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Keine „Verzweckung“ bei Unternehmensengagement für Bildung

Manfred Jahreis / pixelio.de

Köln/Bonn/Fulda (csr-news) – Folgen das Engagement von gemeinnützigen und gewinnorientierten Akteuren in Bildungsprojekten gleichen Grundsätzen? Oder wird Bildung „verzweckt“ – an anderen Interessen als denen junger Menschen – orientiert, wenn Unternehmen tätig werden?

Unternehmen wollen in Corporate Citizenship-Projekten nicht auf die Rolle von bloßen Geldgebern reduziert werden, so ein Ergebnis einer Studie von Prof. Bettina Stoll von der Hochschule Fulda. Neben finanzieller Unterstützung und Mitarbeitendenengagement bringen sie Know How, sachliche Ressourcen wie Räume oder Technik, Wissen und ihre Netzwerke in solche Kooperationen ein.

In solchen Bildungsprojekten sind Unternehmensmitarbeiter interessiert am Kontakt zu jungen Menschen, wollen sie und ihre Situation kennenlernen. Weiter sagt Dieter Schöffmann, Experte für Corporate Citizenship: „In solchen Begegnungen mit Kindern und Jugendlichen aus prekären Situationen muss jemand von der Einrichtung dabei sein.

Und Ralf Dürrwang, Leiter der Abteilung Corporate Citizenship bei der Deutschen Post DHL Group, sagt: „Unser Beitrag besteht darin, die NGOs bei der Erfüllung ihrer Mission, ihres Versprechens, das sie ihren Schützlingen gegeben haben, zu unterstützen, und zwar spezifisch mit den Kompetenzen und dem Engagement unserer Mitarbeiter.“

Die Themen im Einzelnen:

Das gemeinsame Engagement von Unternehmen und gemeinnützigen Trägern verwirklicht in der Regel sozialarbeiterische Prinzipien wie „Solidarität“ oder „Hilfe zur Selbsthilfe“. Das gilt auch für Bildungsprojekte, in denen sich Unternehmen häufig mit eigenem Personal engagieren. Zu diesem Ergebnis kommt eine im vergangenen Jahr von Prof. Bettina Stoll an der Hochschule Fulda durchgeführten qualitative Studie, bei der Anfang 2017 bundesweit Verantwortliche aus 14 Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen befragt.

Unternehmen erkennen NPO-Führung an

„Der Bildungsbereich spielt bei Corporate Citizenship-Projekten von Unternehmen eine besondere Rolle, denn darin geht es um die Sicherung des Fachkräftebedarfs von morgen“, so Stoll. Unternehmen und NGOs bzw. NPOs kooperieren, um Schüler bei ihren Bewerbungen zu unterstützen, um ihre naturwissenschaftlichen Fähigkeiten zu fördern oder um arbeitslose jungen Menschen in Beschäftigung zu bringen. Dabei zielt die soziale Arbeit auf erweiterte Teilhabechancen junger Menschen, während Unternehmen potentielle Arbeitnehmer befähigen wollen, in der Arbeitswelt zu bestehen. „Dass Bildungsprozesse nicht verzweckt werden, liegt in der Verantwortung der Gemeinnützigen und ihrer sozialpädagogischen Fachkräfte“, sagt Stoll. „Denn Unternehmen erkennen in der Regel an, dass dort die größere soziale bzw. gesellschaftliche Kompetenz liegt, und überlassen ihren NPO-Partnern die Führung.“

Spürbare Solidarität

Beim Einsatz von Unternehmensmitarbeitern in Bildungsprojekten sei häufig Solidarität zu spüren. Stoll weiter: „Die Beschäftigten aus Unternehmen wissen, wie wichtig Arbeitsmarktqualifikationen für die Zukunft junger Menschen sind. Und sie erleben: Viele Jugendliche erhalten nicht die Förderung, die ich selbst erfahren habe.“ Zukünftige Forschungsprojekte sollten in den Blick nehmen, unter welchen Bedingungen das unmittelbare Engagement von Unternehmensmitarbeitern in sozialen und Bildungsprojekten erfolgreich sein kann, so Stoll. Sind diese den sozialen und pädagogischen Herausforderungen gewachsen? Ist ein gemeinsames Engagement von Beschäftigten aus NPOs und aus Unternehmen wirkungsvoller?

Unternehmen wollen in Corporate Citizenship-Projekten jedenfalls nicht auf die Rolle von bloßen Geldgebern reduziert werden, so ein weiteres Studienergebnis. Neben finanzieller Unterstützung und Mitarbeitendenengagement bringen sie Know How, sachliche Ressourcen wie Räume oder Technik, Wissen und ihre Netzwerke in solche Kooperationen ein.

