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Nahrungsmittelindustrie mit Nachholbedarf im CSR-Reporting

[exklusiv] Die Berichterstattung zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen ist im Umbruch. Zu diesem Ergebnis kam die Studie „Das Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2015“ des IÖW und des Unternehmensverbands „future – verantwortung unternehmen“ im vergangenen Herbst. Demnach berichten inzwischen mehr Unternehmen und die Qualität der Berichte hat sich verbessert.

Berlin (csr-news) > Eine Analyse nach Branchen offenbart aber ein differenzierteres Bild, es zeigen sich große Unterschiede, sowohl im Anteil der Unternehmen mit Bericht als auch in der Berichtsqualität. Während von den Autoherstellern und Banken drei Viertel der Unternehmen überwiegend gut berichten, hüllen sich viele Unternehmen etwa aus der Branche der Medien und Informationsdienstleistungen sowie Versicherungen in Schweigen. Kritik äußerten die Studienautoren auch daran, dass mit dem Deutschen Milchkontor lediglich eines der fünf größten deutschen Nahrungsmittelunternehmen einen eigenständigen CSR-Bericht veröffentlicht.

„Autohersteller und Banken, aber auch die Chemieindustrie, sind Branchen, die schon lange unter kritischer Beobachtung der Öffentlichkeit stehen und daher zahlreich und umfangreich berichten. Auch in der Nahrungsmittelindustrie sollte es im eigenen Interesse der Unternehmen liegen, die Verbraucher darüber zu informieren, unter welchen Bedingungen ihre Lebensmittel produziert werden“, kommentiert Gerd Scholl vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung. Während die Oetker-Gruppe, Südzucker und die Tönnies Gruppe zwar in gewissem Umfang andere Wege jenseits eines Nachhaltigkeitsberichtes wählen, um zu informieren, ist die mit der Marke Müllermilch bekannte Unternehmensgruppe Theo Müller das Schlusslicht der Branche: Informationen zur Nachhaltigkeit des Unternehmens? Fehlanzeige. „Hier sind manche Mittelständler aus der Nahrungsmittelwirtschaft deutlich transparenter“, ergänzt Udo Westermann von future, und nennt als gute Beispiele etwa Unternehmen wie die Brauerei Neumarkter Lammsbräu oder den Biolebensmittelproduzenten und -händler Alnatura. „Ein besonders überzeugendes Vorbild für die Branche liefert der Biopionier Lebensbaum mit seinem Nachhaltigkeitsbericht“, so Westermann.

Autohersteller mit den besten Nachhaltigkeitsberichten

Im Branchenvergleich schneidet die Automobilindustrie am besten ab. Acht Unternehmen der Branche, BMW, Daimler, Ford-Werke, General Motors, MAN, Porsche, Volkswagen und Audi, sind im Branchenranking vertreten. Von diesen acht Unternehmen veröffentlichen sechs einen eigenständigen Bericht. Die Ford-Werke können auf den Nachhaltigkeitsbericht der Konzern-Mutter verweisen, stellen auf ihrer Website aber auch eigene Informationen beispielsweise zur Klimastrategie, zum gesellschaftlichen Engagement oder zur Produktverantwortung zur Verfügung. General Motors Europe stellt keine eigenen Nachhaltigkeitsinformationen bereit, einzelne Informationen, beispielweise zum Umweltmanagement sind allerdings im Nachhaltigkeitsbericht des Mutterkonzerns enthalten. Insgesamt können die Automobilhersteller aber mit ihrem Nachhaltigkeits-Reporting überzeugen. „Die Autobauer zeigen über die gesamte Breite der Kriterien gute und zum Teil weit überdurchschnittliche Ergebnisse“, heißt es in der Studie.

