Dhaka (csr-news) – Vertreter der Textilverbände, der Regierung und der Gewerkschaft haben am 24. März den „National Tripartite Plan of Action on Fire Safety for the Ready-Made Garment Sector in Bangladesh“ unterzeichnet. Er ist eine Reaktion auf mehrere verheerende Brände in Bangladeschs Textilfabriken, bei denen seit 2006 etwa 700 Menschen starben. Lesen Sie hier, was der Aktionsplan vorsieht und wie Unternehmen, Verbände und NGOs die Vereinbarung beurteilen.
Die jetzt unterzeichnete Vereinbarung ist nicht die erste ihrer Art. Darin hält der Textilexperte Prof. Rudi Voller von der Hochschule Niederrhein die Einbindung lokaler Akteure für wichtig. “ Warum es allerdings drei Brandschutzabkommen geben muss, erschließt sich mir nicht“, so Voller, der auf die bereits bestehenden Initiativen der Clean Clothes Campaign und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) verweist. Wichtig sei, dass sich alle Akteure auf ein Abkommen einigten, die Zahl der Kontrolleure deutlich erhöht und die beschlossenen Maßnahmen finanziell abgesichert würden. Voller weiter: „Hier bleiben die einheimischen Akteure beim Geld auffallend zurückhaltend.“
Das sieht auch die Vorstandsvorsitzende von Femnet, Gisela Burckhardt, so: „Es werden einige wichtige Aspekte angesprochen, doch gibt es vor allem Absichtserklärungen und mit Ausnahme der Einstellung von zusätzlichen Inspektoren fehlen Aussagen zur Finanzierung des Ganzen.“ Begrüßenswert sei die in dem Plan vorgesehene Schulung von Gewerkschaftsführern, die diesen allerdings noch keinen Zutritt zu den Fabriken verschaffe. Deshalb hält es Burckhardt weiter für begrüßenswert, dass Richtlinien für die Schaffung von Arbeitnehmervertretungen erarbeitet werden sollen. „Entscheidend ist, dass die Vertreter frei gewählt werden müssen“, so die Femnet-Vorsitzende.
Unternehmenskooperationen gefordert
Zur Umsetzung der neuen Brandschutzvereinbarung wird die GIZ gemeinsam mit der ILO, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden und Unternehmen eine umfassende Sektorinitiative initiieren und darin alle kleineren, bereits existierenden Ansätze bündeln. Darauf verweist KiK: „Wir als Einzelhandelsunternehmen wären sehr daran interessiert, wenn es zu dieser Vereinbarung unter Einbeziehung möglichst vieler Handelsunternehmen kommen würde“, so eine Unternehmenssprecherin.
Globetrotter begrüßt die Vereinbarung und verweist auf die Verantwortung der Einkäufer. Eine Sprecherin: „Internationale Einkäufer müssen dieses Thema ebenfalls im Rahmen von Gesprächen vor Ort und auch im Rahmen von Bestellungen weiter ansprechen, auf Einhaltung drängen und damit die Wichtigkeit der Thematik eindeutig darstellen“.
Diana Kühl, Strategic Compliance Officer bei Puma, sieht dabei die Verantwortung der Einkäufer auch in einem Austausch miteinander: „Hat man als einzelne Brand aufgrund geringer Auftragsvolumina oft nicht genügend Einfluss, so haben mehrere internationale Einkäufer die Möglichkeit, gemeinsam Druck auszuüben und mit Auftragsentzug zu drohen, wenn sich die Fabrik konsequent weigert fehlende Arbeitssicherheitsstandards umzusetzen.“ Für ganz entscheidend hält Kühl die Einbeziehung der Arbeiter, „da diese ein gestärktes Bewusstsein für Brandschutz entwickeln und sich so auch selbst in der Verantwortung sehen, am Brandschutz aktiv mitzuwirken. Dies fördert im Gegenzug auch die Akzeptanz externer Kontrollen.“
Der Global Organic Textile Standard (GOTS) hält die Festlegung von Brandschutzverantwortlichen und die Dokumentation von Verbesserungen und Beschwerden für entscheidend, damit Einkäufer danach fragen können. „Besonders wichtig sind die Schulungs- bzw. Trainingsmaßnahmen und die Sensibilisierung der Mitarbeiter und Inspektoren“, so die GOTS-Deutschlandrepräsentantin Claudia Kersten.
