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Eine Strategie für mehr Nachhaltigkeit – Kollektives Handeln in lokalen Global Compact Netzwerken

Zum zwanzigsten Mal jährt sich im Juni die Entwicklungs- und Umweltkonferenz in Rio von 1992 – Anlass für die Vereinten Nationen, mit „Rio+20“ nicht nur auf das bisher Erreichte zurückzublicken, sondern neue Impulse zu setzen für eine nachhaltige Entwicklung, die eine grüne Ökonomie mit den Zielen der Armutsbekämpfung und der sozialen Gerechtigkeit in Einklang bringen soll. Die Erwartungen an die Weltnachhaltigkeitskonferenz sind enorm, zumal der Druck zum Handeln angesichts der großen Herausforderungen wie Klimawandel, Ressourcenknappheit, Korruption, Hunger und Armut zunehmend steigt und politisches Handeln bisher zu keinen zufriedenstellenden Lösungen geführt hat.

Von Birgit Riess und Samuil Simeonov, Bertelsmann Stiftung

Eine nachhaltige gesellschaftliche Entwicklung ist indes ohne den Beitrag der Wirtschaft und ohne verantwortliches unternehmerisches Handeln nicht denkbar. Auch hier kann das bisher Erreichte nicht zufriedenstellen. Nachhaltiges Handeln wird zwar für immer mehr Unternehmen zu einem bedeutenden Wettbewerbsfaktor. Gleichwohl muss darüber nachgedacht werden, wie Reichweite und Wirkung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen vorangebracht werden können.

Ein Ansatzpunkt hierfür könnte sein, Unternehmen auf regionaler bzw. nationaler Ebene stärker zu vernetzen, ihre Kompetenzen und Ressourcen auf gemeinsame Nachhaltigkeitsziele zu bündeln und so eine Wirkung zu erreichen, die mehr ist als die Summe der Einzelbeiträge der beteiligten Unternehmen.

In diesem Sinne haben die Bertelsmann Stiftung und der Global Compact der Vereinten Nationen (UNGC) am Beispiel der lokalen Global Compact Netzwerke untersucht, welche Potentiale diese Netzwerke haben, durch kollektives Handeln und Politikdialoge Nachhaltigkeitsziele zu formulieren und umzusetzen.(1) Die Studie wurde im Rahmen der Rio-Konferenzen vorgestellt, um für die Notwendigkeit der Kooperation zu sensibilisieren.

Weltweit gibt es in rund 100 Ländern lokale Global Compact Netzwerke (Global Compact Local Networks – GCLN). Mehr als die Hälfte der knapp 7.000 Unternehmen, die dem Global Compact beigetreten sind, engagieren sich in den lokalen Netzwerken. (2) Für die meisten Unternehmen steht dabei der Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen im Vordergrund. Für kleinere Unternehmen ist es wichtig, Unterstützung zu bekommen für die Umsetzung der zehn Prinzipien des Global Compact. Aber bereits in einem Drittel der GCLN gibt es Erfahrungen, die Nachhaltigkeitsziele, die in den zehn Prinzipien des UNGC zum Ausdruck kommen, mit gemeinsamen Anstrengungen zu adressieren. Dies geschieht auf zwei Wegen:
durch

  • koordiniertes gemeinsames Handeln („collective action“) sowie
  • Strategiedialoge mit Politik und Zivilgesellschaft, um gemeinsame Politikansätze zu entwickeln und umzusetzen („policy dialogue“).

Beide Handlungsmechanismen spielen immer dann eine bedeutsame Rolle, wenn ein einzelnes Unternehmen oder auch einzelne Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft allein nicht mehr in der Lage sind, wirksam zur Lösung gravie-render gesellschaftlicher Herausforderungen beizutragen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die lokalen Global Compact Netzwerke insbesondere bei Umweltthemen „collectice action“ als effektives Mittel ansehen. Mit „policy dialogues“ kann das Thema Anti-Korruption besonders wirkungsvoll adressiert werden.

Einige Beispiele aus den insgesamt fast 40 Fallstudien, die in der Studie vorgestellt werden, illustrieren sehr gut, woran lokale Global Compact Netzwerke hier arbeiten:
Collective Action

  • Brasilien: Transparentes Monitoring zum Kampf gegen die Korruption
  • China: Trainingskurse für 10.000 KMU zur Einhaltung von Arbeitsstandards
  • Deutschland: Entwicklung des „Organisational Capacity Assessment Instrument (OCAI)“ zur Umsetzung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten im Bereich der Menschenrechte
  • Niederlande: „Partnering for Prosperity (P4P)“ verbessert die Lebensmittelversorgung in 15 afrikanischen Ländern

Policy Dialogue

  • Argentinien: Allianz für bessere Beschäftigung in Lieferketten
  • Ägypten: Plattform zur Korruptionsbekämpfung
  • Namibia: Vorbereitung einer „Green Economy Policy“
  • Serbien: Implementierung eines nationalen CSR-Aktionsplans

Aber welche learnings lassen sich aus diesen Fallstudien ableiten, um das Potential des UNGC für eine nachhaltige Entwicklung weiter zu entwickeln? Hierzu wurden auf der Basis der empirischen Analyse von 35 lokalen Global Compact Netzwerken Kriterien herausgearbeitet, mit denen „collective action“ und „policy dialogue“ erfolgreich umgesetzt werden können.

  • Die gemeinsame Basis sollte so ausgestaltet sein, dass sich alle relevanten Anspruchsgruppen mit den Zielen des Vorhabens identifizieren können und dessen Relevanz anerkennen.
  • Legitimität erhalten „collective action“ und „policy dialogues“ nur dann, wenn die Prozesse offen und transparent ausgestaltet sind.
  • Darüber hinaus müssen auch die Umsetzungskapazitäten und die Ressourcen so beschaffen sein, dass messbare Ziele effizient erreicht werden können.

Kollektives Handeln in Netzwerken ist voraussetzungsreich und sicherlich auch manchmal mühsam, weil gemeinsame Aktionen abgestimmt, ein gemeinsames Vorgehen verabredet und durchgehalten werden müssen. Es erfordert Disziplin und oftmals einen langen Atem, bis Erfolge sichtbar werden. Aber die Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass die Wirkungen, die mit kollektivem Handeln erreicht werden können, tatsächlich größer sind, als durch individuelles Handeln jemals hätte erreicht werden können. Der UNGC mit seinen lokalen Netzwerken bietet hier sicherlich eine belastbare Plattform, um Nachhaltigkeitsziele mit kollektivem Handeln zu adressieren.

Kontakt
Birgit Riess, Director (birgit.riess@bertelsmann-stiftung.de)
Samuil Simeonov, Project Manager (samuil.simeonov@bertelsmann-stiftung.de)

Bertelsmann Stiftung
Programm Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen
Carl-Bertelsmann-Str. 256, 33311 Gütersloh
Tel. 05241 81 81275
www.bertelsmann-stiftung.de/csr

(1) United Nations Global Compact, Bertelsmann Stiftung; A Strategy for the Commons – Business-driven Networks for Collective Action and Policy Dialogue, Juni 2012

(2) United Nations Global Compact: Annual Review of Business Policies & Actions to Advance Sustainability – 2011 Global Compact Implementation Survey, Juni 2012

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