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Jahreswohlstandsbericht statt Jahreswirtschaftsbericht

Wie gut ist das Bruttoinlandsprodukt BIP geeignet um die Entwicklung und Zustand einer Gesellschaft abzubilden? In der letzten Legislaturperiode hat sich damit die Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität“ beschäftigt. Am Ende waren sich alle einig, das Wohlstand mehr ist als „Materieller Wohlstand“. Doch dabei blieb es, das BIP ist weiterhin die zentrale Größe zur Beschreibung des Fortschritts. Die Grüne Bundestagsfraktion hat jetzt eine Machbarkeitsstudie für einen neuen Wohlstandsbericht vorgestellt.

Berlin (csr-news) > Wie gut ist das Bruttoinlandsprodukt BIP geeignet um die Entwicklung und Zustand einer Gesellschaft abzubilden? In der letzten Legislaturperiode hat sich damit die Enquetekommission „Wachstum, Wohlstand und Lebensqualität“ beschäftigt. Am Ende waren sich alle einig, das Wohlstand mehr ist als „Materieller Wohlstand“. Doch dabei blieb es, das BIP ist weiterhin die zentrale Größe zur Beschreibung des Fortschritts. Die Grüne Bundestagsfraktion hat jetzt eine Machbarkeitsstudie für einen neuen Wohlstandsbericht vorgestellt.

„Ausgehend von der Erkenntnis, dass Wohlstand mehr ist als „Materieller Wohlstand“ empfiehlt die Enquete-Kommission dem Deutschen Bundestag, ein neues Wohlstands- und Fortschrittsmaß zu etablieren.“ Dieses zentrale Ergebnis der Enquete-Kommission wurde 2013 von allen Fraktionen beschlossen, doch passiert ist seitdem nichts. Die Grüne Bundestagsfraktion hat deshalb zusammen mit den Gutachtern Prof. Hans Diefenbacher (FEST Heidelberg) und Roland Zieschank (FU Berlin) an einer praktikablen Lösung gearbeitet, wie ein neues Wohlstandsmaß umgesetzt werden kann. Das Ergebnis ist die nun vorliegende Machbarkeitsstudie „Jahreswohlstandsbericht – Konzeptionelle und empirische Grundlagen für einen neuen Wohlstandsbericht“. Für die Grünen ist ein neues Wohlstandsmaß zusammen mit neuen Indikatoren eine wesentliche Voraussetzung für gute Politik und „damit ein zentrales wirtschaftspolitisches Thema“.

Jahreswohlstandsbericht-Kernindikatoren

Umweltschäden steigern das BIP

Das Problem mit dem BIP ist unter anderem die fehlende Berücksichtigung des Ressourcenverbrauchs oder die Zerstörung der Umwelt. So kommen auch durchaus paradoxe Ergebnisse zustande, beispielsweise bei der Abbildung von Umweltschäden. Die Grünen führen hier das Beispiel der Bohrplattform Deep Water Horizon an. Reparaturmaßnahmen von Umweltschäden sind eigentlich Kosten, die lediglich den Status quo wiederherstellen, der vor der Umweltschädigung existierte. Tatsächlich erscheinen sie im BIP als Steigerung und wären insofern Ausdruck einer Wohlfahrtssteigerung. Alleine dadurch wird deutlich, dass das BIP als alleiniger Indikator nicht ausreicht. Im Grünen Wohlstandsbericht geht es um harte ökonomische Fakten, heißt es in einer Mitteilung der Grünen Bundestagsfraktion. „Unser Konzept geht vom Kapitalbegriff aus, erweitert diesen jedoch. Berücksichtigt wird auch Natur- und Sozialkapital, dessen Verfügbarkeit zum einen natürlich ein Wert an sich ist, zum anderen aber auch elementar für wirtschaftlichen Erfolg ist“.

Jahreswohlstandsbericht-Indikatoren-einzeln

Qualitatives Wachstum

„Ein Jahreswohlstandsbericht sollte die Umstrukturierung der Wirtschaft in Richtung einer Green Economy abbilden“, heißt es in dem Gutachten. Das müssen die wesentlichen Teilbereiche der gesellschaftlichen Wohlfahrt einzeln betrachtet werden, um ihre Gesamtheit zu beschreiben. So müssten in einem erweiterten Wohlfahrtskonzept Faktoren wie soziale Sicherheit und Bildung eine große Rolle spielen, weil sie wesentlicher Bestandteil des immateriellen aber auch des materiellen Wohlstands sind. Gleiches gilt für die Natur, insbesondere für die Qualität von Ökosystemen, die von relativ naturnahen Schutzgebieten über stark genutzte Agrarökosysteme bis hin zu urbanen Ökosystemen reichen. Wird der gängige Kapitalbegriff um diese sogenannten externen Faktoren ergänzt, dann kommt es zu einer realistischeren Abbildung der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Volkswirtschaft und es wird dem Begriff des qualitativen Wachstums eine Grundlage gegeben.

Das vollständige Gutachten „Jahreswohlstandsbericht – Konzeptionelle und empirische Grundlagen“ zum Download.

 

Foto: Oliver Krischer, Kerstin Andreae, Prof. Hans Diefenbacher, Anton Hofreiter, Roland Zieschank.

 


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