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ISO 20121: Ein neuer Standard für nachhaltige Events

Mit der ISO 20121 wird voraussichtlich Mitte Juni 2012 pünktlich zu den Olympischen Spielen in London die erste globale Norm für nachhaltiges Eventmanagement kommen. Alle Beteiligten – von Unternehmen bis hin zu Agenturen und anderen Dienstleistern – werden so die Möglichkeit erhalten, Veranstaltungen systematisch in ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement einzubeziehen.

Mit der ISO 20121 wird voraussichtlich Mitte Juni 2012 pünktlich zu den Olympischen Spielen in London die erste globale Norm für nachhaltiges Eventmanagement kommen. Alle Beteiligten – von Unternehmen bis hin zu Agenturen und anderen Dienstleistern – werden so die Möglichkeit erhalten, Veranstaltungen systematisch in ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement einzubeziehen.

Von Gerrit Jessen

In der Eventbranche sind Begriffe wie CSR und Nachhaltigkeit aktueller denn je. Kaum ein Thema steht derzeit häufiger auf dem Programm von Meetings, Gremien und Initiativen – national wie international. Das ist wenig verwunderlich, denn gerade die Live Kommunikation hat seit jeher entscheidenden Einfluss auf das Image und die Meinungsbildung über ein Unternehmen. Wer jedoch mit dem Begriff CSR ausschließlich den reinen „Umweltschutz“ bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen verbindet, greift viel zu kurz. Vielmehr berücksichtigt ein ganzheitlicher Ansatz zwei weitere wichtige Dimensionen: Ökonomie und Soziales. Auch das menschliche Wohlbefinden sowie der effiziente Einsatz finanzieller Mittel unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Umfeldes spielen eine zentrale Rolle.

Verbindlichen Standards fehlen

Soweit die Theorie, aber wie sieht es in der Praxis aus? Es existieren bisher keine einheitlichen Richtlinien, konsequente Nachhaltigkeitsstrategien bei der Konzeption und Umsetzung von Events sind Mangelware, beliebige individuelle Definitionen sind an der Tagesordnung. Reicht es beispielsweise schon aus, bei einer Veranstaltung regionale Speisen zu servieren, um sich das Prädikat „nachhaltig“ oder „green“ verleihen zu dürfen? Wohl kaum. Ein unabhängiger und überprüfbarer Standard, der über die bisherige punktuelle Bearbeitung des Themas hinausgeht, ist dringend notwendig. Nicht zuletzt auch, um das immer wieder zu beobachtende Auseinanderdriften von proklamiertem Nachhaltigkeitsanspruch einerseits und fehlender Umsetzung andererseits einzudämmen.

Einen Standard einzuführen heißt, einen Prozess transparent zu machen, zu dokumentieren, zu strukturieren, alle beteiligten internen und externen Interessensgruppen einzubeziehen. All dies schafft allgemeine Verbindlichkeit, Sicherheit und Vertrauen. Übertragen auf das Thema CSR eröffnet ein solcher Standard für die Eventbranche die Möglichkeit, Prozesse zu systematisieren, Ressourcen nachhaltiger einzusetzen und Kosten einzusparen. Nicht zuletzt hilft ein verbindlicher Standard den Unternehmen dabei, ihre Nachhaltigkeitsbestrebungen für Veranstaltungen in der Praxis objektiv nachprüfbar zu gestalten.

Von der BS 8901 zur ISO 20121

Der einzige bisher zahlreich angewandte Standard für nachhaltiges Eventmanagement ist die 2007 vom Britisch Standards Institute herausgegebene BS 8901. Sie wurde mit dem Ziel initiiert, einen Nachhaltigkeitsstandard für die Olympischen Spiele 2012 in London zu entwickeln. Die Norm zielt nicht nur auf die Schonung der Umwelt, sondern berücksichtigt zugleich die soziale und ökonomische Nachhaltigkeit einer Veranstaltung. Basierend darauf und unter Berücksichtigung der aktuellen Praxiserfahrungen mit der BS 8901 wird derzeit bei der ISO (International Organisation for Standardization) eine weltweit gültige Norm für nachhaltiges Eventmanagement entwickelt – die ISO 20121.

