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Regierung sieht Nachholbedarf für neue Länder

Die Bundesregierung sieht auch 22 Jahre nach dem Fall der Mauer erheblichen Nachholbedarf für die neuen Länder. Wirtschaftskraft und Löhne in Ostdeutschland lägen weiter unter dem Niveau im Westen. Zugleich sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich: „Die neuen Länder sind hervorragend durch die Wirtschaftskrise gekommen – insbesondere dank einer mittlerweile sehr stabilen, soliden Industriestruktur.“

Berlin > Die Bundesregierung sieht auch 22 Jahre nach dem Fall der Mauer erheblichen Nachholbedarf für die neuen Länder. Wirtschaftskraft und Löhne in Ostdeutschland lägen weiter unter dem Niveau im Westen, was eine weitere Strukturförderung des Bundes erforderlich mache, heißt es in dem am Mittwoch vom Bundeskabinett gebilligten Jahresbericht zum Stand der Deutschen Einheit. Die Opposition warf der Regierung Schönfärberei vor.

Insgesamt zog Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) eine positive Bilanz des Aufbaus Ost. Das ostdeutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) steige weiterhin an und nähere sich dem Bruttoinlandsprodukt im Westen an. Das BIP pro Einwohner in Ostdeutschland ist dem Bericht zufolge auf rund 73 Prozent des Westniveaus gestiegen. „Die neuen Länder sind hervorragend durch die Wirtschaftskrise gekommen – insbesondere dank einer mittlerweile sehr stabilen, soliden Industriestruktur“, sagte Friedrich.

Allerdings gibt es dem Bericht zufolge noch immer Unterschiede bei Löhnen und Renten. Der rentenrechtliche Durchschnittslohn Ost habe mittlerweile rund 85 Prozent des Durchschnittslohns West erreicht. Der Rentenwert Ost sei bereits auf knapp 89 Prozent des Westwerts gestiegen. Die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt setze sich auch 2011 fort, sagte Friedrich. In Ostdeutschland gebe es erstmals seit der Wiedervereinigung wieder deutlich unter einer Million Arbeitslose. Das verfügbare Einkommen der Haushalte in den neuen Ländern habe sich in den vergangenen 20 Jahren „praktisch verdoppelt“.

Der bisher im Zentrum stehende Ausbau der Infrastruktur sei über die Verkehrsprojekte Deutsche Einheit weitestgehend abgeschlossen, erklärte Friedrich. „Trotzdem liegen noch große Aufgaben vor uns“, sagte der Minister. „Es gilt, die Chance aus der Energiewende für den ostdeutschen Arbeitsmarkt zu ergreifen und die Vorreiterrolle der Neuen Länder bei Umwelttechnologien weiter auszubauen.“ Ein großer Teil der Beschäftigten in diesen Branchen arbeitet in Ostdeutschland.

Aufgrund der Fortschritte am Arbeitsmarkt und bei der Steigerung der Wirtschaftkraft werden die ostdeutschen Länder dem Bericht zufolge nach 2013 voraussichtlich aus der Höchstförderung der EU-Strukturfonds ausscheiden. Um die erreichten Fortschritte zu konsolidieren, wolle die Bundesregierung Übergangsregelungen für eine weitere Förderung durch den Europäischen Strukturfonds durchsetzen, sagte der Minister.

Die Opposition warf Friedrich vor, die Probleme in den neuen Ländern zu beschönigen. Friedrich habe einen „Schönwetter-Bericht“ vorgelegt, kritisierte Linken-Parteichefin Gesine Lötzsch. Ostdeutschland sei inzwischen der „größte Niedriglohnsektor Europas“, die Arbeitslosigkeit liege mit 10,2 Prozent doppelt so hoch wie im Westen.

Die stellvertretende SPD-Fraktionschefin Dagmar Ziegler bezeichnete Friedrichs Bericht als „Ärgernis“. Die sozialen Unterschiede zwischen Ost und West seien „unverändert hoch“, zudem ignoriere das Gutachten Themen wie Langzeitarbeitslosigkeit und Altersarmut.

Die Grünen hoben auch positive Aspekte des Berichts hervor. Der Bericht zeige, dass „die Investition in Köpfe statt Beton funktioniert“, erklärte der Sprecher der Grünen-Arbeitsgruppe Ost, Stephan Kühn. Die Investitionen in Bildung, Forschung und Entwicklung müssten zu Lasten von Infrastrukturprojekten fortgesetzt werden.


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