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Ideal des ehrbaren Kaufmanns

Das Kieler Institut für Weltwirtschaft verlieh dem italienischen Modeunternehmer Brunello Cucinelli den renommierten Weltwirtschaftlichen Preis.

Kiel (csr-news) > Ein T-Shirt für rund 300 Euro, eine Jogginghose für mehr als 500 Euro und ein Kaschmirpullover für knapp unter 1.000 Euro. Wer bei Brunello Cucinelli S.p.A einkauft, muss schon sehr tief in die Geldbörse greifen. Vielleicht sind diese Preise eine Voraussetzung um als Modeunternehmer in der eigenen Region produzieren zu können. Rund 400 Millionen Euro erlöst das Unternehmen pro Jahr und sein Wert beträgt an der Mailänder Börse über eine Milliarde Euro. Brunello Cucinelli ist längst mehr als ein klassischer Mittelständler und doch erinnert die Unternehmensführung eher an den Familienbetrieb, als an ein weltweit tätiges Unternehmen mit rund 1.500 Mitarbeitern. „Brunello Cucinelli ist anders als viele andere, die ihr Geld ebenfalls mit Kleidung verdienen“, sagte Professor Dennis J. Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, in seiner Laudatio. Der italienische Modeunternehmer wurde am Wochenende mit dem „Weltwirtschaftlichen Preis“ des Instituts ausgezeichnet. Cucinelli ist CEO des Unternehmens und  – auch da eher Mittelständler – gleichzeitig Vorsitzender des Aufsichtsrats.

Mensch und Umwelt respektieren

In einer Zeit, in der textile Lieferketten die ganze Welt umspannen, die Arbeitsbedingungen eher als prekär gelten und die Produkte möglichst billig sein müssen, um dem Trend der Fast Fashion zu entsprechen, geht Brunello Cucinelli einen anderen Weg. Mit Kaschmir hat er sein Unternehmen gegründet und Kaschmir hat ihn zum erfolgreichen Unternehmer werden lassen. „Ich wollte ein Material, das quasi unsterblich ist. Kaschmir hält Jahrzehnte, wenn man es richtig pflegt“, sagte er im vergangenen Jahr in einem Interview mit dem Zeit-Magazin. In eben diesem Interview betonte er auch, wie wichtig es ihm sei, Mensch und Umwelt zu respektieren.

„Brunello Cucinelli entspricht im besten Sinne unserer Vorstellung eines ehrbaren Kaufmanns, der den unternehmerischen Erfolg mit sozialer Verantwortung verbindet.“
Professor Dennis J. Snower, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel

 

Dieser Respekt schlägt sich auch in der Unternehmensführung wieder und hat ihm nun den „Weltwirtschaftlichen Preis“ beschert. Rund 1.000 Familienbetriebe in der Region Umbrien, rund um den kleinen Ort Solomeo, dem Sitz des Unternehmens, sind seine Zulieferer. Das sichert Arbeitsplätze und stabilisiert die ganze Region. Hinzu kommt: Etwa ein Fünftel der Gewinne des Unternehmens werden in eine Stiftung eingebracht, die sich ganz der Nachhaltigkeit verschrieben hat. So wurden etwa in den letzten Jahren brachliegende Industrieflächen nach Rekultivierung der Böden in Ackerland und Flächen für Wein- und Olivenanbau zurückverwandelt. „Damit tut Brunello Cucinelli auch der Umwelt und seiner Heimatregion etwas Gutes“, hieß es in der Laudatio. Seinen Angestellten bezahlt Cucienlli rund 20 Prozent über dem Durchschnittslohn, die Arbeitszeit ist von 8 Uhr bis 17.30 Uhr begrenzt, inklusive 1,5 Stunden Mittagspause.

Was hat Brunello Cucinelli zu einem vorbildlichen Unternehmer werden lassen? Die Antwort auf diese Frage dürfte in seiner Jugend liegen. Geboren am 23. September 1953 in Castel Rigone, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. Als er 16 Jahre alt war, musste sein Vater einen Job in der Stadt annehmen, wo er sehr schlecht behandelt wurde. Jeden Abend sah Brunello Cucinelli, wie sein Vater darunter litt und schwor sich: Egal welche Arbeit er später einmal machen würde – Schaden würde er dabei niemandem zufügen.

Ein ruhender Pol in unruhigen Zeiten

„Brunello Cucinelli entspricht im besten Sinne unserer Vorstellung eines ehrbaren Kaufmanns, der den unternehmerischen Erfolg mit sozialer Verantwortung verbindet“, so Dennis J. Snower. „Er hat sein Modeunternehmen von Grund auf selbst aufgebaut – und stets mehr als den maximalen Profit im Blick gehabt: Er will den Menschen in seiner Heimatregion in Italien eine dauerhafte Perspektive geben und das Gefühl, gebraucht zu werden. Menschliches Handeln ist in allen Bereichen seine Maxime.“ In einer globalisierten Welt, die zunehmend aus den Fugen gerät, in der der menschliche Faktor den langfristigen wirtschaftlichen Erfolg vorantreiben soll, sei Cucinelli ein ruhender Pol. „Sie zeigen die Richtung in eine nachhaltige unternehmerische Zukunft auf“, so Snower. „Das ist beispielhaft – und es ist mir daher eine große Ehre, Sie heute mit dem Weltwirtschaftlichen Preis in der Kategorie „Wirtschaft“ auszeichnen zu dürfen.“


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