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Fairness im Ratenkreditgeschäft: Ein Vergleich von Wunsch und Wirklichkeit in der produktbezogenen Marketingkommunikation

Fairness als relativ unscharfer „Gummibegriff“ wird in der Branche gerne verwendet, um die eigenen Produkte vertrauenswürdiger als der Wettbewerb erscheinen zu lassen oder gar gezielt einen Markenkern damit zu besetzen. Natalie Hirschbiegel und Harald Bolsinger haben exemplarisch den Versuch unternommen, am Beispiel von sieben Anbietern herauszufinden, ob Wunsch (= Kommunikation von Fairnessmerkmalen) und Wirklichkeit (= erlebbare Produkt- und Dienstleistungsmerkmale) bezüglich Fairness im Ratenkreditgeschäft übereinstimmen.

Kurzergebnisse einer Untersuchung an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt von Natalie Hirschbiegel und Harald Bolsinger (1)

Würzburg (csr-news) – „Fairness sells“ – so hofft zumindest die Ratenkreditbranche, die sich vor allem aufgrund eines seit Jahren andauernden historischen Niedrigzinsniveaus im harten gegenseitigen Verdrängungswettbewerb befindet. Die Marktkonstellation stellt sich für Anbieter von Ratenkrediten gespalten dar: Einerseits sind Refinanzierungen zu Traumkonditionen möglich, um den Rohstoff „Geld“ einzukaufen, andererseits erfolgt durch intensiven Wettbewerb ein Druck auf die Margen, da sich homogene Güter und Dienstleistungen besonders gut über möglichst niedrige Preise verkaufen. Mit immer wieder neu verpackten Versprechungen versuchen deshalb die Anbieter mit dem relativ homogenen Gut „Ratenkredit“ Differenzierung im Markt zu betreiben. Das lukrativste Zusatzgeschäft für die Anbieter ergibt sich aufgrund hoher Provisionen und Kick-Backs durch die – als völlig unverbindlich dargestellte – Vermittlung von Restschuldversicherungen. Die Kombination von Ratenkredit und Restschuldversicherung minimiert das Ausfallrisiko für die jeweilige Bank und stellt damit in Frage, ob die Höhe entsprechender Zinszahlungen als Entgelt für Kapitalleihe und Risikoübernahme als fair bezeichnet werden kann.

Fairness als relativ unscharfer „Gummibegriff“ wird in der Branche gerne verwendet, um die eigenen Produkte vertrauenswürdiger als der Wettbewerb erscheinen zu lassen oder gar gezielt einen Markenkern damit zu besetzen. Wir haben exemplarisch den Versuch unternommen, am Beispiel von sieben Anbietern herauszufinden, ob Wunsch (= Kommunikation von Fairnessmerkmalen) und Wirklichkeit (= erlebbare Produkt- und Dienstleistungsmerkmale) bezüglich Fairness im Ratenkreditgeschäft übereinstimmen. Auffällig ist bei den untersuchten Anbietern, dass mit einem eher schlechten Fairnessgrad für das Angebot häufig auch ein gleichwertiger Fairnessgrad der Kommunikation einhergeht. Oft werden Schwachstellen im Angebotsbereich in der Kommunikation ausgeblendet, was zu erwarten war. Bei denjenigen Anbietern, bei denen Wunsch und Wirklichkeit inkongruent sind, fiel das Ergebnis für das Angebot regelmäßig schlechter aus, als für die dazugehörige Kommunikation. Übertreibung als Stilmittel im Marketing ist kein Novum – dennoch stellt sich die Frage, ob Ratenkreditanbieter nicht langfristig unglaubwürdig werden, wenn sie gerade bezüglich Fairness mehr versprechen, als sie tatsächlich halten wollen.

Fairness beinhaltet im Ratenkreditbereich aus unserer Sicht mindestens folgende Aspekte: Der Abschluss eines Ratenkreditgeschäftes soll zu einer beidseitigen, angemessenen Vorteilsnahme führen. Sowohl der Anbieter, als auch der Kunde müssen einen möglichst äquivalenten Nutzen daraus ziehen können. Der Anbieter, der sich seine Kunden selbst heraussuchen kann und keinem Abschlusszwang unterliegt, zieht seinen Nutzen aus der jeweiligen Marge. Damit ist jedes tatsächlich getätigte Geschäft mit ehrlichen Kunden für ihn per se fair. Es ist also vor allem die Aufgabe der Anbieter sich ihren (potenziellen) Kunden gegenüber aktiv als fair zu erweisen. Dazu gehört es, dass sie bereits im Rahmen der Kommunikation offen und ehrlich sind, der Verbraucher eine kompetente Beratung erhält, marktgängige Zinsen verlangt werden, die Anbieter seriös und transparent arbeiten, alle Kunden vom Beurteilungsmaßstab der Kreditvergabe bis hin zum verlangten Zinssatz Gleichbehandlung erfahren, individuelle Kundenwünsche und Änderungen in der Lebenssituation Beachtung finden und Kunden nicht nur als Mittel zum Zweck betrachtet werden. Verbraucher sind höflich zu behandeln und zu respektieren, unabhängig von ihrem Alter, ihrem Geschlecht oder ihrer weltanschaulichen Ausrichtung. In Anlehnung an das von der Fairness-Stiftung erhobene Fairness-Verständnis der Bevölkerung Deutschlands, rücken folgende Werte in den Fokus: Rücksichtnahme, Gerechtigkeit, Anständigkeit, Höflichkeit, Glaubwürdigkeit, Respekt, Beachtung und Erfolg (im Sinne von gleichzeitigem und ausgeglichenen Kunden- und Banknutzen).

