Berlin (csr-news) > In Dax-Konzernen werden jedes Jahr mehrere Tausend mutmaßliche Verstöße gegen Gesetze oder interne Compliance-Vorschriften gemeldet. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Wirtschaftsmagazins Capital unter den größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland. Nach dem VW-Skandal hatte das Magazin allen Dax-Konzernen – mit Ausnahme von VW – einen umfangreichen Fragenkatalog zu ihren internen Compliance-Regeln und -systemen geschickt. Von den 29 angefragten Konzernen antworteten 21 mehr oder weniger ausführlich, immerhin sieben Unternehmen machten konkrete Angaben zu gemeldeten Fällen und den Konsequenzen für betroffene Mitarbeiter.
Mehr als 2.200 Meldungen
So liefen 2014 über weltweite interne Melde-Systeme und Hotlines bei BASF, Daimler, der Deutschen Telekom, dem Energiekonzern EON, Henkel, dem Pharmaunternehmen Merck und dem Sportartikelhersteller Adidas knapp 1.600 Beschwerden und Meldungen über mutmaßliche Verstöße auf. Siemens antwortete zwar nicht auf die Anfrage, veröffentlicht die Zahlen aber im jährlichen Compliance-Bericht: Dort wurden im vergangenen Geschäftsjahr 653 mutmaßliche Verstöße gemeldet. Von diesen insgesamt mehr als 2.200 Meldungen stellten sich meist zwischen einem Drittel und der Hälfte der Beschwerden als stichhaltig heraus – diese wurden dann nach Angaben der Unternehmen intensiver geprüft. Bei diesen Prüfungen erwiesen sich in der Regel wiederum die Hälfte der Eingaben als zutreffend und wurden nach Angaben der Unternehmen disziplinarisch geahndet.
Kaum Angaben über Konsequenzen
Nur zwei der angefragten Unternehmen machten auch Angaben über die Konsequenzen: So verloren 2014 aufgrund eines Gesetzes- oder Compliance-Verstoßes bei Henkel 26 Mitarbeiter weltweit ihren Job, 20 weitere erhielten eine Abmahnung. Beim Siemens-Konzern wurden 2014 114 Mitarbeiter abgemahnt, 50 erhielten die Kündigung. Alle Konzerne, die sich an der Umfrage beteiligten, gaben an, Anlaufstellen für anonyme Whistleblower geschaffen zu haben. In neun der 21 antwortenden Unternehmen berichten die Chief Compliance Officer nicht nur einem Vorstandsmitglied oder dem Vorstandschef, sondern zusätzlich auch dem Aufsichtsrat. Während einige Unternehmen wie Telekom oder ThyssenKrupp ihre Kontrollstrukturen sehr ausführlich erklärten, schickten Unternehmen wie Linde oder HeidelbergCement nur wenige allgemeine Zeilen. Auch die von Skandalen erschütterte Deutsche Bank antwortete auf keine der insgesamt elf Fragen präzise. Keine Angaben zu ihren internen Kontrollsystemen machten auf Anfrage die Unternehmen Siemens, Bayer, Continental, Infineon, K+S, RWE, SAP und Beiersdorf.