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Konfliktmineralien – Wie Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht in der Lieferkette nachkommen können

Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold, alles Rohstoffe die in vielen Produkten verwendet werden, die aber gleichzeitig mit oftmals problematischen Abbaubedingungen verbunden sind. Konfliktmineralien werden sie deshalb genannt, vor allem, wenn sie aus der Demokratischen Republik Kongo und deren Anrainerstatten stammen, wo kriminelle Strukturen den Abbau prägen und durch die Einnahmen nicht selten blutige Auseinandersetzungen finanziert werden. Ein Dilemma für zahlreiche Unternehmen, denn bislang sind sie noch auf die Rohstoffe angewiesen. Ob und wie sie dennoch Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette sicherstellen können, wurde nun in einer europaweiten Studie untersucht.

Heilbronn (csr-news) > Zinn, Tantal, Wolfram oder Gold, alles Rohstoffe die in vielen Produkten verwendet werden, die aber gleichzeitig mit oftmals problematischen Abbaubedingungen verbunden sind. Konfliktmineralien werden sie deshalb genannt, vor allem, wenn sie aus der Demokratischen Republik Kongo und deren Anrainerstatten stammen, wo kriminelle Strukturen den Abbau prägen und durch die Einnahmen nicht selten blutige Auseinandersetzungen finanziert werden. Ein Dilemma für zahlreiche Unternehmen, denn bislang sind sie noch auf die Rohstoffe angewiesen. Ob und wie sie dennoch Nachhaltigkeit entlang der Wertschöpfungskette sicherstellen können, wurde nun in einer europaweiten Studie untersucht.

27 Supply Chain-Experten aus den Industriezweigen Raumfahrt und Verteidigung, Maschinenbau, Schmuck, Automobile sowie Elektronik befragten Martin Schleper von der German Graduate School of Management and Law (GGS) und ein Team der Universität Sussex, um herauszufinden, wie Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht in der Lieferkette (Due Diligence entlang der Supply Chain) nachkommen. Es ging ihnen um die Beweggründe, ebenso wie die konkreten Maßnahmen die Unternehmen tatsächlich nutzen, aber auch welche Resultate sie damit erzielen. Abhängig von Größe, Branche und Position in der Lieferkette konnten die Wissenschaftler damit konkrete Handlungsempfehlungen für Unternehmen im Umgang mit Konfliktmineralien ableiten.

Vorreiter mit motivierender Wirkung

So fanden die Forscher höchst unterschiedliche Beweggründe, die Unternehmen dazu veranlassen, Due Diligence-Maßnahmen entlang der Wertschöpfungskette durchzuführen. Oftmals kommt der Impuls von außen, beispielsweise, weil Unternehmen freiwillige Verpflichtungen oder gesetzliche Verordnungen erfüllen müssen. Es gibt aber auch Unternehmen, die für die Konfliktmineralienproblematik sensibilisiert sind. Sie haben oftmals eine motivierende Wirkung auf andere Unternehmen, sich dieses Themas ebenfalls anzunehmen. Vor allem in der Elektronik- und Schmuckindustrie ist dieser Typ ausgeprägt, schreiben die Forscher. Dies geht soweit, dass sich einzelne Unternehmen einem Benchmarking stellen und Probleme und bewährte Praktiken des Konfliktmineralienmanagements in informellen Industriegruppen diskutieren und austauschen. Und dann gibt es noch Unternehmen, die müssen sich dem Thema stellen, um mit bestimmten, meist großen Konzernen, eine Geschäftsbeziehung eingehen zu können. Diese nehmen ihre Reputationsrisiken sehr ernst und verlangen von ihrer Lieferkette entsprechend hohe Anforderungen.

Compliance oder Commitment

Doch wie können Unternehmen die Einführung der Sorgfaltspflicht sicherstellen? In ihrer Studie fanden die Forscher drei dominierende Muster: Compliance, Commitment und das analytische Muster. Compliance ist in den untersuchten Branchen weit verbreitet und wird in der Regel sehr strikt durchgesetzt. Hierzu zählen beispielsweise die Ausgabe von Verhaltenskodizes, die Formulierung verpflichtender Richtlinien sowie Vertragsklauseln zur ethischen Rohstoffbeschaffung. Die Vorgabe von Compliance-Maßnahmen erfordert allerdings eine marktbeherrschende Stellung in der Wertschöpfungskette. In der Regel werden Compliance-orientierte Ansätze deshalb von größeren Unternehmen verfolgt. Das zweite Muster Commitment basiert vorwiegend auf kooperativen Praktiken. In ihm finden sich Unternehmen, die sich engagieren und ihre Lieferanten bei der Erfüllung der Due Diligance-Anforderungen unterstützen. Insbesondere bei Unternehmen aus der Automobil-, Elektronik- und Maschinenbauindustrie findet man dieses Muster. Der Commitment-Ansatz konzentriert sich auf positive Maßnahmen wie Lernen, Kooperation, positive Anreizsysteme und gegenseitigen Respekt. Firmen, die sich am analytischen Muster orientieren, haben zumeist noch keinen Compliance-Prozess abgebildet, sind aber auf dem Weg dorthin. Sie wollen detaillierte Einblicke in die Zusammensetzung der eingekauften Produkte und Komponenten gewinnen. Dazu analysieren sie die chemischen Strukturen der Produkte, um Informationen über eventuelle Konfliktmineralien innerhalb von Produkten und Komponenten zu erhalten.

