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Von der Philanthropie zum Unternehmenskern: Alle Erfolge sind Etappensiege

Gutes zu tun und philanthropische Projekte zu unterstützen, ist ein Bestandteil vieler guten Unternehmertraditionen. Wohlhabende Familien investieren Vermögen in soziale, kulturelle und heute oft in umweltrelevante Projekte. Seit Jahrzehnten hat das in angelsächsischen Ländern Tradition, aber auch in Deutschland – etwa im sogenannten „rheinischen Kapitalismus“. In den USA hängt die Wohlfahrt der Armen allzu oft von der Wohltat der Reichen ab. In Deutschland boomen derzeit Stiftungsgründungen. Allerdings haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen verändert: Wer als Unternehmer zwar für gute Zwecke, nicht aber für sein Kerngeschäft Verantwortung übernimmt, der tappt in die Greenwashing-Falle.

Von Birgitta Loehr

Gutes zu tun kann eine gewinnbringende Philosophie für Unternehmen sein und als Bestandteil des Kerngeschäftes ein echter Wettbewerbsvorteil werden. „Doing the right thing is not only good for community, it’s also good for business,“ sagt Eric Gales, Präsident von Microsoft Canada. Funktionieren werde das aber nur, wenn für alle Anspruchsgruppen ein klarer Bezug zwischen verantwortlichem Handeln und der Positionierung im Markt und in der Gesellschaft erkennbar ist, weiß Ansgar Zerfaß vom Leipziger Uni-Institut für Kommunikations- und Medienwissenschaft.

Dafür bedarf es einer nachhaltig orientierten Strategie, die im Unternehmen auch gelebt wird. Erst wenn soziale und ökologische Leistungen systematisch Produkte, Dienstleitungen und Prozesse einbinden, werden Unternehmen langfristig positive Aufmerksamkeit erlangen, wird die Loyalität von Kunden und Mitarbeitern steigen und werden neue Kunden und Mitarbeiter gewonnen. Dies belegen Befragungen wie der KWF-Research „CSR im deutschen Mittelstand“, die ICON-Eigenstudie „CSR auf dem Prüfstand 2010“ oder die GfK-Studie „CSR-Kommunikation“.

Wie entsteht aber Wertschöpfung durch Nachhaltigkeit? Dieser Frage stellten sich die Nassauische Sparkasse (Naspa) Wiesbaden und der Fachverband Medienproduktioner (f:mp). Bestandsaufnahme und Analyse standen daher zuerst auf ihrer Agenda und sind Ausdruck eines strategischen Blicks auf die verantwortliche Unternehmensführung, die der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) meint.

Naspa beruft CSR-Botschafter

„Schon bei der Darstellung unserer Ausgangssituation haben wir gesehen, dass die Naspa zwar alle drei Säulen der Nachhaltigkeit bedient, aber in sehr unterschiedlicher Ausprägung“, so der Leiter des Zentralbereichs Unternehmensentwicklung und Kommunikation, Michael Sohl. Vor allem die „Gesellschaft“ steche heraus, bedingt durch die Historie und den öffentlichen Auftrag der Sparkasse.

Die Naspa ist einer der größten Arbeitgeber und Ausbilder der Region und fördert das ehrenamtliche Engagement ihrer Mitarbeiter. Sie führt regelmäßig Qualitätsbefragungen durch oder realisiert Klimaschutz und Energiemanagement. Verbesserungsbedarf wurde bei Innen- und Außenwirkung und bei der Vernetzung der drei Bereiche Ökonomie, Ökologie und Gesellschaft erkannt und soll bis Ende 2012 ausgeglichen sein. In diversen Gesprächen wurden Prioritäten gesetzt und Ziele formuliert – wie die Erstellung eines Leitbildes oder die Berufung von CSR-Botschaftern. Die Mitarbeiter sollen nicht nur wissen und stolz darauf sein, was ihr Arbeitgeber für sie und für die Region leistet, sondern diese Botschaft auch leben. Sohl: „So entstand unsere Vision: Die Naspa als Vorbild und treibende Kraft in Sachen CSR in der Region. Und ein dauerhaftes, sympathisches Image als einen Anteil am nachhaltigen, wirtschaftlichen Erfolg.“

Wie kommen Unternehmen von der Vision zu einem integrierten CSR-Verständnis? „Wir haben ein CSR-Leitbild für die Naspa entworfen, wie wir nachhaltiges Wachstum erreichen wollen und wie weit es bereits besteht“, sagt Sohl. Vier Felder sind entstanden, deren Status Quo und Ziele für alle sichtbar werden sollen: Engagement für die Region, Verantwortung von Mitarbeitern und für Mitarbeiter sowie verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen. Und die Einbindung der Kunden, wozu bereits eine dauerhafte Befragung von 500 Kunden pro Woche per Net Pomotor Score durchgeführt wird. Im nächsten Schritt wird ein Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Kommunikation und der Vernetzung innerhalb der drei Nachhaltigkeitsbereiche erarbeitet und umgesetzt. Ganz oben auf der Prioritätenliste stehen ein Kommunikationsleitfaden, eine CSR-Bilanz, Ökologie und nachhaltige Geldanlagen, wird doch im Gesamtportfolio bisher nur ein einziges Green-Investment-Produkt geführt.

