London (csr-magazin) > Die Menschenrechtsvorwürfe gegen den deutschen Konzern ThyssenKrupp betreffend seines Stahlwerks in Brasilien zeigen, dass Unternehmen transparent agieren müssen – insbesondere im Bezug auf die Achtung der Menschenrechte im Ausland, sowie auch in ihren Heimatländern. ThyssenKrupp wird vorgeworfen durch den Betrieb seines CSA-Stahlwerks in Brasilien Gesundheits- und Umweltschäden zu verursachen. Lokale Gemeinden und Sprecher der Zivilgesellschaft stellen das durchgeführte Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung in Frage. ThyssenKrupp betont, dass das CSA-Stahlwerk über hochmoderne Technologien verfügt und die internationalen Emissionsgrenzen einhält. Obwohl die Betriebsgenehmigung aufgrund der Bedenken der lokalen Gemeinden und der Zivilgesellschaft kurzweilig von der Umweltbehörde gestoppt wurde, ist diese dem CSA-Stahlwerk nun im Oktober erteilt worden. Das Vertrauen zwischen dem Unternehmen und den lokalen Gemeinden bleibt gebrochen.
von Isabel Laura Ebert,
Business & Human Rights Resource Centre, London
Deutschlands große Unternehmen könnten als Pioniere voranschreiten und die Menschenrechte in ihren Sektoren und Branchen, aber auch im Mittelstand, achten oder gar fördern. Schöpfen die Konzerne dieses Potential aus? In einer kürzlich durchgeführten Umfrage unter den führenden börsennotierten deutschen Unternehmen (DAX30), haben sich zwei Drittel der Unternehmen dazu entschieden, Informationen über ihre Menschenrechtspolicies und -praktiken über die Company Action Platform des Business and Human Rights Resource Centre zu veröffentlichen.
Die Unternehmen hoben fünf Schlüsselbereiche hervor, in denen sie Maßnahmen zur Achtung der Menschenrechte ergreifen:
- Beschwerdemechanismen: Der Zugang zu betrieblichen Beschwerdemechanismen unterstützt ein Unternehmen bei der Etablierung eines Frühwarnsystems zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen sowie zur Minderung von eventuellen Missständen. Als eines der ersten Unternehmen, das seinen Beschwerdemechanismus an die UN-Leitprinzipien zu Unternehmen und Menschenrechten (UN Guiding Principles on Business and Human Rights/UNGPs) angepasst hat, führte Adidas einen weltweiten Beschwerdemechanismus ein. Auf regionaler Ebene startete Adidas im Jahr 2012 eine SMS-Beschwerde-Hotline für Arbeitskräfte seiner Fertigungspartner in Indonesien. Es ist bislang in 14 Fabriken eingeführt und erreicht rund 80.000 Arbeitskräfte. Dies ermöglicht Adidas unabhängig zu verfolgen, wie Lieferanten vor Ort mit Beschwerden umgehen.
- Einbindung von lokalen Gemeinden und Stakeholder-Gruppen: Um ein besseres Bild der Interessen und Bedürfnissen lokaler Gemeinden zu gewinnen, welche von den Aktivitäten eines Unternehmens betroffen sind, werden konkrete Maßnahmen zur Beteiligung von Stakeholder-Gruppen durch mehrere DAX30-Unternehmen ergriffen. Die Allianz verweist auf ihr ESG-Rahmenwerk als Kerndokument, in dem der Ansatz des Unternehmens zu Menschenrechten zusammengefasst wird. Die Community Advisory Panels der BASF dienen als Diskussionsforum auf lokaler Ebene. Die Panels bestehen aus einer Gruppe von Anwohnern aus der Nachbarschaft einer Chemiefabrik, welche die Interessen der Gemeinden im Rahmen des Panels gegenüber der Betriebsführung vertreten.
- Schulungen zu Menschenrechten: Bayer weist auf die Durchführung von Menschenrechtsschulungen hin, an denen im Jahr 2015 52 Prozent der Belegschaft teilnahmen. Die Deutsche Post veranstaltet spezifische Trainings für ihre Beschäftigten im Rahmen des Employee Relations Forum, welches im Jahr 2013 als Governance-Gremium bestehend aus Mitarbeitervertretenden aller Unternehmensbereiche und der Konzernzentrale gegründet wurde. Mit der 2015er Kampagne zu „Diversity & Inclusion“ zielt Henkel darauf ab, das Verständnis von Vielfalt und respektvollem Verhalten im Konzern zu stärken.
- Einbindung von Geschäftspartnern und menschenrechtliche Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette: Im Rahmen der Global Business Partner Risk Management-Richtlinie legt Merck fest, dass alle Partner zur Einhaltung von international anerkannten Menschen- und Arbeitsnormen verpflichtet sind. Volkswagen verwies neben ähnlichen Maßnahmen auf eine neue Leitlinie zu Konfliktrohstoffen vor.
- Impact Assessment zu Menschenrechten (Human Rights Impact Assessments): Als entscheidender Schritt für ein Unternehmen, um seine Auswirkungen auf die Menschenrechte abzuschätzen, unterstreichen die UNGP die Notwendigkeit spezifische Impact Assessments zu Menschenrechten durchzuführen. Im Rahmen des „Human Rights Respect System“ erhebt Daimler an den Produktionsstandorten Informationen zur Menschenrechtssituation. Daimler betont, auf der Grundlage der Ergebnisse des Impact Assessments zu handeln und Maßnahmen umzusetzen. So identifizierte Bayer die Vermeidung von Kinderarbeit als eine zentrale Herausforderung für ein nachhaltiges Lieferantenmanagement. Daher hat Bayer CropScience Maßnahmen zur Vermeidung von Kinderarbeit in der Saatgutversorgung in Indien, Bangladesch und den Philippinen durch Kinderbetreuungsprogramme eingeführt.
Insgesamt ist die Art und Weise, in der deutsche Unternehmen mit Menschenrechte auf Policy- und Managementebene umgehen, sehr unterschiedlich. Viele DAX30 ergreifen lobenswerte erste Schritte – gleichzeitig ist es unabdingbar, das die Achtung der Menschenrechte effektiv über alle Geschäftseinheiten hinweg sichergestellt wird – dies bedeutet auch, dass Marktführer wie ThyssenKrupp Maßnahmen vor Ort abstimmen sollten, um Missbrauch zu verhindern und zu beheben. Nur durch die Umsetzung von Policies in die Praxis können deutsche Unternehmen aktiv Menschenrechte achten und im besten Falle fördern.