Im Rahmen der qualitativen Studie an der Hochschule Fulda wurden Anfang 2017 bundesweit Verantwortliche aus 14 Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen befragt.

Engagementformen unterscheiden

Beim der Diskussion über das Unternehmensengagement in der Bildung sind zwei Engagementformen voneinander zu unterscheiden, so der Corporate Citizenship-Experte Dieter Schöffmann von VIS a VIS:

  • Engagementprojekte, bei denen der Nutzen für das Gemeinwohl im Vordergrund steht – das klassische Corporate Citizenship, und
  • Lernen durch Engagement, wo Sozialprojekte als Medium zur Team- oder Persönlichkeitsentwicklung dienen – also Personalentwicklungsprojekte.

Das Ergebnis von Personalentwicklungsprojekten dürfe nicht heißen: „Die Führungskräfte haben gelernt und den gemeinnützigen Partnern ein Desaster hinterlassen“, so Schöffmann. Um das zu verhindern sei die Entwicklung einer für beide Seiten gewinnbringenden Idee wichtig. Schöffmann weiter: „Wenn sich Unternehmensmitarbeiter an Schulen oder Integrationsprojekten beteiligen, ist für die Einhaltung der Standards die Einrichtung zuständig.“

Das Beispiel Deutsche Post DHL Group

Zu den Konzernen, die sich das Engagement für Bildung auf die Fahnen geschrieben haben, gehört die Deutsche Post DHL Group. CSR NEWS fragte Ralf Dürrwang, den Leiter der Abteilung Corporate Citizenship des Konzerns, nach den Rahmenbedingungen dieses Engagements.

CSR NEWS: Solidarität, gesellschaftliche Teilhabe, Hilfe zur Selbsthilfe sind Prinzipien sozialpädagogischer Bildungsarbeit. An welchen Prinzipien richtet Ihr Unternehmen sein Bildungsengagement aus?

Ralf Dürrwang: Diese Prinzipien sind – unter anderen – auch Grundlage für unsere Aktivitäten. In unseren Programmen geht es darum, sozial benachteiligte Jugendliche beim Übergang von Schule in den Beruf zu unterstützen, um damit gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Hier handeln die Mitarbeiter auch solidarisch, manchmal kommen diese sogar selbst aus dem sozialen Kontext ihrer Mentees, wodurch sie noch mehr als Vorbilder gesehen werden. Aktivitäten sind immer so ausgerichtet, dass sie die Jugendlichen in ihrer Eigenverantwortung stärken.

Darüber hinaus folgen wir den Prinzipien der lokalen Verantwortung und Partizipation. Das heißt, dass die konkreten Aktivitäten vor Ort zwischen den NGOs und den Verantwortlichen in unserem Unternehmen vereinbart werden und die Jugendlichen mit ihren konkreten Bedarfen Gehör finden.

Wie lässt sich eine „Verzweckung“ von Bildung – die vornehmliche oder ausschließliche Ausrichtung auf den „fit for job“, den Arbeitsmarktbedarf – verhindern?

Unser Beitrag besteht darin, die NGOs bei der Erfüllung ihrer Mission, ihres Versprechens, das sie ihren Schützlingen gegeben haben, zu unterstützen, und zwar spezifisch mit den Kompetenzen und dem Engagement unserer Mitarbeiter. Die konkreten Aktivitäten und deren Bedarf richten sich an einer umfassenden Wirkungslogik aus, die von den Experten in der NGO entwickelt wurde.

(Wie) Gelingt das unmittelbare Engagement von Unternehmensmitarbeitern in der Bildungsarbeit? Gemeinsam mit Sozialpädagogen? Wer coacht die Coaches?

Das Engagement gelingt durch die enge Verzahnung und Ergänzung der verschiedenen Aktivitäten und Experten in ihrem Feld. Jeder seien es die Mitarbeiter in den NGOs oder unsere Mitarbeiter stellen das zur Verfügung, was sie am besten können. Unsere Mitarbeiter übernehmen dabei sicher nicht die Rolle der Sozialpädagogen, ergänzen aber durch ihre Mitwirkung und ihr Know How das, was notwendig ist, um das Ziel zu erreichen. Es geht immer um maßgeschneiderte Angebote von Begegnungen mit der Arbeitswelt über Mentoringprogramme hin zu Praktika. Wo nötig werden unseren Mitarbeiter durch unsere Partner vorbereitet.


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