Medienproduktion als „Wegbereiter der Nachhaltigkeit“

Der f:mp kommt seiner gesellschaftlichen Verantwortung nach, indem er seinen Mitgliedern eine nachhaltige Lebens- und Wirtschaftsweise vorstellt. Auftrag des Verbands ist es, durch Aus- und Weiterbildung die Zukunft der Branche und ihrer Mitarbeiter zu sichern. „Diesem Auftrag können wir nur entsprechen, wenn wir uns intensiv mit den ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen der Zeit auseinandersetzen“, erklärt Geschäftsführer Rüdiger Maaß. Der Verband beobachte Märkte und Anbieter, aber auch Nichtregierungsorganisationen und Zielgruppen, und erkannte eine schnelle Zunahme der Nachfrage nach nachhaltigen Lösungen. Speziell die klimafreundliche Druckproduktion mit entsprechend anerkannten Zertifikaten ist auf dem Vormarsch, aber auch der Bereich der strategischen Papierauswahl ist von großer Bedeutung, indem zunehmend Recyclingmaterial mit Blauem Engel oder FSC als Frischfasermaterial eingesetzt wird. Maaß: „Unsere Mission ist es, Lösungen für eine verantwortungsvolle Medienproduktion zu entwickeln, zu fördern und zu lehren – und die Medienproduktion zu einem Wegbereiter der Nachhaltigkeit zu machen.“

Für einen Fachverband sei es besonders wichtig, ein glaubwürdiges Vorbild zu sein. „Das bedeutet für uns, in nachvollziehbaren Schritten und planvoll Maßnahmen zu treffen“, erklärt Maaß. Der Verband begann mit ökologischen Maßnahmen in der Medienproduktion, später rückten verstärkt soziale und ökonomische Aspekte ins Blickfeld. Umfassende Nachhaltigkeitskriterien wie die der Global Reporting Initiative und der United Nations Global Compact Initiative halfen zur Orientierung. „Doch wir sehen noch viel Raum für Verbesserungen, beispielsweise die Aufnahme von Nachhaltigkeitsaspekten wie Green-Procurement. Oder der Waterfoodprint, der zukünftig an Bedeutung gewinnen wird. Wir werden unseren Weg konsequent gehen und immer wieder auf die erforderlichen Verhaltensänderungen hinweisen“, so Maaß. Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung nehmen in Verbandspublikationen und bei Mitglieder-Schulungen einen hohen Stellenwert ein. Und mit dem Arbeitskreis und gleichsam bedeutsamsten Kongress zur nachhaltigen Medienproduktion „Media Mundo“ wurde eine Bewegung ins Leben gerufen, die von Verbänden, Politik und Industrie unterstützt wird.

CSR – ein lebendiger Prozess

Viele Großunternehmen haben die Bedeutung und Wirkung von CSR verstanden und Strategien dazu entwickelt. Erste Erfahrungen sind gemacht, nun geht es ans Nachbessern. Einige erlebten schmerzlich, wie schnell sie in der Greenwashing-Falle landeten und unbarmherzig von Greenpeace, Amnesty International oder direkt von Verbrauchern mittels Social Media angegangen wurden. Bekannte Beispiele sind die „beyond petroleum-Kampagne“ des Mineralölkonzerns BP, der Energiekonzern RWE mit seinem Image-Film vom „grünen Energieriesen“ oder die Fastfood-Kette McDonalds, die ihre Logofarbe einfach mal von rot auf grün umstellte. Der Imageschaden ist oft hoch und es bedarf großer Anstrengungen, verlorenes Vertrauen wiederzugewinnen.

Kleinere und mittlere Unternehmen unterschätzen die Wichtigkeit von CSR oft. Sie sind in der Region verwurzelt und praktizieren Philanthropie aus guter Unternehmenstradition. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und nicht in den Verdacht des Greenwashing zu geraten, müssen sie ihr nachhaltiges Engagement als Teil einer verantwortungsvollen Gestaltung des Kerngeschäfts erkennbar machen. Dazu gehört die Umsetzung von CSR in innerbetrieblichen Bereichen wie der Produktion oder beim Personal. Letztendlich gilt für alle Unternehmen: CSR ist ein lebendiger Prozess, alle Ziele sind Etappenziele.


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