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Hauptversammlungsthema Vorstandsvergütung

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Nachdem die Politik in den vergangenen Monaten ihre Ideen von einer Begrenzung der Vorstandsvergütung präsentiert hat, wird nun auf den Hauptversammlungen debattiert.

Berlin (csr-news) > Wie hoch darf die Vergütung für Vorstandsmitglieder großer börsennotierter Unternehmen sein? Nach den Vorstellungen der SPD nicht mehr als 500.000 Euro pro Jahr. Zumindest nur bis zu diesem Betrag wäre die Vergütung steuermindernd, lautet einer der zahlreichen Vorschläge um ausufernden Bezahlungen von Top-Manager entgegenzuwirken.

Tatsächlich sind die DAX-Vorstandsvergütungen für das Geschäftsjahr 2016 erneut gestiegen, wie das Beratungsunternehmen Willis-Towers-Watson im März bekanntgab. Allerdings hätte sich die Vergütung weniger stark entwickelt als die Erträge der Unternehmen. Spitzenreiter in diesem Jahr ist SAP-CEO Bill McDermott mit einer ausbezahlten Vergütung von 13, 4 Millionen Euro. Im Durchschnitt hätten die Vorstände 5,5 Millionen Euro verdient, rund 300.000 Euro mehr als im Vorjahr. Gleichwohl sei das Thema komplexer, als es in der öffentlichen Debatte häufig den Anschein hat, so die Berater in der Studie. Durch die vom Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) vorgegebenen Vergütungstabellen sind verschiedene Blickwinkel auf die Vergütung möglich. Die „gewährte Direktvergütung“, beschreibt die Zielvergütung für das Geschäftsjahr, das heißt die Vergütung, die zur Auszahlung kommt, wenn alle Ziele zu 100 Prozent erreicht sind. Die „ausbezahlte Direktvergütung“ stellt dar, was tatsächlich zur Auszahlung gekommen ist. Das heißt langfristige Vergütungselemente werden mit dem Wert angegeben, der dem Vorstandsmitglied zugeflossen ist, auch wenn diese in Vorjahren gewährt wurden. Nach Ansicht von Willis Towers Watson ist eine dritte Perspektive relevant, die „erwartete Direktvergütung“, bestehend aus Grundvergütung im Geschäftsjahr, dem für das Geschäftsjahr ausbezahlten Bonus und der im Geschäftsjahr gewährten langfristigen Vergütung, weil diese die Vergütungen der Vorstandsmitglieder am besten vergleichbar macht.

Bedeutung von Aktionärsberatern steigt

„Da die Vergütung von Spitzenmanagern in diesem Jahr ein Wahlkampfthema ist, sind Vergleiche und Einordnungen besonders stark gefragt“, so Helmuth Uder, Managing Director bei Willis-Towers-Watson. „Die öffentliche Meinung schießt zwar schnell, aber auch am Ziel vorbei. Vieles sieht einfacher aus als es tatsächlich ist.“ Im europäischen Vergleich lägen die deutschen Vorstände etwas niedriger – der Durchschnitt in der EU (DJ STOXX Europe 50) liegt bei rund 7 Millionen Euro.

Zukünftig werden beim Thema Vorstandsvergütung die Aktionäre einen größeren Einfluss haben als bisher, dies sieht die Reform der europäischen Aktionärsrichtlinie vor. Dadurch würde auch die Bedeutung von Aktionärsberatern, sogenannten Proxy Advisors, weiter wachsen. Diese sprechen sich für eine Vergütungsstruktur mit einem mehrheitlich variablen Anteil aus, der mit einer nachhaltigen Unternehmensperformance verknüpft ist.

„Die Ergebnisse der Studie zeigen eindeutig, warum in der anstehenden Hauptversammlungssaison die Vergütung an erster Stelle bei den Themen steht, die Investment Professionals bei Unternehmen ansprechen werden.“
Stefan Bielmeier, Vorstandsvorsitzender der DVFA

 

Die Ergebnisse einer von der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) in Auftrag gegebenen Studie zur Vergütung der CEOs des DAX 30 deuten auch auf eine spannende Hauptversammlungssaison hin. An der Studie, die von Professor Markus Arnold, Universität Bern, und Professor Martin Artz, Frankfurt School of Finance & Management durchgeführt wurde, beteiligten sich 128 Mitglieder der DVFA. Und die fordern überwiegend einen deutlich höheren Anteil von fixer Vergütung und einen geringeren Anteil kurzfristiger Boni. Die Befragten befürworteten auch, die variable Entlohnung stärker am Unternehmenserfolg als an individuellen Zielen auszurichten, wobei die Abschaffung aller Boni abgelehnt wird.

Wichtigstes Prinzip bei der Gestaltung der variablen Vergütung sollte sein, dass die Manager die Entlohnung nicht manipulieren können. „Die Ergebnisse der Studie zeigen eindeutig, warum in der anstehenden Hauptversammlungssaison die Vergütung an erster Stelle bei den Themen steht, die Investment Professionals bei Unternehmen ansprechen werden“, so Stefan Bielmeier, Vorstandsvorsitzender der DVFA. „Dass das Verhältnis von variablem zu fixem Einkommen von DVFA Mitgliedern sehr kritisch gesehen wird, ist durchaus in Linie mit den Abstimmungsstrategien institutioneller Anleger, die diesen Punkt bei der Vergütung von DAX30 Vorständen in diesem Jahr ansprechen werden.“ Interessant auch ein weiteres Ergebnis: Fast alle Befragten glauben, dass CEOs auch für deutliche geringere Summen arbeiten würden und gaben 2,8 Millionen Euro als Durchschnittswert an.

