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Suffizienz als Business Case

Können Suffizienzstrategien, d.h. Ansätze des „Weniger“, „Langsamer“, „Regionaler“, Orientierungspunkt für unternehmerische Strategien werden? Prof. Uwe Schneidewind vom Wuppertaler Institut hat versucht diese Frage in einem Impulspapier zu beantworten und findet Beispiele dafür, wie Unternehmen Suffizienz als Business Case bereits praktizieren.

Wuppertal > Können Suffizienzstrategien, d. h. Ansätze des „Weniger“, „Langsamer“, „Regionaler“, Orientierungspunkt für unternehmerische Strategien werden? Prof. Uwe Schneidewind vom Wuppertaler Institut hat versucht diese Frage in einem Impulspapier zu beantworten und findet Beispiele dafür, wie Unternehmen Suffizienz als Business Case bereits praktizieren.

Der Begriff Suffizienz wird in der Ökologie für das Bemühen verwendet, möglichst wenig natürliche Ressourcen zu verbrauchen, meist im Dreiklang mit Effizienz und Konsistenz. Demnach kann Nachhaltigkeit nur erreicht werden durch eine Erhöhung der Ressourcen-Effizienz, die Nutzung natürlicher Ressourcen ohne sie zu zerstören und einem maßvollen Verbrauch von Gütern. Während Ressourceneffizienz und Konsistenz längst Bestandteil von Managementstrategien sind, hat die Suffizienz noch erhebliches Nachholpotenzial. „Hier gilt es einen Brückenschlag von der globalen Umweltsystemforschung zu konkreten Managementansätzen zu finden“, so Schneidewind in der Einleitung seines Papiers. „Suffizienzorientierung, als effektivste Form der Ressourceneffizienz, hat dabei durchaus das Potenzial, eine strategische und richtungssichere Handlungsoption für Unternehmen zu sein“.

Suffizienzstrategien sind aber mehr als eine einfache Ergänzung der Ressourceneffizienz, vielmehr werden deutlich Effizienzfortschritte durch sie erst möglich. Ziel ist die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum bei gleichzeitiger absolut sinkender Umweltbelastung. Ein Problem rein technologischer Effizienzstrategien ist die Kompensation der Effizienzvorteile, Rebound genannt. Diese kann in direkter Form auftreten, indem die Kostenvorteile durch einen Mehrkonsum kompensiert werden, oder auch indirekt, nämlich dann, wenn die eingesparten Konsumkosten für einen Mehrkonsum bei anderen Gütern führen. Schneidewind belegt dies am Beispiel des VW-Käfers und vergleicht ein Modell aus dem Jahre 1955 mit einem New Beetle Baujahr 2005. „Obwohl zwischen beiden Modellen 50 Jahre Motorenentwicklung liegen und der Motor des New Beetle sehr viel effizienter ist, haben beide Fahrzeuge fast den identischen Kraftstoffverbrauch. Als Gründe nennt Schneidewind die wesentlich umfangreichere Ausstattung, die auch zu mehr Gewicht führt sowie die deutlich höhere Motorleistung. „Würde dagegen ein VW-Käfer mithilfe heutiger Technologie, jedoch mit gleichbleibendem Gewicht und gleicher Motorleistung gebaut, wäre der Kraftstoffverbrauch geringer und die Effizienz der Technik würde einen spürbaren Einsparungseffekt erbringen“.

Obwohl die Ansätze der Suffizienz in der Ökologie schon seit mehr als zwanzig Jahren diskutiert werden, lassen sich entsprechende Unternehmensstrategien in den westlichen Industrieländern kaum beobachten. Erst in jüngster Zeit finden die Ansätze in einzelnen Branchen Einzug. Schneidewind nennt hier beispielhaft die Automobilbranche und die Pharmaindustrie. Beide Märkte weisen hohe Sättigungstendenzen auf und selbst durch hohe Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen lassen sich nur minimale Wachstumsraten erzielen. Auf welche Suffizienzstrategie kann dabei zurückgegriffen werden? Schneidewind führt die 4 „E“s an, die 1993 von Wolfgang Sachs erstmals in diesem Zusammenhang erwähnt wurden. Sachs unterscheidet vier grundlegende Suffizienzstrategien: die Entrümpelung – absolute Reduktion konsumierter Produkte, die Entschleunigung – Langlebigkeit von Produkten, die Entkommerzialisierung – selber machen statt konsumieren, und die Entflechtung – Regionalisierung der Wertschöpfungskette. Strategieansätze, die auf den ersten Blick mit unserer heutigen Wirtschaft nicht kompatible scheinen. Zwar gibt es erst wenige Studien, die Suffizienz in der Unternehmensstrategie untersuchten, dennoch lassen sich gelungene Beispiele finden. Schneidewind hebt in seinem Papier drei Geschäftsmodelle hervor. Neben anderen auch die Regionalisierungsstrategie von McDonalds. Schneidewind: „Mit der Regionalisierung und den damit verbundenen ökologischen Vorteilen schafft McDonald´s Deutschland einen Anfang, sich mit seinem Geschäftsmodell in einem insbesondere in Europa ökologisch zunehmend sensibilisierten Markt der Verantwortung einer nachhaltigen Entwicklung zu stellen“. McDonalds hat in den letzen Jahren seine Zulieferstruktur komplett geändert. Inzwischen kommen u.a. 100 Prozent des Schweinefleischs und 93 Prozent des Rindfleischs aus Deutschland. Anhand der aufgeführten Beispiele lassen sich die Potenziale der Suffizienz als Business Case erahnen. „Die Vielfalt der angedeuteten Forschungsfragen macht deutlich, dass es sich lohnt, diese Fragenkomplexe stärker seitens der Betriebswirtschaftslehre zu erschließen“, so Schneidewind.

Eine ausführliche Version des Impulspapiers gibt es auf der Seite des Wuppertaler Instituts.

 


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