Verfasserin: Dr. Anabel Ternès, Gründerin & CEO u. a. von Get Your Wings gGmbH, Professorin und Leiterin des Instituts für Nachhaltiges Management
Der Begriff Kompetenz umfasst nicht nur ein bestimmtes Wissen, bereits verfügbare oder erlernbare kognitive Fähigkeiten sowie Fertigkeiten zur verantwortungsvollen und erfolgreichen Problemlösung in variablen Situationen. Es geht vor allem um die motivationale, soziale und volitionale Bereitschaft, sich mit Problemstellungen auseinanderzusetzen.
Digitale Kompetenz
- die Fertigkeit, mit digitalen Technologien umzugehen,
- die Flexibilität und Adaptionsfähigkeit, immer auf dem neuesten Stand zu bleiben und
- die technischen Möglichkeiten im Businessumfeld zu integrieren.
Übertragen auf den Bereich Digitalisierung bedeutet Kompetenz demnach einmal, technische Fertigkeiten zu erlernen und diese zu verknüpfen, und dann die Fähigkeit, die mit der Digitalisierung verbundenen gesellschaftlichen Veränderungen zu erfassen und gezielt zu nutzen – und das sowohl für die einzelne Person als auch im Rahmen eines Unternehmens, der Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt. Die grundlegende Fähigkeit in diesem Zusammenhang besteht darin, sich permanent das sich weiterentwickelnde Wissen anzueignen, in einen Zusammenhang zu setzen, sich damit auseinanderzusetzen, es zu verstehen und reflektiert anzuwenden. Digitale Kompetenz braucht jedoch mehr – sie muss Grundlagen angereichert werden, die den Bereichen Werte, CSR bzw. Wirtschaftsethik zugeordnet werden.
Insbesondere vor dem Hintergrund des sich drastisch verändernden Arbeitsmarktes spielt die digitale Kompetenz in ihrer Gesamtheit eine immer größere Rolle. Neben der allgemeinen Fach- und der Sozialkompetenz zählt sie zu bereits zu den Schlüsselkompetenzen: Einerseits erfordern die moderne Technik und innovative digitale Werkzeuge ein spezialisiertes Wissen, beispielsweise zum Verwendungs- und Einsatzzweck und zu deren Potenzial. Darauf baut andererseits die Fähigkeit zur Entscheidung darüber auf, wann und wie die Technik und Werkzeuge eingesetzt werden und welche Herausforderungen dabei zu meistern sind.
Strukturiertes Arbeiten und Fähigkeiten im Organisations-, Projekt- und Prozessmanagement sind in Zukunft ebenso unverzichtbar wie die Fähigkeiten zur Interaktion und zum Konfliktmanagement: Aus vielfältigem Wissen ist eine sinnvolle Auswahl zu treffen und dessen Bedeutung zu erfassen, um auf dieser Grundlage abstrakte Konzepte und letztendlich Modelle entwickeln zu können. Diese können jedoch nur alle relevanten Aspekte erfassen, wenn Menschen in der Lage sind, sich mit anderen auszutauschen und dabei Stimmungen und Bedürfnisse zu erfassen sowie selbst flexibel und kritisch zu denken.
Privat und Beruf – allgemeingültige digitale Kompetenzen notwendig
Eine weitere Grundvoraussetzung digitaler Kompetenz ist das Vermögen, sich konstruktiv in unterschiedlichen sozialen und kulturellen Situationen zu bewegen, sowie die Sichtweisen und Denkansätze anderer zu akzeptieren. Dazu ist ein festgefügtes Wertesystem notwendig, das nicht nur die eigene Person betrifft, sondern auch das Unternehmen, bis hin zur Wirtschaft und Gesellschaft insgesamt, für die im Zuge der Digitalisierung neue Visionen und Regeln entwickelt werden müssen. Es umfasst Achtsamkeit ebenso wie die Übernahme von Verantwortung. Eine feste Verankerung in universellen humanistischen Werten liefert dafür eine belastbare Grundlage, die auch die Wirtschaftsethik prägt.
Ein Fundament an Werten ist umso wichtiger, wenn man eine zunehmend schnelle Informationsverarbeitung feststellen kann, wenn disruptive Veränderungen gewohnte Rahmen und Bedingungen auflösen und wenn Unternehmen mit einem Corporate Branding ihre Identität stärken wollen. Corporate Social Responsibility hat auch hier seine Bedeutung, als gesellschaftliche Verantwortung eines Unternehmens und das verantwortliche unternehmerische Handeln für eine nachhaltige Entwicklung in der eigentlichen Geschäftstätigkeit, über ökologisch relevante Aspekte, Beziehungen mit Mitarbeitern und den Austausch mit den relevanten Stakeholdern. Wird digitale Kompetenz so eingebettet verstanden, mit einem Bewusstsein für Nachhaltigkeit, dann kann dies eine Unternehmenskultur prägen und vermitteln, dass es trotz der Technisierung doch um den Menschen geht.
Letztendlich muss jeder Einzelne dafür Sorge tragen, einen verantwortungsvollen Umgang mit der Digitalisierung zu entwickeln: Wird der Umgang mit digitalen Instrumenten schnell zur Selbstverständlichkeit, sollte damit auch die Verantwortung für den Umgang allem Digitalen, mit eigenen und Firmen-Informationen und für die Verwendung der eigenen und Mitarbeiter-Zeit und -Ressourcen einhergehen. Zur digitalen Kompetenz zählt demnach sehr viel mehr als das reine Fachwissen um die Beschaffenheit und das Potenzial der digitalen Werkzeuge, sowie deren Anwendung. Verantwortungsbewusstsein spielt hier eine große Rolle – für sich selbst, für das Unternehmen, für Wirtschaft und Gesellschaft in der Auswahl, Konzeption, Anwendung und Weiterentwicklung digitaler Instrumente.
Weiterführende Links und Literaturangaben:
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Englert, M., Ternès, A. (2017): Digitalisierung? Ja, aber bitte mit Nachhaltigkeit. In: Personalwirtschaft 8.5.2017. In: https://www.personalwirtschaft.de/fuehrung/artikel/digitalisierung_ja_aber_bitte_mit_nachhaltigkeit.html, zuletzt aufgerufen am 9.5.2017
Hartmann, W., Hundertpfund, A. (2015): Digitale Kompetenz: Was die Schule dazu beitragen kann. Bern: Hep
Ikrath, Ph. (2016): Digitale Kompetenzen für eine Digitalisierte Lebenswelt – Eine Jugendstudie der aK Wien, durchgeführt vom Institut für Jugendkulturforschung. In: https://media.arbeiterkammer.at/wien/PDF/studien/bildung/Digitale_Kompetenzen_Kurzbericht.pdf
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Kompetenzen im digitalisierten Unternehmen. Ergebnisse aus Expertenkreisen im Rahmen eines BMWi-geförderten Forschungsprojekts (2016). Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Personalführung. Publikationsreihe DGFP-PraxisPapiere. In: https://static.dgfp.de/assets/publikationen/2016/PraxispapierKompentenzen-im-digitalisierten-Unternehmen.pdf
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