Berlin/Stuttgart (csr-news) > Im September hat es Daimler-Chef Dieter Zetsche angekündigt, jetzt haben die ersten 40 Flüchtlinge und Asylbewerber ein sogenanntes Brückenpraktikum begonnen. Die Teilnehmer kommen aus Afghanistan, Eritrea, Gambia, Nigeria, Pakistan sowie Syrien und sind zwischen 20 und 51 Jahre alt. Daimler arbeitet bei dem Programm mit der Bundesagentur für Arbeit und Jobcentern zusammen, ebenso wie die Deutsche Bahn die ebenfalls ein Umschulungsprogramm für zunächst 15 Flüchtlinge gestartet hat.
Das Brückenpraktikum bei Daimler dauert 14 Wochen. Die Teilnehmer wurden von der Bundesagentur für Arbeit und den zuständigen Jobcentern Stuttgart und Esslingen ausgewählt. Sie würden, so betont der Konzern, nicht in Konkurrenz zur Stammbelegschaft oder zu Zeitarbeitskräften stehen. Gleichwohl könnten sie bei erfolgreicher Teilnahme an andere Unternehmen oder Zeitarbeitsfirmen weitervermittelt werden. Wilfried Porth, Vorstand für Personal der Daimler AG sagt: „Wir sehen Zuwanderung als Chance. Dazu muss die Integration der Flüchtlinge gelingen. Zu dieser politischen und gesellschaftlichen Aufgabe tragen wir mit dem Brückenpraktikum bei, um den Menschen einen Weg in den deutschen Arbeitsmarkt zu ebnen.“
Täglich dreieinhalb Stunden Deutschunterricht
Die Teilnehmer am Brückenpraktikum starten täglich mit den Kollegen der Frühschicht um 6.00 Uhr. Die Arbeitszeit im praktischen Teil beträgt dreieinhalb Stunden pro Werktag. Dabei sollen in der Achsfertigung und der Logistik erste Grundfertigkeiten für die Arbeit in der Industrieproduktion vermittelt werden. So lernen sie unter anderem, wie Maschinen bestückt oder Bauteile sortiert und bereitgestellt werden. Zudem sollen sie Einblicke erhalten, wie Daimler-Mitarbeiter Roboter-Schweißmaschinen bedienen oder andere Maschinen warten. In jeweils weiteren dreieinhalb Stunden täglich lernen die Flüchtlinge in Kleingruppen von je zehn Personen Deutsch und werden beispielsweise bei Bewerbungsschreiben unterstützt. „Die Integration von Menschen gelingt am besten am Arbeitsplatz“, so Michael Brecht, Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats der Daimler AG. „Im gemeinsamen Tun entsteht Verständnis füreinander. Es freut uns daher sehr, dass viele Kolleginnen und Kollegen sich bereit erklärt haben, eine Patenschaft für die Brückenpraktikanten zu übernehmen“.
Ausweitung auf weitere Standorte geplant
Die Bundesagentur für Arbeit finanziert die ersten sechs Wochen der Brückenpraktika. In den folgenden acht Wochen vergütet Daimler die tägliche Arbeitszeit von dreieinhalb Stunden auf Basis des Mindestlohngesetzes. Die Finanzierung der Deutschkurse übernimmt Daimler für die komplette Dauer der Brückenpraktika. „Wir nehmen unsere gesellschaftliche und soziale Verantwortung als großes Unternehmen wahr und stellen unsere Infrastruktur zur Verfügung. Wir können hier sicher mehr leisten als viele kleine und mittelgroße Firmen, die nicht unsere Möglichkeiten haben“, so Porth. Das jetzt gestartete erste Brückenpraktikum findet im Mercedes-Benz Werk in Stuttgart-Untertürkheim statt, soll aber in den kommenden Wochen und Monaten auf zusätzliche Standorte ausgeweitet werden. Insgesamt will Daimler mit dem Brückenpraktikum in Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit mehrere Hundert Flüchtlinge und Asylbewerber auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereiten.
Qualifizierung beginnt mit viermonatigen Sprachkursen
Und auch bei der Deutschen Bahn hat das erste Qualifizierungsprogramm für Flüchtlinge mit Berufserfahrung begonnen. DB-Personalvorstand Ulrich Weber stellte das neue Programm und weitere Projekte für junge Flüchtlinge in München vor. So sollen zunächst 15 Berufserfahrene eine Umschulung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei der DB in München absolvieren. Die Qualifizierung beginnt mit viermonatigen Sprachkursen für Anfänger und Fortgeschrittene. Die fachliche Umschulung bei DB Fernverkehr dauert bis zu 28 Monate. Bei erfolgreichem Verlauf plant die DB, das Programm in Bayern auszubauen und regelmäßig anzubieten.
Teilnehmer stammen aus acht Ländern
Zustande gekommen ist das Programm für erwachsene Flüchtlinge aufgrund einer engen Zusammenarbeit mit mehreren Partnern – der Bundesagentur für Arbeit (BA), der Landeshauptstadt München und der IHK für München und Oberbayern (IHK) sowie dem Bildungswerk der Bayrischen Wirtschaft. Die Teilnehmer stammen aus acht Ländern, darunter Nigeria, Eritrea, Kongo, Iran, Algerien, Somalia, Syrien, Tunesien. Sie bringen alle Berufserfahrung im elektrotechnischen Bereich mit. Einige sind erst wenige Monate in Deutschland, andere bereits mehrere Jahre. Zuvor wurden in einem eigens entwickelten Verfahren mit Auswahl- und Profiltagen die Vorkenntnisse, Kompetenzen und die Förderfähigkeit geprüft. Weber: „Mit dem Münchner Programm gehen wir einen neuen Weg und geben berufserfahrenen Flüchtlingen im technischen Bereich eine Perspektive. Es zeigt: Wenn Viele mithelfen, kommt etwas in Bewegung, von dem alle Beteiligten profitieren.“
Chance plus für Flüchtlinge
Gleichzeitig bietet die DB jungen Flüchtlingen Plätze im Rahmen des DB-Berufsvorbereitungsjahres „Chance plus“ an. Bei DB Netz, DB Fahrwegdienste und der DB RegioNetz Verkehrs GmbH in München sind es aktuell zunächst sechs Plätze in vor allem gewerblich-technischen Berufen, bundesweit sind weitere 30 Plätze für junge Flüchtlinge in anderen Regionen geplant. „Chance plus“ ist eine Einstiegsqualifizierung für Jugendliche, die noch keine Ausbildungsreife haben. Neben praktischen Tätigkeiten bei der DB stehen unter anderem Bewerbungs- und Kommunikationstraining, klassischer Schulunterricht sowie ein Sprachkurs auf dem Stundenplan.
Die kommende Ausgabe des CSR-MAGAZINs (erscheint am 10.Dezember 2015) widmet sich in einem Schwerpunkt dem Thema „Arbeit und Migration“.