Die Untersuchung wurde durchgeführt mit Anbietern, die in Ihrer Marketingkommunikation mit Fairness werben: CreditPlus Bank AG – SofortKredit, C&A Bank GmbH – C&A Ratenkredit, Evenord-Bank eG-KG – e-Privatkredit, Sparda-Bank Hamburg eG – SpardaFairkredit, Sparkasse Nürnberg – Sparkassen-Privatkredit, TeamBank AG Nürnberg – easyCredit, Ziraat Bank International AG – Ratenkredit. Die Analyse beinhaltet eine Werte-orientierte Untersuchung von Produktflyern, Online-Werbung, Beratungsleistung (durch Mystery-Shopping) und der konkreten Produktmerkmale. Als Best-Practice der Untersuchten stellte sich mit großem Abstand die regional tätige Evenord-Bank eG-KG heraus, deren ePrivatkredit durchaus Standards setzt.

Ergebnisse des Fairness-Rankings:
1. Evenord-Bank eG-KG
2. Sparda-Bank Hamburg eG
3. TeamBank AG easyCredit
4. CreditPlus Bank AG und Sparkasse Nürnberg
5. C&A Bank GmbH und Ziraat Bank International AG

Die Einzelergebnisse der Untersuchung oben genannter Werte wurden überführt ins Schulnotensystem und stellen sich wie folgt dar:

Abbildung: Natalie Hirschbiegel

Im Idealbereich liegen diejenigen Anbieter, bei denen Wunsch und Wirklichkeit kongruent sind, bzw. die Kommunikation mit den Produktmerkmalen übereinstimmt. Bezeichnend ist, dass bei fünf von sieben Anbietern falsche Versprechen auf mindestens einem Kommunikationsmittel vorzufinden waren. Dabei handelt es sich vor allem um die Bewerbung der Konditionen bei denen häufig Floskeln wie günstige Zinsen oder faire Konditionen verwendet werden, die dann aber nicht als solche zu identifizieren sind. Besondere Bedeutung hat bei als fair bezeichneten Ratenkrediten die Preisgestaltung. Von fünf geführten Beratungsgesprächen wurden in dreien überteuerte Angebote unterbreitet. Unter Berücksichtigung dieses Punktes als Knock-Out-Punkt, müssten die Ergebnisse hinsichtlich der Produktmerkmale auf die Schulnote 6 korrigiert werden.

Bewegt sich der Preis ohne klar erkennbaren, im Markt ansonsten unüblichen, geldwerten Zusatznutzen für den Kunden nicht im marktgängigen Rahmen, ist das Produkt überteuert und kann nicht als fair betrachtet werden. Jedem potenziellen Kunden, der fair behandelt werden möchte, raten wir dann von einem Abschluss bei dem betreffenden Anbieter ab. Überteuerung liegt nach unserem Verständnis vor, wenn ein Anbieter – ohne im Markt ansonsten unüblichen Zusatznutzen zu bieten – über 150% des im Markt vorherrschenden Durchschnittseffektivzinses verlangt. Der durchschnittliche Marktzins (gemessen als Effektivzins) zeigt auf, welche Kosten-/Ertragsstrukturen wettbewerbsfähig möglich sind. Ausgehend von einem zum Untersuchungszeitpunkt durchschnittlichen Marktzins von 6,24% beginnt Überteuerung bei einem Effektivzinssatz von 9,36%. Die Argumentation der Anbieter, bei einem erhöhten Rückzahlungsrisiko einen noch höheren Zinssatz verlangen zu müssen, hat in der Werbung mit Fairness ein Ende: Wenn das Risiko tatsächlich dermaßen hoch ist, kann dem Kunden guten Gewissens kein Kredit mehr verkauft werden.

Die rund 90 Seiten umfassende Analyse mit umfangreichen Anhängen kann bei Natalie Hirschbiegel natalie.hirschbiegel@web.de ab 16.12.2013 gegen eine Schutzgebühr von 350 € per Vorkasse angefordert werden.

(1) Natalie Hirschbiegel untersuchte im Rahmen ihrer Abschlussarbeit an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften der FHWS Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt die Fairnesskommunikation von Ratenkreditanbietern unter Betreuung von Prof. Dr. Harald J. Bolsinger.


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