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Was hat Deutschland gegen CSR? Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik diskutiert Unternehmensverantwortung

In den letzten Jahren wurde die ethische Diskussion in Unternehmen nicht mehr so intensiv geführt. Verbraucher haben wenig Grund, auf die Nachhaltigkeitsbekenntnisse von Unternehmen zu vertrauen. Um Deutschlands Ansehen in Sachen CSR steht es in internationalen Fachkreisen nicht zum Besten. Das sind Gedankensplitter aus einer Podiumsdiskussion am Samstag in Elmshorn.

Elmshorn > In den letzten Jahren wurde die ethische Diskussion in Unternehmen nicht mehr so intensiv geführt, stattdessen stand die Selbstbehauptung in einer globalisierten Welt im Mittelpunkt. Das sagte die stellvertretende Vorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung (RNE), Marlehn Thieme auf einer Podiumsdiskussion während der Jahrestagung des Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik am 9. April in Elmshorn. Der Rat wolle die Wirtschaft zu einem nachhaltigen Handeln führen und habe auch die Bundesregierung aufgefordert, Nachhaltigkeitsleitlinien in ihre Beschaffung zu integrieren. „Nachhaltigkeit ist kein Status, nachhaltiges Wirtschaften ist eine Zieldefinition“, so Thieme. Der Rat will mit einem „Deutschen Nachhaltigkeitskodex“ insbesondere Finanzmarktteilnehmern optimierte Nachhaltigkeitsinformationen zu Unternehmen zur Verfügung stellen. Diesen Kodex stellt der Rat derzeit zur Diskussion. „Der Entwurf wurde sehr konstruktiv aufgenommen“, sagte Thieme, die sich mit der Menge und der Qualität der Diskussionsbeiträge zufrieden zeigte. Es sei überwiegend Zustimmung, aber auch Konkretisierungsbedarf geäußert worden.

„Die Debatte um Verbindlichkeit hat durch die Finanz- und Wirtschaftskrise einen Zacken zugelegt“, sagte Birgit Riess, Leiterin des Programms „Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen“ bei der Bertelsmann Stiftung. Vielen Stakeholdern sei die Geduld ausgegangen. Riess äußerte sich kritisch zu dem vom Rat für nachhaltige Entwicklung angestoßenen Prozess: Sie hätte sich gewünscht, dass der Rat die Debatte um einen Deutschen Nachhaltigkeitskodex in das CSR-Forum der Bundesregierung eingebracht hätte. Es sei zu klären: „An welcher Stelle führen wir welche Debatte?“, so Riess. Zudem sei es ein Irrtum zu glauben, dass durch verbindliche Normen ein bestimmtes Verhalten erzeugt werde. Das CSR-Forum der Bundesregierung habe einen breiteren Ansatz gewählt, der auch Nichtregierungsorganisationen berücksichtige. Es sei ein Erfolg, dass sich dieser Kreis auf ein gemeinsames CSR-Verständnis geeinigt habe.

Verbraucher haben wenig Grund, auf die Nachhaltigkeitsbekenntnisse von Unternehmen zu vertrauen, so das ehemalige Geschäftsleitungsmitglieder der Stiftung Warentest Peter Sieber. „CSR sind Maßnahmen, die sich mehr im Hintergrund abspielen und die der Verbraucher nicht direkt erlebt“, sagte Sieber. Was der Verbraucher erlebe, sei der Qualität der Produkte und Dienstleistungen von Unternehmen – etwa die Qualität der Beratung von Banken. Um Deutschlands Ansehen in Sachen CSR stehe es in internationalen Fachkreisen nicht zum Besten. Grund sei die Enthaltung der deutschen DIN-Delegation bei der Abstimmung über die CSR-Norm ISO 26.000 im vergangenen Jahr. „Es ist eine katastrophale Situation, dass sich das DIN enthalten hat“, sagte Sieber. In internationalen Gremien werde er ständig gefragt: „Was hat denn Deutschland gegen CSR?“

Die Jahrestagung 2011 des Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik (DNWE) fand am 8. und 9. April in Elmshorn (bei Hamburg) statt. Das DNWE will den Austausch von Gedanken und Ideen über ethische Fragen des Wirtschaftens fördern und zu einer ethischen Orientierung wirtschaftlichen Handelns beitragen. Es ist ein nationaler Verband des European Business Ethics Network (EBEN) und hat mehr als 600 Mitglieder, darunter viele Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Kirchen und Wissenschaft.

Weitere Informationen im Internet:
www.dnwe.de

Foto (von links): Marlehn Thieme, Joachim Fetzer (Diskussionsleiter), Birgit Riess


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