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Reiche Renditen jenseits der Zinsen

Nachhaltigkeitsbanken setzen auf Projekte, die unsere Gesellschaft langfristig lebenswerter machen sollen. Und auf Kunden, die mitgestalten wollen und dafür auf Teilerträge verzichten. Das Konzept scheint aufzugehen.

Nachhaltigkeitsbanken setzen auf Projekte, die unsere Gesellschaft langfristig lebenswerter machen sollen. Und auf Kunden, die mitgestalten wollen und dafür auf Teilerträge verzichten. Das Konzept scheint aufzugehen.

Von Johanna Thelemann

Welchen Gestaltungsraum nachhaltige Kapitalanlagen erobern können, zeigt ein Blick in das Städtchen Wachtendonk am Niederrhein: Es konnte Windkraftanlagen zurückerwerben, die es vorher verkaufen musste, und ist nun in seiner Energieversorgung weitgehend autark. In der Dorfkäserei im schwäbischen Geifertshofen waren ein Neubau und die Anschaffung verschiedener Gerätschaften zu finanzieren, damit künftig mehr Käse aus der Region hergestellt und an Naturkostläden geliefert werden kann. Die Filmemacher Volker Tittel und Maria Knilli konnten 2010 den ersten Teil einer Filmreihe vorlegen, die acht Jahre lang den Werdegang von Waldorfschülern dokumentiert, und in „Aja’s Gartenhaus“ in Frankfurt finden demenzkranke ältere Menschen ein Zuhause. Ohne die Finanzierungen durch Nachhaltigkeitsbanken wären solche Projekte oftmals unmöglich: In den ersten beiden Beispielen stellte Triodos Mittel zur Verfügung, in den anderen war es die GLS Bank.

Was unterscheidet Nachhaltigkeitsbanken von anderen? „Wir wollen die Gesellschaft dort verändern, wo wir glauben, dass man sie verändern muss“, erklärt Christof Lützel, Sprecher der GLS Bank, die 1974 als erste Nachhaltigkeitsbank Europas gegründet wurde.

Positiv- und Negativkriterien für Geschäfte

Ein wesentliches Merkmal der sozial und ökologisch orientierten Banken: Sie arbeiten nicht mit jeder Branche zusammen. Abgelehnt werden Rüstungsindustrie, Atomenergie und Tierversuche. Darüber hinaus gibt es weitere Kriterien, die jedes Bankhaus individuell für sich festlegt. So will die EthikBank, keine Geschäfte mit Unternehmen einzugehen, die durch Korruptionsaffären auffielen, und die GLS-Bank nennt Pornografie als eines ihrer Ausschlusskriterien. Auf der anderen Seite gibt es Positivlisten über Anlagebereiche, in welche die Banken gerne investieren, allen voran: soziales Engagement, Entwicklungspolitik, Gleichberechtigung und nachhaltige ökologische Projekte.

Zinsverzicht aus Überzeugung

Es ist nicht nur die Auswahl der Geschäftspartner, welche den Nachhaltigkeitsbanken das Image eingebracht hat, „Banken für das gute Gewissen“ zu sein. Es ist auch ihre Gewinnphilosophie: Geld wird nicht nur als Investition betrachtet, aus der sich ein monetärer Profit ziehen lässt, sondern als eine Möglichkeit, die Welt zu verbessern. Darauf liege auch das Augenmerk der Kunden, so Lützel. „Wir geben keine aggressiven Konditionen, für die letztlich der Steuerzahler einstehen muss.“ Es gelte der marktübliche Zinssatz – sowohl, was die Erträge der Anleger betrifft, als auch hinsichtlich der vergebenen Kredite.
„Im vergangenen Jahr haben wir 25.000 Neukunden gewonnen. Nichts deutet darauf hin, dass jemand abspringt, weil er bei uns den Tagesgeldzinssatz zu gering findet“, so Lützel. Auch Sylke Schröder von der EthikBank hat diese Erfahrung gemacht. „Es kommt zwar vor, dass einzelne Kunden die Zinsen niedrig finden, aber wenn man sich mit ihnen auseinander setzt und erklärt, wie die Zinsen zustande kommen, ist überwiegend Akzeptanz vorhanden.“
Über eine bodenständige Zinspolitik hinaus gibt es beispielsweise die „Förderkonten“ der EthikBank: Hier verzichten Anleger ganz gezielt auf 0,25 Prozentpunkte ihres Zinsertrages. Dieses Geld lässt die Bank drei Projekten zukommen, die kontinuierlich seit Jahren unterstützt werden: Schulbesuch für Frauen und Mädchen in Nordafghanistan, Berufsausbildung für bulgarische Heimkinder, ökologisches Engagement in der Baikalregion.

Transparenz statt Geheimniskrämerei

Transparenz ist ein Anspruch aller Nachhaltigkeitsbanken. Während im traditionellen Banking Diskretion gegenüber den Kunden oberstes Gebot ist, stellen Nachhaltigkeitsbanken Projekte, die durch sie finanziert wurden, offensiv vor; selbst die Höhe von Krediten wird ohne weiteres genannt. So möchten die Banken sicherstellen, dass ihre Kunden – und zwar auch Laien – jederzeit nachvollziehen können, was mit den eingebrachten Geldern geschieht. Darüber hinaus gibt es teilweise den Grundsatz der Mitbestimmung: Wer bei der GLS-Bank ein Konto abschließt, kann wählen, in welchen Bereichen mit seinem Geld gearbeitet werden soll. „In den Jahren 2010 und 2011 war die regenerative Energie ein besonderer Renner. Etwa die Hälfte unserer Kunden kreuzt aber an: keine Präferenz“, so Lützel.

Nachhaltiges Investment am konventionellen Finanzmarkt

Auch konventionelle Banken versuchen vermehrt, in das Thema Nachhaltigkeit einzusteigen – beispielsweise durch „grüne Investmentfonds“. Über 300 Nachhaltigkeitsfonds sind in Deutschland zugelassen. Sie werden auch „Ethikfonds“ oder „ethisch-ökologische Fonds“ genannt. Wie die klassischen Investmentfonds funktionieren sie nach dem Grundsatz, durch Kapitalanlage Gewinn zu erzielen – hier jedoch im Einklang mit den Geschäftsprinzipien der Nachhaltigkeitsbanken. Teilweise kommt es zur Zusammenarbeit – etwa zwischen der EthikBank und der Schweizer Bank Sarasin AG. „Uns hat die bemerkenswerte Nachhaltigkeitsresearch beeindruckt, die sie seit 1989 betreiben“, bekennt Sylke Schröder, Sprecherin der EthikBank. Für sie sind die „grünen Fonds“ ein Indiz dafür, dass konventionelle Banker ihre nachhaltig orientierten Kollegen durchaus als Konkurrenz wahrnehmen: „Wenn sie uns nur abtun würden, würden nicht so viele von ihnen plötzlich Nachhaltigkeitsfonds aus der Schublade zerren.“ Wer neu am Markt sei, müsse sich jedoch erst einmal der Herausforderung stellen, sich in diesem Segment Glaubwürdigkeit zu erarbeiten. Und da sehen sich die Nachhaltigkeitsbanken den konventionellen Geldhäusern gegenüber im Vorteil.

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