Berlin (csr-news) – Ein Plädoyer für neue philosophische Perspektiven auf die Roboterethik hielt der Wirtschaftsethiker Prof. Thomas Beschorner (St.Gallen) am 17 November in Berlin. Mit ihrer anthropozentrischen Ausrichtung böte die klassische Philosophie nur einen begrenzten Denkraum. Dagegen müsse auch die Subjekthaftigkeit von Robotern in den Blick genommen werden.
„Roboter werden in relativ kurzer Zeit Bestandteil unserer Lebensführung sein“, sagte Beschorner auf der Festveranstaltung zum 15-jährigen Bestehen der studentischen Vereinigung sneep (>> der Bericht). Der Wirtschaftsethiker forderte eine ausgewogene Diskussion über die Chancen und Risiken digitaler Technologien. Beschorner dazu: „Die Roboter nehmen uns die Arbeit weg – da könnte man auch ‚Hurra‘ schreien“, sofern dieser Prozess durch ein bedingungsloses Grundeinkommen ergänzt werde.
Aufgabe der Wissenschaft sei es laut Beschorner, durch kontra-intuitive Ansätze zu irritieren. So forderte er, dass eine Roboterethik auch Fragen der Verantwortung des Menschen gegenüber Robotern berücksichtigen müsse.
Sexroboter als Subjekte
Am Beispiel von Sexrobotern erläuterte der Wirtschaftsethiker, wie diesen humanoiden digitalen Maschinen Subjektivität zugeschrieben werden könne. „Natürlich sind Sexroboter dafür gemacht, mit ihnen Sex zu haben, aber sie sind doch mehr als Sexspielzeuge“, sagte Beschorner – und verwies auf die körperliche Habitualisierung durch Interaktionen, eine hochgradig individualisierte Nutzung, die Selbstähnlichkeit der Sexpuppen mit dem Menschen und die Gewährung eines Zugangs für diese Roboter zu dem intimsten Bereich des Menschen. Ein interpretativer konstruktivistischer Zugang zur Unterscheidung von Objekt und Subjekt zeige: „Diese Unterscheidung ist nicht schwarz-weiß, sondern es gibt Graustufen.“
Beschorner sagte weiter: „Es geht um zweierlei: Es geht um die Frage der originären Rechte von Robotern“ sowie darum „zu überlegen, welche Konsequenzen das für uns Menschen hat.“ Zugleich provoziere das Nachdenken über Roboter auch andere ethische Diskussionen: „Wir stellen uns jetzt endlich wieder die Frage, wer wir als Menschen sind und wie wir leben wollen.“
Nachhaltige Potentiale
Potentiale der Digitalisierung für eine nachhaltige Zukunftsgestaltung benannte der Wirtschaftsethiker Prof. Nick Lin-Hi (Vechta) auf derselben Veranstaltung. „Wir haben es mit einer Technologie zu tun, die sich in den Dienst der Nachhaltigkeit nehmen lässt“, sagte Lin-Hi. Digitale Technologien böten die Möglichkeit, Vertrauen aufzubauen und die „Mündigkeit von Verbrauchern technologisch zu substituieren.“ Lin-Hi verwies dazu auf die Textilindustrie: Schon heute sei eine vollständige Transparenz der textilen Lieferketten technologisch herstellbar. Hier könne eine Interaktion zwischen Konsumenten und Produzenten aufgebaut und Kleidung dadurch zu einem weniger anonymen Produkt werden.
Fotos: Achim Halfmann/CSR NEWS