Positive Reputationseffekte

Unternehmen, die Due Diligence-Ansätze implementieren, profitieren von drei Effekten, so ein Fazit der Studie. Da sie die Kundenerwartungen erfüllen, erzielen sie Reputationseffekte und können ihre Attraktivität bei Kunden, Investoren und weiteren Stakeholdern steigern. Die Folge sind höhere Marktanteile, nicht nur für das eigene Unternehmen, sondern für die ganze Wertschöpfungskette. Aufgrund gesunkener Kosten durch effektiveres Risikomanagement verbessert sich häufig auch die finanzielle Situation des Unternehmens. Denn durch die Offenheit der Lieferanten können Gefahrenherde leichter identifiziert und die Produkte als konfliktfrei vermarktet werden, was insbesondere für den US-Markt von Bedeutung ist. Das gemeinsame Ziel der sozialen Verantwortung funktioniert entlang der Wertschöpfungskette nur, so die Forscher, durch einen gemeinsamen Dialog, der wiederum neue Netzwerke und Allianzen erzeugt. Diese zahlen sich dann gerade in Krisenzeiten oder bei neu auftretenden Gesetzgebungen aus.

Management muss Due Diligence vorleben

Stellt sich die Frage, wie die Einführung von Sorgfaltsmaßnahmen in der Praxis forciert werden kann? An erster Stelle stehen nach Meinung der befragten Experten externe Tools und Unterstützungssysteme wie beispielsweise die Conflict Free Smelter Initiative (CFSI), die iPoint Conflict Minerals Platform oder das neu gegründete octopus-data.net, die einen standardisierten Informationsaustausch zwischen Unternehmen ermöglichen und bei der Identifizierung konfliktmineralhaltiger Produkte helfen. Vertrauen und Macht sind wiederum wichtige Werte, um Compliance-, Commitment- und analytische Muster zu implementieren. Vor allem Großunternehmen in Endkundennähe können mit ihrem Einfluss Wertschöpfungsketten nachhaltig prägen. Dies geht allerdings nur, wenn das Konfliktmineralienmanagement vom Top-Management unterstützt wird, idealerweise durch die Formulierung eines klaren und gelebten Leitbilds sowie das Aufbringen der nötigen Ressourcen.

Unklare Formulierungen bieten Interpretationsspielraum

Dennoch konnten die Forscher auch Barrieren bei der Einführung von Due Diligence-Maßnahmen feststellen, beispielsweise Lücken in den Regularien. So bietet etwa die Formulierung „angemessene Maßnahmen“ einen zu großen Interpretationsspielraum, mit dem Risiko, dass Konfliktmineralien in die Lieferkette gelangen können. Ein weiteres Hindernis taucht unmittelbar in der Marktstruktur auf. Denn die Zahl der zertifizierten Schmelzereien ist derzeit zu gering, um den Bedarf an konfliktfreien Rohstoffen flächendeckend bedienen zu können. Auch die Komplexität der Wertschöpfungsketten erschwert die Implementierung. Sei es durch große geografische Entfernungen oder Produkte mit unklarer Herkunft ihrer Bestandteile, was die Durchführung analytischer Verfahren erschwert. Zudem gibt es eine ökonomische Komponente, vor allem für kleinere und mittelständische Betriebe mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen.

Einführung einer Compliance-Kultur

Durch die aus den Interviews gewonnenen Erkenntnisse konnte die Forschergruppe konkrete Empfehlungen zur Einführung von Due Diligence-Maßnahmen ableiten. Unternehmen, die nah am Endkunden sind, verfügen in der Regel über ein hohes Maß an Einfluss bei ihren Zulieferern und sind stärker regulativen Maßnahmen ausgesetzt. Diesen Unternehmen wird die Einführung einer Compliance-Kultur empfohlen. Hersteller von Komponenten (First-Tier-Lieferanten) unterliegen entweder regulativen Anforderungen oder sollten Konfliktmineralienmanagement aus Wettbewerbsgründen vorweisen. Ist ein entsprechendes Bewusstsein vorhanden, empfehlen die Forscher diesen Unternehmen, die Compliance-Anforderungen an Lieferanten weiterzugeben. Analytische Ansätze eignen sich hingegen für Komponentenhersteller, die erstmalig mit Compliance-Anforderungen konfrontiert sind. Im Gegensatz dazu sind Schmelzereien und Raffinerien stark den Anforderungen des Gesetzgebers und ihrer Kunden ausgesetzt, haben aber oft nicht die finanziellen Mittel, um ihnen gerecht zu werden. In diesem Fall könnten die Compliance-Maßnahmen an Zertifizierungsorganisationen ausgelagert werden, die wiederum von größeren Unternehmen abwärts der Wertschöpfungskette finanziert werden.

Übertragbar auf andere Wertschöpfungsketten

Die Studie eruiert die Einführung von Due Diligence-Maßnahmen als effektiven Ansatz für ein nachhaltiges Risikomanagementsystem entlang globaler Wertschöpfungsketten. Als Alternative zu etablierten Zertifizierungsmechanismen helfen sie, bislang nicht regulierte Wertschöpfungsketten von problematischen Rohstoffen zu befreien. Nicht nur bei Konfliktmineralien, sondern auch bei der Produktion von Palmöl, Sojabohnen oder tropischen Hölzern, die häufig mitverantwortlich für schwere Konflikte sind.

Die vollständige Studie „Conflict Minerals and Supply Chain Due Diligence: An Exploratory Study of Multi-tier Supply Chains“ zum Download.


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