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3-2-1: Über eBay und den Jugendschutz

Entweder man kann gut lügen. Oder man hat einen Kumpel, der ein bisschen älter ist. Eins von beiden reicht aus, um im Supermarkt Zigaretten und Alkohol zu kaufen, auch wenn man selbst noch gar nicht alt genug dafür ist. Richtig schwierig dürfte es für das Internetauktionshaus eBay zu kontrollieren sein, wer welche Produkte ersteigert und wer das möglicherweise gar nicht darf. Aber genau darauf soll das Auktionshaus achten – eBay müsse nicht nur konkrete jugendgefährdende Angebote unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge dafür treffen, dass es nicht zu gleichartigen Wiederholungen komme, so der Bundesgerichtshof (BGH).

Ein Bereich sind dabei alle so genannten jugendgefährdenden Medien, wie sie die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien indiziert hat. Dazu gehören Zeitschriften, Bücher, Filme und Computerspiele. Über die Frage, inwieweit eBay für solche Auktionen auf seiner Internetplattform verantwortlich ist, darüber hat letzte Woche der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe zu entscheiden gehabt (Urteil vom 12. Juli 2007, Aktenzeichen I ZR 18/04). Und die Aufregung schien danach groß zu sein. Die Tageschau sprach davon, dass das Internetauktionshaus eBay Jugendliche vor Gewaltvideos schützen müsse. Spiegel Online meldete, dass eBay jugendgefährdende Angebote sperren muss. Die Süddeutsche Zeitung schrieb, dass der Bundesgerichtshof eBay dazu verpflichtet hat, keine Auktionen mit jugendgefährdenden Medien zuzulassen. Was war vorgefallen? Hatte eBay etwa Auktionen mit jugendgefährdenden Medien zugelassen?

eBay war bisher nicht untätig oder sorgenlos geblieben. Das Unternehmen hat Grundsätze aufgestellt, die die Voraussetzung schaffen sollen „für eine sichere und faire Handelsplattform“. Diese Grundsätze seien im Laufe der Jahre entwickelt und weiterentwickelt und die Möglichkeiten ihrer Anwendung immer weiter verfeinert worden, erklärte Pressesprecherin Maike Fuest im Gespräch mit csr-news.net. Es gelte beispielsweise der Grundsatz, dass „Artikel, deren Angebot gegen rechtliche Vorschriften, die guten Sitten oder die eBay-Richtlinien verstößt, nicht auf dem eBay-Marktplatz angeboten werden dürfen.“ eBay zählt auf seiner Hompage unzulässige und verbotene Artikel auf. Dazu zählen auch jugendgefährdende Medien. Im einzelnen sind das z.B. Bücher, Zeitschriften, Bilder, Plakate, Schallplatten, Audio- und Videokassetten, DVDs, CDs oder CD-Roms mit jugendgefährdenden Inhalten. Maßgeblich seien dabei alle von der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) oder der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) mit „Keine Jugendfreigabe“ gekennzeichneten bespielten Videokassetten, DVDs und Computerspiele, so die Angaben von eBay. Und die Entscheidung darüber, ob Angebote mit diesem Grundsatz im Einklang stehen, liege allein bei eBay.

Nun hatte sich der BGH damit auseinanderzusetzen und war zu der Auffassung gelangt, dass eBay „die ernsthafte und naheliegende Gefahr geschaffen hat, dass ihre Internetplattform von Verkäufern zum Vertrieb indizierter jugendgefährdender Schriften genutzt wird. Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien beeinträchtigten Interessen der besonders schutzwürdigen jugendlichen Verbraucher, die auch das Wettbewerbsrecht schütze. EBay müsse daher – wenn es Kenntnis von einem konkreten jugendgefährdenden Angebot erlangt habe – nicht nur dieses konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge dafür treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen komme. Sie müsse deshalb verhindern, dass die ihr konkret benannten jugendgefährdenden Medien von anderen Verkäufern erneut auf ihrer Plattform angeboten würden. Als gleichartig (und damit von der Prüfungspflicht der Beklagten erfasst) kämen darüber hinaus auch solche Angebote in Betracht, bei denen derselbe Versteigerer nach Kategorie und Medium entsprechende indizierte Werke anbiete.“ Im Streitfall komme, so der BGH, eine Haftung der Beklagten wegen Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht in Betracht, auch wenn sie selbst nicht Anbieterin jugendgefährdender Medien ist.

Angaben über die genaue Anzahl der Mitarbeiter, die sich bei eBay um die Prüfung von jugendgefährdenden Auktionsangeboten kümmern, wollte eBay nicht machen. Die Pressesprecherin erklärte allgemein, dass mehr als 100 Mitarbeiter mit der Überprüfung verbotener Auktionen in verschiedenen Kategorien beschäftigt seien. Sie gingen dabei sowohl Hinweisen von eBay -Nutzern nach als auch automatischen Meldungen der hauseigenen Sicherheitssoftware. Die Mitarbeiter seien beispielweise geschult, um anhand der Längenangaben eines Videos zu erkennen, ob es sich um die freigegebene Version „FSK 16“ oder um die indizierte Version „FSK 18“ eines Films handele. Im Zweifelsfall würden Angebote gelöscht und der Anbieter dann automatisch informiert. Über die Anzahl der gelöschten Angebote mit jugendgefährdenden Inhalten wollte eBay ebenfalls keine Angaben gegenüber csr-news.net machen. Das Urteil aus Karlsruhe könne eBay nicht weiter kommentieren, solange die schriftliche Urteilsbegründung des BGH noch nicht vorliege, erklärte Maike Fuest. Außerdem sei der Fall zur Klärung noch offener Detailfragen an das OLG Brandenburg zurückverwiesen worden und mit der dortigen Entscheidung rechne man erst in einigen Wochen.

Es ging in der ursprünglichen Klage übrigens weniger um den Schutz junger Menschen und die Sorge um ihre sittliche Verletzbarkeit als vielmehr darum, dass der wirtschaftliche Interessenverband des Medien- und Fachhandels in Deutschland (IVD) die gesetzlichen Handelsbeschränkungen, die für seine Mitglieder gelten, durch die Auktionen bei eBay unterlaufen sah.

Robin Keppel, Oldenburg


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