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Nachholbedarf: oekom bewertet Einzelhandelsunternehmen

Die Ratingagentur oekom research hat das Nachhaltigkeitsmanagement der weltweit 130 wichtigsten Einzelhandelsunternehmen bewertet. Bei mehr als 80 Prozent der Unternehmen ist Nachhaltigkeit noch ein Fremdwort. Aus Deutschland konnte sich nur die Metro-Group für den sogenannten Prime-Bereich qualifizieren. Als bestes Unternehmen wurde die Schweizer Genossenschaft Coop bewertet. Eines der Schlüsselthemen im Einzelhandel sind die Arbeitsbedingungen im eigenen Unternehmen und in der gesamten Zuliefererkette.

München > Die Ratingagentur oekom research hat das Nachhaltigkeitsmanagement der weltweit 130 wichtigsten Einzelhandelsunternehmen bewertet. Bei mehr als 80 Prozent der Unternehmen ist Nachhaltigkeit noch ein Fremdwort. Aus Deutschland konnte sich nur die Metro-Group (C+) für den sogenannten Prime-Bereich qualifizieren, nicht börsennotierte Unternehmen wie beispielsweise die Rewe-Group waren nicht Bestandteil der Analyse. Als bestes Unternehmen wurde die Schweizer Genossenschaft Coop (B+) bewertet. Von den 130 Unternehmen konnten sich nach einer Vorselektion nur 25 für ein umfassendes Rating qualifizieren, 11 davon übernehmen eine Vorreiterrolle. Insbesondere aufgrund mangelnder Transparenz ist ein Großteil der Händler nicht in die Bewertung aufgenommen worden. Die Untersuchung wurde zuletzt 2008 durchgeführt, seitdem hat sich die Anzahl, der als „Prime“ bewerteten Unternehmen von fünf auf elf gesteigert. Rolf Häßler, oekom research: „Insgesamt ist unser Eindruck, dass das Thema Nachhaltigkeit in den vergangenen Jahren im Einzelhandel an Bedeutung gewonnen hat und heute – zumindest in einer breiter werdenden Spitzengruppe – systematischer behandelt wird“.

Im deutschen Einzelhandel sind knapp drei Millionen Mitarbeiter beschäftigt, die täglich etwa 50 Millionen Kunden bedienen. Ein Supermarkt bietet im Durchschnitt über 40.000 Artikel an. Dahinter verbirgt sich ein Netz von tausenden Zulieferern aus der ganzen Welt. Auch wenn der Einzelhandel nur in Einzelfällen, beispielsweise bei Eigenmarken, als Hersteller auftritt, resultiert seine Breitenwirkung aus der Mittlerfunktion zwischen Verbraucher und Produzent. Die Nachhaltigkeitsverantwortung betrifft demnach die eigenen Standorte und Mitarbeiter ebenso wie die Bedingungen in der Zuliefererkette. „Der Handel hat als Mittler zwischen Produzenten und Verbraucher eine Schlüsselrolle bei der Förderung eines nachhaltigen Konsums“, bewertet Lisa Häuser, Analystin bei oekom research, die Verantwortung des Handels. „Nach mehr als 25 Jahren Diskussion um diese sogenannte Gatekeeper-Funktion können wir endlich erkennen, dass der Handel diese Rolle aktiver nutzt“.

Eines der Schlüsselthemen im Einzelhandel sind die Arbeitsbedingungen im eigenen Unternehmen und der Zuliefererkette. Immer wieder geraten Handelsunternehmen in die Kritik im Umgang mit den eigenen Mitarbeitern, sei es durch zu niedrige Löhne oder die Behinderung gewerkschaftlicher Arbeit. Als besonders problematisch gelten immer wieder die Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern aus Schwellen- oder Entwicklungsländern. Die meisten der 25 von oekom bewerteten Unternehmen machen ihren Lieferanten Auflagen zur Einhaltung internationaler Arbeitsstandards, eine konsequente Kontrolle ist aber immer noch die Ausnahme. Firmen wie Marks & Spencer (mit B- bewertet) haben zwar umfassende Managementsysteme für die Zuliefererkette errichtet, bekannt gewordene Arbeitsrechtsverstöße zeigen aber, dass bestehende Kontrollsysteme noch nicht lückenlos funktionieren.

Bei den am besten bewerteten Unternehmen Coop, Marks & Spencer und Migros enden Nachhaltigkeitsbemühungen nicht bei der Kommunikation, sondern beruhen auf überprüfbarem Engagement. Die Tatsache, dass lediglich jedes zwölfte Handelsunternehmen von oekom research mit „Prime“ bewertet wird, offenbart aber weiteren Handlungsbedarf. „Viele gute Initiativen in einzelnen Bereichen zeigen, was tatsächlich möglich ist. In der Breite fehlt es aber an einer umfassenden und systematischen Ausrichtung der Unternehmen auf die Prinzipien der Nachhaltigkeit“, so das Fazit von Analystin Lisa Häuser.

Eine Zusammenfassung der Studie wird bei oekom research zum Download angeboten. Weitere Informationen zum Thema Nachhaltigkeit im Einzelhandel hat der Handelsverband Deutschland (HDE) zusammengestellt.


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