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Die Besten für die Welt: Business Schools gründen Nachhaltigkeitsrat

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Verantwortungsvolle Wirtschaft braucht verantwortungsvolle Ausbildung.

Anlässlich der Jahreskonferenz der Academy of Management im August 2010 in Montreal – sie war sinnigerweise dem Generalthema “Dare to care: Passion and Compassion in Management Practice and Research” gewidmet – unternahm eine kleine Gruppe von engagierten Professoren und Business School Dekanen die ersten Schritte zur Gründung des World Business School Council for Sustainable Business (WBSCSB).

Von Thomas Dyllick

Hintergrund war die Einschätzung der Akteure, dass die dringenden Nachhaltigkeitsprobleme unserer Zeit zwar von einzelnen Wissenschaftlern und Hochschullehrern aufgegriffen und ernst genommen worden waren, dass aber Business Schools als institutionelle Akteure – mit wenigen Ausnahmen – bisher ihrer Verantwortung nicht gerecht worden waren.

Neue Organisation und weitere Akteure

Während z.B. der World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) 1992 vom Schweizer Industriellen Stephan Schmidheiny gegründet wurde, um Beiträge multinationaler Unternehmen zur Lösung globaler Nachhaltigkeitsprobleme zu organisieren, haben es die Business Schools bis heute noch nicht geschafft, einen sichtbaren kollektiven Beitrag zu leisten. Die Gründungsmitglieder des WBSCSB wollten hierzu einen ersten Schritt tun. Ihnen war dabei bewusst, dass es angesichts bereits bestehender Organisationen und Netzwerke mit einer verwandten Zielsetzung um eine Struktur gehen musste, welche im Zuge des Ausbaus der neuen Organisation den Einbezug weiterer zentraler Akteure und Organisationen ohne weiteres ermöglichte.

Es gibt bereits eine Reihe von internationalen Organisationen im Nachhaltigkeitsbereich, die Business Schools als Mitglieder oder Teilnehmer umfassen. Eine Organisation der Business Schools selber, die sich das Thema eines globalen Wandels in Richtung Nachhaltigkeit zu eigen gemacht hat und hier eine Führungsfunktion wahrnimmt, fehlt aber bisher. EABIS (European Academy of Business in Society), wurde 2002 von fünf Unternehmen und einer Anzahl bedeutender europäischer Business Schools gegründet und wird von der EU Kommission unterstützt. Das Netzwerk von Unternehmen, Business Schools und anderen Institutionen verfolgt das Ziel, Unternehmen als gesellschaftliche Institutionen aufzufassen und hierzu sowohl praktische wie auch theoretische Anstösse und konkrete Beiträge zu leisten. Entscheidenden Anteil hatte das Netzwerk an der 2005 erfolgten Gründung von APABIS (Asia Pacific Academy of Business in Society) gehabt, einem Schwester-Netzwerk für die Region Asien und Pazifik. Das GRLI (Globally Responsible Leadership Initiative) wurde 2004 als Organisation gemeinsam durch EFMD (European Foundation for Management Development) und UN Global Compact gegründet. Seine Vision besteht in der Ausbildung einer neuen Generation von verantwortungsvollen Führungskräften, wofür es ein weltweites Netzwerk von Unternehmen und Bildungseinrichtungen aufgebaut hat – darunter viele Business Schools. Und der UN Global Compact gründete 2007 PRME (Principles for Responsible Management Education) mit dem Ziel, eine verantwortungsbewusste Managementausbildung, aber auch Nachhaltigkeit in der Forschung im globalen Massstab zu unterstützen. Seine Mitglieder bestehen aus Hochschulen, Netzwerken und Akkreditierungsorganisationen.

