Herzogenaurach > Die Supply-Chain-Herausforderungen der globalen Sportartikelhersteller lassen sich nur im Verbund lösen. Davon ist Dr Reiner Hengstmann, Global Head S.A.F.E. bei PUMA, überzeugt. Hengstmann sprach aus dem südchinesischen Dongguan mit CSR NEWS, wo er derzeit die Produktionsstätten eines in die Kritik geratenen Puma-Zulieferers überprüft. Das taiwanesische Unternehmen Taiway Sports LTD gehört zur Taiwan Diamond Group und stellt Sportschuhe her. Der SPIEGEL berichtete in der vergangenen Woche unter Berufung auf einen Bericht der China Labor Watch (CLW) von weitreichenden Überstunden und unangemessener Entlohnung in dem Unternehmen.
Die Entwicklung einer Gewerkschaftsbewegung in Staaten ohne demokratische Tradition ist eine noch nicht gelöste Herausforderung. Hengstmann und seine Kollegen setzen von daher neben Audits auch auf Schulungen – und zwar zuerst im Management. Gemeinsam mit Nike und adidas und mit dem TÜV Rheinland Hongkong als Maßnahmeträger führt PUMA Managementschulungen zu den Themen Arbeitsrecht und Personalentwicklung durch. Das Pilotprojekt steht vor dem Abschluss. Mit den Erfahrungen aus China soll ein ähnliches Programm in Vietnam an den Start gehen.
Andere Schulungen zu Umwelt- und Supply-Chain-Management Themen werden derzeit ebenfalls mit verschiedenen Partnerorganisationen wie z.B. Neville Clark oder der Fair Labor Association (FLA) durchgeführt. Dabei wird ein Managementsystem vorgestellt, implementiert und in einem abschließenden Schritt der Erfolg der Umsetzung geprüft.
Etwa 400 Zulieferer sind bei PUMA unter Vertrag. Die Lieferanten außerhalb Westeuropas werden zu 100 Prozent auditiert. Dass es in Hongkong Unternehmen gibt, die für Firmen auf dem chinesischen Festland Arbeitszeitdokumentationen und andere Papiere fälschen, ist für Hengstmann nicht neu. PUMA setzt deshalb auf Konsequenz und Präsenz: Bei Verstößen gegen den für das Unternehmen und seine Lieferanten geltenden Verhaltenskodex gibt es einen ‚warning letter‘. Der Sportartikelhersteller hat sich bereits vor Jahren von 33 Lieferanten getrennt, die den Anforderungen dauernd nicht entsprachen; eine Praxis die bis heute eingehalten wird. Mit insgesamt 12 S.A.F.E. Auditoren und davon drei chinesischen Mitarbeitern ist PUMA selbst in seinen Zulieferunternehmen unterwegs, die FLA sorgt für eine externe Verifizierung und Kontrolle des internen Compliance Systems. Die lokalen Kontrolleure hinterlassen in der Belegschaft Visitenkarten mit ihren Adressen und Handynummern. Davon soll dann bei Arbeitsrechtsverstößen Gebrauch gemacht werden können, was zumindest teilweise gelingt. Und in großen Zulieferbetrieben ist das Unternehmen aus Herzogenaurach mit eigenen Technikern präsent.
PUMA ist Mitglied im UN Global Compact, der Fair Labor Association und dem Weltverband der Sportartikelhersteller (World Federation of the Sporting Goods Industry, WFSGI).
adidas und Nike gehören ebenso zur WFSGI wie über 100 Hersteller, Händler und Verbände der Sportartikelbranche. Die Situation an den Produktionsstandorten erfordert die Zusammenarbeit ebenso wie der Preisdruck, dem die Branche unterliegt. Der Weltverband wird im Mai in Peking zusammen kommen.
Mit dem China Labor Watch Report ist Hengstmann nicht einverstanden. Vor Ort in Dongguan hat er Vieles anders vorgefunden als in dem Bericht dargestellt. Größere Objektivität billigt der Chef der Abteilung Umwelt und Soziales da schon dem über Jahre recherchierten und von einem Netzwerk von NGOs und Gewerkschaften verfassten Bericht ‚Fair Play 2008‘ Report zu. „Es bleiben Herausforderungen“, betont Hengstmann, der deshalb mit Blick auf die Zukunft der Kooperation der Unternehmen innerhalb der Branche und dem Austausch mit Nichtregierungsorganisationen große Bedeutung beimisst. Dazu lädt PUMA auch in diesem Jahr wieder Kritiker und Experten zu seiner Multi-Stakeholder-Dialogveranstaltung „Banzer Gespräche“ ein. Ein Fokus wird, wie bereits im Vorjahr auf der besonderen Situation in China liegen.
Foto: PUMA-Verwaltungszentrale in Herzogenaurach (PUMA)