Berlin (csr-news) > Alle zwei Jahre befragt das Bundesumweltamt einen repräsentativen Teil der Bevölkerung nach seinen Einstellungen zu Umwelt- und Klimaschutz und seinem diesbezüglichen, persönlichen Verhalten. Heute wurde die aktuelle Untersuchung vorgestellt und die zeigt ein sich veränderndes Bewusstsein. Umwelt- und Klimaschutz werden weniger als Problem gesehen, sondern vielmehr als Teil der Lösung für Zukunftsaufgaben, Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätze.
Bereits seit den 1960er Jahren lässt sich in Deutschland ein sich weiterentwickelndes Umweltbewusstsein beobachten. War es zunächst die unübersehbare Verschmutzung der Gewässer und der Luft, wandelt sich das Bewusstsein im Laufe der Zeit zu einer grundsätzlicheren Kritik an einer Lebensweise, die ausschließlich auf technologischen Fortschritt und wirtschaftliches Wachstum setzt. Inzwischen wird eine intakte Umwelt vor allem auch als Teil eines guten Lebens wahrgenommen. Bezogen auf die dringendsten Probleme, die von der Politik gelöst werden müssen, tritt der Umweltschutz allerdings etwas zurück. Nur jeder Fünfte sieht akuten und dringenden Handlungsbedarf, bei der letzten Befragung waren es noch, allerdings unter dem Eindruck der Reaktorkatastrophe von Fukushima, rund 35 Prozent. Die konkreten Umweltprobleme rücken also etwas in den Hintergrund, stattdessen werden Umwelt- und Klimaschutz als Chance gesehen, die Lebensumstände zu verbessern. So gaben fast zwei Drittel der Befragten an, dass sie den Umwelt- und Klimaschutz für eine grundlegende Bedingung zur Bewältigung von Zukunftsaufgaben wie beispielsweise die Globalisierung halten. 2012 taten dies nur 40 Prozent. Knapp die Hälfte aller Befragten hält Umwelt- und Klimaschutz zudem für eine grundlegende Voraussetzung, um den Wohlstand zu sichern (56 Prozent), die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu erhalten (48 Prozent) und Arbeitsplätze zu schaffen (46 Prozent). Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zu den Ergebnissen: „Früher haben viele gedacht, Umweltschutz und Wirtschaftskraft würden sich widersprechen. Heute weiß man: Das Gegenteil ist richtig. Gutes Leben und Umweltschutz gehören zusammen.“ Und das betrifft nicht nur die eigene Bevölkerung. Immerhin fast neun von zehn Befragten meinen, dass wir in Deutschland durch unsere Lebensweise auch für Umweltprobleme in anderen Ländern verantwortlich sind. Und fast drei Viertel zeigen sich beunruhigt, wenn sie daran denken, in welchen Umweltverhältnissen unsere Kinder und Enkelkinder wahrscheinlich leben müssen. Bei den Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren ist dieser Anteil mit 85 Prozent noch deutlich höher.
Quelle: Bevölkerungsbefragung „Umweltbewusstsein in Deutschland 2014“
Doch wie wirkt sich dieses veränderte Bewusstsein im Alltag aus? Auch dafür liefert die Untersuchung Antworten. Danach gibt ein Großteil der Befragten an, dass sie beim Kauf von Haushaltsgeräten beziehungsweise Leuchtmitteln immer oder häufig zu energieeffizienten Alternativen greifen. UBA-Präsidentin Maria Krautzberger: „Die Nachfrage nach grünen Produkten ist groß, der Wille zum Umstieg auf umweltfreundliche Alternativen weit verbreitet. 43 Prozent der Befragten etwa kaufen häufig umweltschonende Reinigungsmittel, 39 Prozent haben schon einmal Ökostrom bezogen und rund ein Fünftel setzt beim Einkauf häufig auf Bio-Lebensmittel.“ Das Interesse an Öko-Produkten ist aber unterschiedlich ausgeprägt; Öko-Textilien etwa kaufen derzeit nur 10 Prozent der Befragten häufig. Da sind nach Ansicht von Krautzberger die Bekleidungshersteller gefordert. Der Anteil von Biobaumwolle am gesamten Baumwollmarkt sei mit unter einem Prozent einfach zu niedrig. „Hier müssen die Hersteller nachlegen, dann steigt auch die Nachfrage“, sagte Krautzberger. Aber nicht nur beim Konsum, auch bei den Lebensgewohnheiten können sich die Befragten Änderungen vorstellen. So sind mehr als 80 Prozent dafür, dass städtische Räume so gestaltet werden müssten, dass man kaum noch auf ein Auto angewiesen ist. Unter den jüngeren Befragten nennen sogar über 90 Prozent diesen Wunsch. Deshalb sind alternative Mobilitätskonzepte gefragt, und denen stehen immer mehr Menschen auch positiv gegenüber, beispielsweise dem Carsharing. Ein Carsharing-Fahrzeug kann fünf normale Autos ersetzen, entsprechend hoch ist das Potenzial für den Klimaschutz. Aber nicht nur Autos teilen ist beliebt, das Thema Sharing gewinnt insgesamt eine zunehmende Bedeutung, allerdings nicht in allen Bereichen mit der gleichen Begeisterung. Die meisten Erfahrungen haben die Befragten mit dem Leihen im privaten Umfeld gemacht. Nahezu drei Viertel der Befragten haben aber bereits Dinge an andere verliehen oder von anderen ausgeliehen und können sich dies auch zukünftig wieder vorstellen. Aber auch Gegenstände gegen Gebühr zu mieten, entweder in einem Geschäft oder über das Internet, praktizieren bereits mehr als ein Drittel der Befragten. Das Sharing sich zu einem Trend entwickelt, war schon in der letzten Untersuchung absehbar und wurde durch die aktuelle Befragung gestützt. Allerdings lässt sich noch nicht wirklich erkennen, das Sharing das Potenzial als neues Wirtschaftsmodell hat.
Quelle: Bevölkerungsbefragung „Umweltbewusstsein in Deutschland 2014“
Für Bundesumweltministerin ist die neue Umweltbewusstseinsstudie mit einem Auftrag an die Politik verbunden. Sie will dafür sorgen, dass Umweltschutz auch als soziale Triebfeder wahrgenommen wird. Hendricks: „Mein Ziel als Umweltministerin ist, dass mehr Menschen sagen können: Der Umweltschutz macht unser Land gerechter. Denn es sind ja besonders die sozial Benachteiligten, die unter Lärm und Feinstaub in den Städten leiden. Eine soziale Umweltpolitik, die auf Energieeffizienz setzt, auf öffentlichen Nahverkehr, mehr Grün in der Stadt und eine lebenswerte Gestaltung unserer Siedlungen, ist gut für die Umwelt, aber auch gut für Gesundheit und Lebensqualität der Menschen.“
Die vollständige Bevölkerungsbefragung „Umweltbewusstsein in Deutschland 2014“ zum Download.