Denken und Handeln für “50+20”

Welche Vision verfolgt der World Business School Council for Sustainable Business (WBSCSB)? Er ist gedacht als Denkfabrik und Plattform für Business Schools in Nachhaltigkeitsfragen, mit dem Ziel, die Wirtschaft nachhaltiger auszurichten. Dabei ist es erforderlich, die äusseren und inneren Grenzen von Business Schools zu übersteigen, damit relevante, praktische Lösungen entstehen können. Business Schools betreiben Forschung und Lehre. Sie tragen aber auch zur gesellschaftlichen Meinungsbildung bei. Forschung sollte die drängenden Nachhaltigkeitsfragen auf eine breite und ganzheitliche Art angehen und sich nicht durch disziplinäre Perspektiven einengen lassen. Sie sollte zu Ergebnissen führen, die zeitgerecht vorliegen, verständlich sind und handlungsrelevant. Lehre sollte die Bewältigung von Nachhaltigkeitsherausforderungen als eine integrierte unternehmerische Aufgabe behandeln, deren Bewältigung zur Verantwortung des Managements gehört. Und schliesslich sollten Wissenschaftler und Ausbildner ihr Wissen und ihre Reputation dazu einsetzen, in öffentlichen Diskussionen die Anliegen einer nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen und voran zu treiben.

Die Gründer des WBSCSB sind überzeugt, dass es für Business Schools höchste Zeit ist, wissenschaftliches Denken und Handeln auf globaler Basis verstärkt voran zu treiben und auf die effektive Bewältigung der drängenden Nachhaltigkeitsfragen unserer Zeit auszurichten. Zur Umsetzung seiner Vision ist der WBSCSB mit GRLI und PRME strategische Partnerschaften eingegangen. Hierdurch sollen gemeinsame Interessen gebündelt und Kräfte verstärkt werden. Im Vordergrund steht die gemeinsame Bearbeitung der “50+20 Year Agenda: Business Education for the World”. An die Stelle des Strebens, die Besten in der Welt zu sein, wird ein Streben nach dem Besten für die Welt gesetzt. Der Titel bezieht sich auf die beiden einflussreichen Berichte der Ford- und Carnegie Foundation, die vor 50 Jahren in den USA entscheidenden Einfluss auf die Verwissenschaftlichung und Akademisierung der betriebswirtschaftlichen Ausbildung hatten.

Neue Lehrmethoden

Diese Entwicklung hatte viele positive Effekte. Sie führte aber auch im Übermass ihres Erfolgs zu der heute von führenden Fachvertretern beklagten zunehmenden praktischen Irrelevanz der Disziplin. Damit die betriebswirtschaftliche Ausbildung effektiv zur Herausbildung einer sozial gerechten und ökologisch verkraftbaren Wirtschaftsweise im Weltmassstab beiträgt, muss das Pendel wieder in Richtung einer praxisrelevanten, problemorientierten, ganzheitlichen und integrativen Ausbildung zurückschwingen. Dabei sind auch die Lehrmethoden in Richtung einer verstärkten Lernorientierung weiter zu entwickeln, wobei erfahrungsbasierten Methoden eine deutlich stärkere Rolle zukommt, um neben dem Wissen auch Verhalten und Werte ansprechen zu können. Während nicht davon auszugehen ist, dass eine solche Agenda über die nächsten 50 Jahre hinweg die weitere Entwicklung beeinflussen wird, so sind die Akteure doch überzeugt, dass die angestrebten Veränderungen in den nächsten 20 Jahren erfolgen müssen, wenn Business Schools ihrer Verantwortung gegenüber einer nachhaltig zukunftsfähigen Entwicklung gerecht werden wollen. Die 50+20 Year Agenda befindet sich derzeit in Ausarbeitung. Sie wird im Rahmen der Rio+20 Konferenz der Vereinten Nationen im Juni 2012 präsentiert werden.

Prof. Dr. Thomas Dyllick ist Delegierter für Verantwortung und Nachhaltigkeit der Universität St.Gallen und Gründungsmitglied des WBSCSB .

Autor: Prof. Dr. Thomas Dyllick
Der Beitrag erschien zuerst im CSR MAGAZIN Nr. 2 (2/2011)
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