Hannover (csr-news) > Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen sollen, nach den Vorstellungen der Gewerkschaft IG BCE zukünftig auch Nachhaltigkeitsaspekte beinhalten. Das hat der 5. Ordentliche Gewerkschaftskongress im Oktober einstimmig beschlossen. Dafür ist es aus gewerkschaftlicher Sicht notwendig, das Betriebsverfassungsgesetz um Beteiligungs- und Initiativrechte der Betriebsräte in Nachhaltigkeitsbelangen zu erweitern.
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie Energie (IG BCE) will ein gewerkschaftliches Verständnis von Nachhaltigkeit verstärkt in die gesellschaftliche und politische Debatte einbringen und die soziale Dimension des Begriffs stärker betonen. Auf dem Gewerkschaftstag wurde darüber abgestimmt „Nachhaltigkeit als strategisches Handlungsfeld der IG BCE“ zu sehen. Außerdem ging es um die Absicht, dass die zuständigen Gremien, in den Betrieben darauf hinwirken, dass die Unternehmen ihre Regeln zur CSR ehrlich umsetzen und auch innerhalb des Unternehmens ihren Mitarbeitern gegenüber danach handeln. Außerdem will sich die Gewerkschaft für eine gesetzliche Verankerung zur verpflichtenden Umsetzung von CSR-Richtlinien einsetzen. „Das Instrumentarium der betrieblichen und überbetrieblichen Mitbestimmung und die Kultur einer echten Sozialpartnerschaft zählen zu den wesentlichen Voraussetzungen für die Verwirklichung sozialer Nachhaltigkeit“, heißt es in dem Antrag, über den die Delegierten abstimmen mussten.
Damit hat sich die IG BCE deutlich von ihren Mitstreitern in anderen Branchen abgesetzt. Bislang haben sich Gewerkschaften und Gewerkschaftsverbände nur mit einzelnen Aspekten der Nachhaltigkeit beschäftigt. Von diesem neuen, umfassenden Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und CSR sollen auch andere Gewerkschaftsorganisationen überzeugt werden. Wie es in dem Beschluss heißt, sollen die diesbezüglichen Sichtweisen und Aktivitäten der IG BCE den Schwestergewerkschaften und auch dem DGB stärker vermittelt werden. Darüber hinaus werden Kooperationen für einzelne Themenbereiche angestrebt. Für die Gewerkschaft bedeutet Nachhaltigkeit vor allem auch der Dreiklang aus Ökonomie, Ökologie und sozialer Verantwortung. Bislang würde Nachhaltigkeit aber zu stark aus dem ökologischen Blickwinkel betrachtet, kritisiert die Gewerkschaft. Zur Nachhaltigkeit gehöre aber zwingend auch ökonomischer Erfolg und sozialer Fortschritt. Konkret bezieht sich der Beschluss auf die Nachhaltigkeitsinitiative der chemischen Industrie (Chemie hoch 3), die es weiterzuführen gilt und die durch betriebliche Maßnahmen mit mehr Leben erfüllt werden sollen. Ein wesentlicher Punkt der Vereinbarung betrifft die Aufsichtsräte und Vorstände in den Unternehmen. „Aufsichtsräte müssen zu Foren der Nachhaltigkeit werden“, lautet der Passus im Beschluss. „Daher soll rechtlich fixiert werden, ein Vorstandsmitglied für die Nachhaltigkeit verantwortlich und dem Aufsichtsrat rechenschaftspflichtig zu machen“. Konkret bedeutet dies, die Vergütung von Vorständen soll nach den Vorstellungen der Gewerkschaft zukünftig auch von Nachhaltigkeitsparametern abhängig sein. Da die bisherigen gesetzlichen Regelungen nicht ausreichend seien, will die Gewerkschaft den Gesetzgeber auffordern, das Aktiengesetz sowie das VorstAG um entsprechende Passagen zu erweitern.
Weiterhin schwebt den Gewerkschaftern vor, das Betriebsverfassungsgesetz um Beteiligungs- und Initiativrechte für Betriebsräte in Nachhaltigkeitsbelangen zu erweitern. Den Betriebsräten muss ermöglicht werden Nachhaltigkeitsthemen auch beispielsweise auf Betriebsversammlungen zu behandeln. So sollen die Möglichkeiten des Betriebsverfassungsgesetzes um einen Nachhaltigkeitsausschuss sowie der Hinzuziehung externer Experten ausgeweitet werden. Unternehmen, die ihre soziale Nachhaltigkeit bereits in vorbildlicher Weise leben, sollen mit einem Preis ausgezeichnet werden. Parallel sollen Kriterien entwickelt werden, wie die gelebte Nachhaltigkeit in den Unternehmen bewertet werden kann. Unter anderem sollen dazu auch Schulungsprogramme für die gewerkschaftliche Weiterbildung entwickelt werden. Die Betriebsräte sollen sich mit den konkreten Fragestellungen auskennen und so auch vor Ort beispielsweise für die Umsetzung des Deutschen Nachhaltigkeitskodex werben. Insgesamt befürworten die Gewerkschaftler auch CSR als Instrument für verantwortliche Unternehmensführung. „Dafür ist es aus gewerkschaftspolitischer Sicht aber unumgänglich, dass Aufsichtsräte, Betriebsräte und Gewerkschaft in die CSR-Strategie der Unternehmen involviert sind“, heißt es im Beschluss. „Diese Verzahnung mit Organen der Mitbestimmung verleiht CSR-Aktivitäten ein höheres Maß an Verbindlichkeit und Legitimation“.
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