Auch Fondsmanager haben schon angekündigt, auf den Hauptversammlungen die Vergütung im Blick zu haben. So befürwortet beispielsweise die Deka klare Regeln für fixe und variable Bestandteile der Vorstandsvergütungen, bei denen der variable Anteil auch der tatsächlichen Unternehmensentwicklung Rechnung trägt. Zudem können man sich absolute Höchstgrenzen vorstellen. Auch der norwegische Pensionsfonds, der größte Staatsfonds der Welt, setzt sich in einer neuen Richtlinie für eine Begrenzung von Vorstandsgehältern ein. Der Fonds ist in mehrt als 9.000 Unternehmen weltweit investiert. Seine Entscheidungen haben oftmals Signalwirkung für andere Investoren.

Erster Denkzettel

Einen ersten Denkzettel haben die Top-Manager der Schweizer Großbank Credit Suisse vor wenigen Wochen auf ihrer Hauptversammlung erhalten. Trotz hoher Verluste wollte der Vorstand eine millionenschwere Bonifikation ausschütten. Doch nach Widerstand der Aktionäre wurden die geplanten Boni um rund 40 Prozent gekürzt. Am Ende wurde dem neuen Vergütungsbericht mit einer knappen Mehrheit von 58 Prozent zugestimmt. Verwaltungsratspräsident Urs Rohner hat die Message verstanden und will sich zukünftig stärker mit der Vergütungspolitik auseinandersetzen.

In dieser Woche steht die Hauptversammlung des Softwarekonzerns SAP an. Und auch dort wird das Thema Managervergütung eine Rolle spielen. Der amerikanische Stimmrechtsberater ISS empfiehlt seinen Aktionären, den Aufsichtsrat nicht zu entlasten, weil dieser sich nur unzureichend um Veränderungen im Vergütungssystem bemüht habe. Hans-Christoph Hirt vom britischen Investor Hermes hat in einem Interview mit dem Spiegel ebenfalls angekündigt, gegen die Entlastung des Aufsichtsrats zu stimmen. Er sprach von roten Linien, die nicht überschritten werden sollten und nannte in diesem Zusammenhang die unangemessen hohen Vorstandsbezüge bei SAP.

Gegenantrag zum neuen VW-Vergütungskonzept

Und auch Volkswagen hält in dieser Woche seine Hauptversammlung ab. Vorstand und Aufsichtsrat werden sich den Fragen des Corporate-Governance-Experten Professor Christian Strenger stellen müssen. Strenger hat unter anderem das erst kürzlich vorgestellte, neue Vergütungssystem von Volkswagen im Blick. Demnach sollen Vorstandsmitglieder in Zukunft nicht mehr als zehn Millionen Euro pro Jahr verdienen können. Außerdem wurden die Bonifikationen gekürzt und die Hürden zu ihrer Erreichung erhöht. Doch die sind für Strenger „unangemessen niedrig.“  Strenger in seinem Gegenantrag für die Hauptversammlung: „Die 100prozentige Zielerreichung ist schon gegeben, wenn das operative Ergebnis des Konzerns nur ca. 60 Prozent des Durchschnittsergebnisses der letzten zwei Jahre erreicht.“ Zudem läge die operative Umsatzrendite des Konzerns, als zweite Performancehürde, deutlich unter dem Wert anderer Automobilkonzerne. Strenger kritisiert auch die Bezugsjahre des Vergütungsplans. Dieser beginne nämlich erst mit dem Jahr 2017, die mit den Folgen der Dieselgate-Affäre erheblich belasteten Ergebnisse der Jahre 2015 und 2016 würden damit unter den Tisch fallen. Doch Strenger kritisiert auch die fast 30prozentige Anhebung der Grundvergütung, weil diese auch die ohnehin schon sehr hohen Pensionszusagen, nochmals erhöhen würde. Er empfiehlt in seinem Gegenantrag, das Vergütungssystem nicht zu billigen.

Während viel über Höhe und Angemessenheit von Vorstandsgehältern diskutiert wird, rückt die Frage nach der Entstehung der Gehälter meist in den Hintergrund. Wie transparent die Vergütungsberichte der DAX30-Unternehmen sind, hat das Research Institut Flossbach von Storch in der Studie „Blackbox der Vorstandsvergütung” analysiert. Die Entstehung der Vorstandsvergütung gilt für die Analysten als transparent, wenn ausreichend Informationen vorliegen, dass ein Unternehmensexterner die Höhe der Gehälter nachvollziehen kann. Dazu seien die vier Dimensionen Beobachtbarkeit der Performancekriterien, Bekanntgabe der vereinbarten Ziele, Gewichtung der Kriterien und Umsetzung von Zielerreichung in Gehalt (Pay-for-Performance Relation), notwendig. Das Ergebnis ist ernüchternd, schreiben die Analysten, kein einziges der untersuchten 180 Vorstandsgehälter sei nachzuvollziehen. Die Unternehmen konnten einen Transparenzwert von 0 (keine Angaben) bis zu 4 (vollständige Transparenz) erreichen. Der durchschnittliche Transparenzscore beträgt 2,4. Bei keinem der DAX30-Unternehmen könne man von einer transparenten Vorstandvergütung sprechen, so das Fazit der Analysten.

Transparenz der Vergütungsberichte


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