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Erdbeben in China – langfristige Hilfen für Kinder von Migrantenarbeitern

Essen > Drei Wochen nach den verheerenden Erdbeben in China zeichnen nüchterne Zahlen eine Bilanz des Schreckens nach: Etwa 63.000 Tote und 24.000 Vermisste, 360.000 Verletzte in Krankenhäusern, 5,2 Millionen Obdachlose und mehr als 15 Millionen zerstörte Häuser und Wohnungen. Die unfassbare Katastrophe löste in China und weltweit zugleich eine Welle der Hilfe aus: Die chinesische Regierung entsandte 140.000 Soldaten und 200.000 freiwillige zivile Helfer in die Region. Rettungsteams aus Japan, Russland, Süd-Korea, Singapur, Deutschland, Italien und Frankreich unterstützen sie. In China tätige internationale Firmen wie Samsung, Nokia, Daikin, Coca-Cola, Gucci, LG und KFC haben jeweils mehr als 900.00 EUR bereitgestellt, und ausländische sowie in Hong Kong ansässige Firmen spendeten insgesamt 170 Mio. EUR. Doch noch sind lange nicht alle Toten geborgen, das Wasser ist an vielen Orten verschmutzt, Unterbringung und Nahrungsmittelversorgung bleiben eine Herausforderung und die Seuchengefahr ist noch nicht gebannt. Zudem bedrohen Überflutungen die Menschen in der Region.

Das Epizentrum des schwersten Bebens in China seit 30 Jahren lag in der Provinz Sichuan. Mit 87,5 Millionen Einwohnern gehört Sichuan zu den bevölkerungsreichsten Provinzen – und zugleich zu den ärmsten Regionen des Landes. Je nach Schätzung mussten daher zwischen 11 und 20 Millionen Arbeiter aus Sichuan ihre Heimat verlassen, um in anderen Provinzen den Unterhalt für ihre Familien zu verdienen. Auch in Fabriken, die Waren für Karstadt, Primondo und Neckermann produzieren, finden sich Tausende Arbeiter aus der Provinz Sichuan. Manche dieser ‚Gastarbeiter‘ reisen nun in ihre Heimat zurück, um nach ihren Angehörigen – vor allem ihren zurückgelassenen Kindern – zu sehen. Das bringt Probleme für den Wirtschaftskreislauf mit sich.

Arcandor-Vorstands Prof. Helmut Merkel ist verantwortlich für die Sustainable Supply Chain des Handelskonzerns. Er nimmt besonders die langfristigen Folgen des Erdbebens in den Blick und plant ein zukunftsgerichtetes Hilfeprojekt für Kinder. „Forschungsarbeiten chinesischer sozialwissenschaftlicher Institute belegen, dass gerade die zurückgelassenen Migrantenkinder mit größerer Wahrscheinlichkeit in Gesetzeskonflikte geraten, sie obdachlos werden können und mit vielfach erhöhter Wahrscheinlichkeit verlassen oder verschleppt werden – innerhalb Chinas und in andere Länder, um beispielsweise in der Sex-Industrie oder in organisierter Kleinkriminalität zu arbeiten“, berichtet Merkel. Die zusätzliche Traumatisierung durch die Erdbebenereignisse werde die positiven Entwicklungsmöglichkeiten dieser Kinder zusätzlich vermindern.

Als Partner will Merkel die 1919 in London gegründete Hilfsorganisation ‚Save the Children‘ gewinnen. Bereits 1930 half ‚Save the Children‘ Menschen im chinesischen Guanxi, die von schweren Überflutungen betroffen waren. Heute engagiert sich die in Beijing ansässige NGO ‚Save the Children China‘ mit insgesamt 20 regionalen Zentren für bessere schulische und berufliche Ausbildungsmöglichkeiten und den Berufseinstieg Jugendlicher, für ihre sichere Unterbringung, für Migrantenkinder und junge Straffällige und gegen HIV und AIDS. Die NGO kooperiert dabei mit dem Ministry of Civil Affairs und dem Social Work Department der Beijing University. Geplant ist ein Projekt in drei Stufen bis zum Jahr 2011, das traumatisierten Kindern mit besonderem Fokus auf zurückgelassene Kinder von Migrantenarbeitern psychologische und pädagogische Betreuung sowie Ausbildung und Weiterbildung vermitteln soll. Es geht um die Linderung der Folgen des Bebens – und um Zukunftsperspektiven für eine arme Region. Etwa 200.000 EUR wird das Projekt an Spenden benötigen. Merkel setzt dabei auf internationale Hilfe – und auf Unterstützung aus China selbst.


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