2 um acht mit Marcel Fratzscher (Berliner Ensemble)
Der RADIOEINS- UND FREITAG-SALON
https://www.berliner-ensemble.de/index.php/inszenierung/2-um-acht-mit-marcel-fratzscher
Mo 27.06. 20:00 Uhr
Muss der Westen den Verzicht lernen? Jakob Augstein im Gespräch mit Marcel Fratzscher
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Deutschen wegen des Krieges in der Ukraine auf „härtere Zeiten“ eingeschworen. Und tatsächlich: Sollte es zu einem Embargo gegen russisches Öl und Gas kommen, rechnen Experten hierzulande mit Inflationsraten von bis zu 10 Prozent. So auch der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Marcel Fratzscher. Er meint:“Die Politik muss den Menschen reinen Wein einschenken.“ Denn falls es keine Öl- und Gaslieferungen mehr aus Russland geben sollte, würden uns auch „keine drei Katars und Vereinigten Arabischen Emirate“ mehr helfen können, um unseren Energiehunger zu stillen. Nur Verzicht sei die Lösung, so der Ökonom: autofreier Sonntag, Tempolimit, Heizung runter drehen. Doch „Verzicht“ ist eine Tugend, die der Westen nach Jahren der übervollen Supermarktregale verlernt zu haben scheint. Die Devise der letzten Dekaden lautete: Wachstum, Gier und satte Gewinne. Werden wir nun eine Lektion lernen müssen, die man in anderen Teilen der Welt längst verinnerlicht hat?
Einmal im Monat spricht „Freitag“-Verleger Jakob Augstein mit einem Gast über die Gesellschaft und ihre Zwänge, über die Mechanismen von Öffentlichkeit und Lüge, über das Verschwinden der Demokratie im Kapitalismus. Radioeins sendet live.
MIT Jakob Augstein, Marcel Fratzscher
In Kooperation mit radioeins und Der Freitag.
Marcel Fratzscher, 51 Jahre alt, leitet seit 2013 das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung. Diesen Posten soll er, wenn es nach dem DIW-Kuratorium geht, bis mindestens 2028 behalten. Letztes Jahr wurde er eine Zeit lang als möglcher Nachfolger von Bundesbank-Präsident Jens Weidmann gehandelt – das Amt ging letzlich jedoch an Joachim Nagel. An der Berliner Humboldt-Universität ist Fratzscher Professor für Makroökonomie. Davor war er, seit 2008, in leitender Funktion bei der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind die wachsende Ungleichheit in Deutschland sowie die Frage, wie Notenbanken mit Märkten und Öffentlichkeiten kommunzieren sollten. Im März ist sein Buch „Geld oder Leben: Wie unser irrationales Verhältnis zum Geld die Gesellschaft spaltet“ im Berlin-Verlag erschienen (250 S, 22€). Der in Bonn geborene Sohn eines Agrarökonomen und einer Chemikern gilt als SPD-nah. So verwunderte es nicht, dass 2014 Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) die sogenannte „Fratzscher Kommission“ ins Leben rief, die sich mit dem Thema „Stärkung von Investitionen in Deutschland“ beschäftigte. Der Abschlussbericht erschien im Dezember 2016. Fratzscher gilt als einer der einflussreichsten Ökonomen in der Bundesrepublik.