Auf dem zweiten Platz im Branchenranking können sich die Banken behaupten. 15 Institute wurden berücksichtigt, von denen 11 einen eigenständigen Bericht veröffentlichen. Die vier Banken ohne eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht können zum Teil wenigstens mit Basisinformationen zur Nachhaltigkeitsleistung aufwarten. ING-DIBA veröffentlicht umfangreiche Informationen zu sozialen Aspekten der Nachhaltigkeit im FAIRantwortungsreport 2014/15 und auf der Website. Die WGZ Bank-Gruppe berichtet über einzelne Nachhaltigkeitsaspekte im Geschäftsbericht und stellt zudem beispielsweise die Fortschrittsmitteilung zum Global Compact auf der Website zur Verfügung. Die Landesbank Hessen-Thüringen informiert auf einer eigenen Nachhaltigkeitswebsite über gesellschaftliche und ökologische Aspekte im Fördergeschäft, über die Mitarbeiterinteressen und das gesellschaftliche Engagement in der Region. Knappe Ausführungen zu Nachhaltigkeitsaspekten finden sich auch im Geschäftsbericht. Die HSH Nordbank bietet innerhalb der Gruppe die wenigsten Informationen und bildet das Schlusslicht. Der Geschäftsbericht widmet dem Thema „Unternehmerische Verantwortung“ lediglich zwei Seiten.

Die Branchensieger

Quelle: Das Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2015

Im Mittelfeld des Rankings bewegen sich die Unternehmen aus dem Bereich Transport, Logistik und Tourismus. Zwölf Unternehmen wurden berücksichtigt, von denen sieben einen eigenen Bericht veröffentlichen. Fraport, Deutsche Post und Deutsche Bahn führen die Gruppe an. Schlusslicht Rhenus stellt nur knappe Informationen zu Compliance, Qualitätsmanagement, Nachhaltigkeit im Kerngeschäft und Arbeitssicherheit online zur Verfügung. Auffällig ist in dieser Branche die enorme Bandbreite der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Während die ersten drei Unternehmen über umfangreiche Informationen verfügen, berichten die weiteren Unternehmen nur sehr selektiv. Das Gesamtergebnis dieser Branche hat sich auch gegenüber der letzten Erhebung 2011 verschlechtert. Neben dem Branchensieger Fraport auf Rang 20 kommen mit der Deutschen Post und der Deutschen Bahn nur zwei weitere Unternehmen der Branche unter die Top 50. Bei allen Kriterien liegt die Branche unter dem Rankingdurchschnitt, besondere Schwächen liegen in den Bereichen Produkt- und Lieferkettenverantwortung.

Verantwortung für Lieferkette: Erst wenige gute Ansätze

Die Studie zeigt, dass Verantwortung und Risiken in der Lieferkette bislang in keiner Branche ausreichend dargestellt werden. So nennen weniger als die Hälfte der Unternehmen ihre wichtigsten Beschaffungen und hinterlegen diese mit Zahlen. Auch Angaben zur regionalen Herkunft der Lieferanten fehlen in vielen Berichten. Wie Unternehmen bei ihren internationalen Zulieferbetrieben etwa Arbeitnehmerstandards oder Umweltwirkungen von gelieferten Produkten thematisieren und mit möglichen Konflikten umgehen, stellen sie nicht ausreichend dar.

Wie es gelingen kann, die Lieferkette aussagekräftig in einem Nachhaltigkeitsbericht abzubilden, zeigen neben einzelnen Großunternehmen auch manche Mittelständler. Diese stammen überwiegend aus der Branche Handel/Textil und hier zeigt sich, dass Brancheninitiativen wie beispielsweise die Fair Wear Foundation (FWF), die Standards für die Branche setzt und überprüft, die Berichterstattung unterstützen können. So berichtet zum Beispiel Vaude transparent über die langfristigen Beziehungen zu Produzenten und die Überwachung durch Audits in Zusammenarbeit mit der FWF. Adidas legt in seinem Bericht alle Lieferanten offen, direkte sowie Sublieferanten und Lizenznehmer. Das Handelsunternehmen Otto liefert quantitative Angaben zu ökologischen Schadwirkungen und sozialen Risiken in der Kette und gibt Auskunft über Sozialprogramme für Zulieferer in Risikoländern. Das Textilunternehmen Hess Natur stellt ebenfalls die Ergebnisse von Lieferanten-Audits dar. Insgesamt enthalten nur 33 Prozent der Berichte von Großunternehmen und 20 Prozent der KMU-Berichte Zahlenangaben zu in der Lieferkette durchgeführten Audits.


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