Rolle der Behörden gestärkt
Hess Natur hält die Beteiligung der lokalen Regierungen an der Diskussion und Umsetzung des Abkommens für wichtig. „Diese Art von Industrieunfällen (Brände) sind vermeidbar, denn insbesondere im Bereich Arbeitssicherheit und Gesundheit in Textilproduktionen sind kurzfristig Verbesserungen relativ gut umsetzbar“, so ein Unternehmenssprecher.
adidas begrüßt, dass mit der Brandschutzvereinbarung die Rolle der Behörden zur Überwachung von Brandschutzstandards gestärkt werden soll. Positiv äußerten sich zu dem Fire Action Plan auch Peek & Cloppenburg und Schöffel.
Barbara Küppers, Referentin von terre des hommes Deutschland, weist darauf hin, dass illegale Bauten einen wichtigen Anteil an den verheerenden Fabrikbränden besaßen. „Ich finde in der Vereinbarung dazu nichts“, so Küppers. Merkwürdig sei auch, dass sich gerade die Arbeitgeberverbände des Themas Sub-Contracting annehmen wollten, „deren Mitglieder sich dieses Geschäftsgebarens selbst befleißigen.“
Im Einzelnen sieht der „National Tripartite Plan of Action on Fire Safety for the Ready-Made Garment Sector in Bangladesh“ folgende Vereinbarungen vor:
- Die Regierung wird Gesetze und Verordnungen zum Brandschutz daraufhin prüfen, ob sie den aktuellen Anforderungen entsprechen und alle notwendigen Aspekte abdecken.
- Auf Regierungsseite soll eine „Task Force on Fire Safety“ dafür sorgen, dass die Voraussetzungen für eine verbesserte industrielle Infrastruktur geschaffen werden. Ausdrücklich werden eine verbesserte Elektroinstallation, Straßenhydranten und Zufahrtswege sowie die Zahl der Feuerwehren als Herausforderungen genannt.
- Die Zahl der Mitarbeiter in den Brandschutzbehörden – insbesondere mit Zuständigkeit für Fabrikkontrollen – soll erhöht werden. Überprüft und ggf. verbessert werden soll auch das System der brandschutzrechtlicher Genehmigungserteilung für Fabrikanlagen, bei dem die Zuständigkeiten bisher auf mehrere Behörden verteilt sind. Zudem soll eine einheitliche Checkliste zu Brandschutzanforderungen eingeführt werden.
- Die Textilverbände BGMEA (Bangladesh Garment Manufacturers and Exporters‘ Association) und BKMEA (Bangladesh Knitwear Manufacturers and Exporters‘ Association)führen ein Programm zur Verbesserung der Feuersicherheit ein, an dem sich Regierung und Gewerkschaften beteiligen. Besonders soll dabei im Blick gehalten werden, dass Intransparenz und die Weitervergabe von Fertigungsaufträgen an sogenannte Sub-Contractors Textilien in Fabriken mit schlechteren Sicherheitsstandards gefertigt werden.
- In einem „Crash-Kurs“ sollen das mittlere Management und Supervisoren im Brandschutz geschult werden. Die Teilnahme an einer eintägigen Veranstaltung ist für alle Mitgliedsunternehmen von BGMEA, BKMEA und andere Textilverarbeiter verpflichtend.
- Auch für Gewerkschaftsführer soll es ein Brandschutz-Trainingsprogramm geben, damit diese Feuerrisiken besser identifizieren können.
- Zudem soll das Bewusstsein der Arbeiter für den Brandschutz gestärkt werden – auch durch Radio- und Fernsehprogramme.
- Es wird eine Hotline geschaffen, über die Arbeiter Brandschutzrisiken an ihren Arbeitsplätzen melden können.
- Sichergestellt werden soll, dass Brandschutzinspektoren ein qualifiziertes Training erhalten. An einem entsprechenden Programm ist die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) beteiligt. Verbessert werden sollen die Ausrüstung und die personelle Besetzung der staatlichen Zivil- und Brandschutzbehörden.
- Gesetzlich ist in Arbeitsstätten mit über 50 Mitarbeitern die Schaffung von Arbeitnehmervertretungen vorgesehen. Es sollen Richtlinien dafür erarbeitet werden, wie sich diese Komitees mit Sicherheitsaspekten befassen können.
- Es sollen Hilfsmittel geschaffen werden, mit denen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Gewerkschaften Feuerrisiken einfacher identifizieren können.
- Zwischen Regierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften soll eine Vereinbarung darüber erzielt werden, wie im Brandfall die Angehörigen von Todesopfern sowie verletzte Arbeitnehmer zu entschädigen sind.
- Eine öffentlich zugängliche Website soll die Transparenz in Sachen Brandschutz erhöhen.
- Über die Umsetzung der Vereinbarung soll ein Komitee aus Regierungs-, Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern wachen.
Der „National Tripartite Plan of Action on Fire Safety for the Ready-Made Garment Sector in Bangladesh“ >> zum Download im Internet