen hat Volkswagen eine interne CO2-Steuer angekündigt. So soll die interne Steuer von diejenigen Unternehmensteilen bezahlt werden, die den Ausstoß verursacht haben. Beispielsweise würde dann eine Tonne CO2, die durch Flugreisen verursacht wird, zu einer Belastung von 100 Euro führen. (Bericht auf csr-news-net).

Weiterführende Information: Interner CO2-Preis in Unternehmen

Das Ob und Wie einer Bepreisung von Kohlenstoffdioxid (CO2) haben die Mitglieder des Umweltausschusses des Bundestags am Mittwoch mit Sachverständigen im Rahmen eines öffentlichen Fachgespräches kontrovers diskutiert. Eine der wesentlichen Fragen, die dabei im Mittelpunkt stand, war, ob die Ausweitung des europäischen Emissionshandels (ETS) auf Nicht-ETS-Sektoren wie die Sektoren Verkehr oder Gebäude/Wärme sinnvoll sein könnte.

BDI befürchtet enorme Risiken 

Gegen eine Erweiterung des ETS auf diese Sektoren sprach sich Holger Lösch vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) aus. Eine solche Ausweitung würde mit enormen Risiken einhergehen. So sei unklar, welche Effekte ein solches Vorhaben auf das System habe, da die CO2-Vermeidungskosten zwischen den Sektoren sehr unterschiedlich seien.

In der Folge könne es zu unabsehbaren Preisänderungen kommen, warnte der Industrie-Vertreter. Grundsätzlich lobt Lösch den ETS. Das System erfülle seine Pflicht, die Reduktionsvorgaben würden erfüllt. Entsprechend sei die Debatte um einen Mindestpreis innerhalb des ETS eine “Geisterdebatte”.

Wissenschaftler spricht sich gegen CO2-Steuer aus

Ganz anders beurteilte der Wirtschaftswissenschaftler Joachim Weimann von der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg die Frage der ETS-Ausweitung. Die Begrenzung der Emissionen müsse möglichst kosteneffizient organisiert werden. Das leiste der Emissionshandel und eine Erweiterung auf die anderen Sektoren sei daher sinnvoll. Die unterschiedlichen Vermeidungskosten in den Sektoren würde der ETS ausnutzen. So würden Emissionen dann dort reduziert, wo es am günstigsten sei. Das würde den Verkehrssektor entlasten, in dem die Vermeidungskosten hoch seien, argumentierte Weimann.

Der Sachverständige sprach sich zudem gegen eine CO2-Steuer aus, da diese im Gegensatz zum Emissionshandel nicht an der Emissionsmenge ansetze. Zudem ließe sich die Ausweitung der ETS schneller umsetzen, da das Instrumentarium bereits vorhanden sei. Dies sei bei einer CO2-Steuer, die aus seiner Sicht nur europäisch sinnvoll wäre, nicht der Fall.

Volkswirtin für Senkung des Strompreises

Barbara Praetorius, Volkswirtin und Politikwissenschaftlerin von der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, wiederum sah in der Ausweitung des ETS keine praktische Option, da die Umsetzung zu lange dauern würde: “Das wäre eine Verschiebung bis in alle Ewigkeit.” Es müsse auf vorhandene Ansätze aufgesetzt werden. Praetorius schlug vor, im Strombereich, in dem erneuerbare Energien einen großen Anteil hätten, den Preis deutlich zu senken. Dazu könnten unter anderem die bisher in den Strompreisen inkludierten Kosten für die Strompreis-Ausnahmen der Industrie oder für den ursprünglichen Aus- und Aufbau der erneuerbaren Energien rausgenommen werden.

Eine entsprechende Senkung der Strompreise würde auch bei den Verbrauchern ankommen. Strom müsse zudem in den Sektoren Verkehr und Wärme eine größere Rolle spielen. Dazu müssten durch eine entsprechende CO2-Bepreisung die Kosten für fossile Energieträger wie Benzin und Heizöl steigen. Denn deren Preise seien in den vergangenen Jahren – anders als der Strompreis – stabil geblieben. Mittelfristig brauche es zudem einen Mindestpreis im ETS, forderte Praetorius.

Experten weisen auf soziale Dimension hin

Ebenfalls für eine CO2-Bepreisung sprach sich Ulf Sieberg vom CO2 Abgabe e.V. aus. Dabei sei es wichtig, soziale und wirtschaftliche Härten gezielt zu verhindern. Eine CO2-Bepreisung sei aber keine “eierlegende Wollmilchsau”. Ähnlich argumentierte Oldag Caspar von Germanwatch e.V.. Die CO2-Bepreisung müsse eine Maßnahme innerhalb eines Instrumente-Mix sein, um die Treibhausgas-Minderungsziele zu erreichen. Caspar führte aus, dass es dafür in vielen Ländern, in der Wirtschaft und der Wissenschaft Unterstützung gebe.

Der Sachverständige Sebastian Lüning sagte, das naturwissenschaftliche Fundament der Klimapolitik sei “nicht so solide, wie viele glauben”. Es gebe noch viele Unsicherheiten, etwa bei der erwarteten Erwärmung sowie dem menschengemachten Anteil daran. Grundsätzlich brauche es Augenmaß in der Klimapolitik. Maßnahmen müssten sozial und wirtschaftlich nachhaltig gestaltet werden, sagte Lüning.

Vollständige Dekarbonisierung voranbringen

„Die CO2-Bepreisung ist ein effektives Instrument zur Reduktion von CO2-Emissionen“, sagte Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), anlässlich der Anhörung. Die CO2-Bepreisung richte die Besteuerung auf Klimaschutz und entsprechende technische Lösungen aus. „Die CO2-Bepreisung sollte ein Bestandteil des Maßnahmenpakets des Klimaschutzgesetzes werden und darf nicht als Alternative dazu betrachtet werden“. Die Klimaschutzstrategie müsse verschiedene Instrumente beinhalten, die effektiv über alle Sektoren hinweg die vollständige Dekarbonisierung voranbringen. „Die am Klimaschutz orientierte CO2-Bepreisung ist der richtige Hebel, da sie die tatsächlichen Kosten der konventionellen Stromerzeugung transparent macht, die bislang stillschweigend vergesellschaftet werden.“ Die BEE-Präsidentin betont zudem die Notwendigkeit, die CO2-Bepreisung sozial verträglich auszugestalten und dafür Rückerstattungsmodelle zu konzipieren.


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