Damit entsteht ein Management-System für die nachhaltige Organisation und Durchführung von Veranstaltungen – von Kongressen und Tagungen über Ausstellungen bis hin zu Sportwettkämpfen und Konzerten. Sie bezieht nicht nur den Event-Organisator, sondern auch Zulieferer, Kunden und alle weiteren Beteiligten mit ein. Betrachtet wird die gesamte Wertschöpfungskette einer Veranstaltung – zum Beispiel die Nachhaltigkeit beim Betrieb eines Veranstaltungsortes, bei der Auswahl der Transportmittel sowie bei der gesamten Kommunikation. Rund 30 Staaten unterstützen aktiv oder als Beobachter den Ausschuss „ISO/PC 250“, der die neue Norm erarbeitet. Nationale Spiegelausschüsse entwickeln Kommentare zu den Inhalten und entsenden Vertreter zu den Meetings des internationalen Gremiums. Der Normtext wird voraussichtlich im Mai 2012 als „Schluss-Entwurf“ allen Mitgliedern zur finalen Abstimmung unterbreitet.

Drei Varianten der Zertifizierung

Die neue Norm bietet Unternehmen die Chance, die Live Kommunikation systematisch in das ganzheitliche Nachhaltigkeitsmanagement einzubeziehen. Das heißt: Ein Unternehmen kann individuell und zugeschnitten auf die eigenen Anforderungen Nachhaltigkeitsziele für jede einzelne Veranstaltung definieren, für alle sichtbar umsetzen und im Rahmen des Managementsystems stetig evaluieren, dokumentieren und optimieren. Oder es kann sich zunächst im Rahmen eines „Pilot-Projekts“ gezielt „kleinere“ Ziele setzen und nach und nach ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement implementieren. Darüber hinaus kann mit Hilfe der ISO 20121 zukünftig jedes Event zertifiziert werden.

Die Norm sieht drei Varianten der Zertifizierung vor: Bei der „Eigenüberprüfung“ kann der Initiator selbst individuelle Nachhaltigkeitsziele für die Veranstaltung definieren, diese sichtbar umsetzen und im Rahmen des Managementsystems evaluieren, dokumentieren und optimieren. Alternativ besteht die Möglichkeit einer externen Zertifizierung. Hier wiederum wird unterschieden, ob die Zertifizierung durch einen am Event beteiligten Partner oder durch einen unabhängigen Experten erfolgt. Die letztere Variante ist die authentischste. Die Norm wird drei Phasen des Event-Managements umfassen – Planung, Implementierung sowie Monitoring und Evaluation.

Internationales „Gütesiegel“

Eine Zertifizierung nach ISO 20121 setzt voraus, dass auch die Dienstleistungspartner eine entsprechende “Nachhaltigkeitsperformance” garantieren. Derzeit existieren international nur wenige „Gütesiegel“ bzw. Unternehmen, die in Übereinstimmung mit der neuen Norm arbeiten. Jedoch ist bereits jetzt zu sehen, dass mit der kommenden Einführung der Norm ein Wettbewerb international anerkannter Labels und Zertifizierungen beginnt. Für Unternehmen, die sich nach ISO 20121 zertifizieren lassen, bedeutet dies einen enormen Vorteil. Denn wer zum Beispiel eine als nachhaltig zertifizierte – also mit einem anerkannten Label versehene und eingängig geprüfte – Location wählt, erfüllt auch (sehr wahrscheinlich) seine selbstgesetzten Ziele und somit automatisch die Anforderungen der Norm.

Der Autor:
Gerrit Jessen ist Geschäftsführer der MCI Deutschland GmbH und Mitglied des deutschen Spiegelausschuss zur ISO 20121. gerrit.jessen@csr-magazin.net

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