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Statt eines Präsentes werden wir in diesem Jahr …: Gibt es nachhaltige Weihnachtsaktionen?

Diese Frage haben wir vor dem letzten Weihnachtsfest in der XING-Gruppe CSR Professional diskutiert. Hier dokumentieren wir auszugsweise einige Statements. Die vollständige Dokumentation der Diskussion mit weiteren Statements finden Sie hier.

Diskussionseinstieg:

Demnächst sind sie wieder in unserem Posteingang: die Mitteilungen unserer Lieferanten, dass in diesem Jahr anstelle von Kundenpräsenten an eine gemeinnützige Organisation gespendet wird. Weihnachten und der Einsatz für Bedürftige gehören in unserem Empfinden zusammen. Und deshalb laden Handelsunternehmen Kunden zu Spendenaktionen ein, beteiligen sich andere Firmen an Weihnachts-Tafel-Sonderaktionen, deshalb versenden wir die etwas teureren Weihnachtskarten gemeinnütziger Organisationen oder – Matched Giving – verdoppeln die Spenden unserer Belegschaft.

Es mag ein Reflex des schlechten Gewissens sein, auch an die Armen zu denken, wenn es uns selber sichtbar so gut geht. Für die Begünstigten sind einmalige Aktionen besser als gar keine Hilfe. Unternehmen müssen sich dabei trotzdem nach der Nachhaltigkeit ihres Tuns fragen lassen. Denn der Greenwashing-Vorwurf ist nicht weit entfernt.

  • Welche Kriterien müssen Weihnachtsaktionen von Unternehmen erfüllen, damit sie nachhaltig sind?
  • Wo gibt es gute Beispiele für solche Aktionen?
  • Oder sollten Unternehmen auf Weihnachtsaktionen ganz verzichten?

Diskutieren Sie mit uns!

Fritz Letsch:

„Statt eines Präsentes“ kommt bei mir nicht gut an: Mir wird etwas vorenthalten! Als Präsent unserer Firma möchten wir im Namen unserer Mitarbeitenden den Kunden … mit uns eine Tat für die Zukunft bringen … Das würde einen tatsächlichen Prozess der Mitarbeitenden voraussetzen, der das Präsent qualifizieren kann, eine betriebliche Zusammenarbeit ins richtige Licht stellt, nicht einfach eine Spende an einen Verband / eine Einrichtung, sondern Verbundenheit. Alle routinemässigen Weihnachtkarten und Präsente sind schnell Müll. Schade drum.

Hansjoerg Baltensperger:

Ich habe heute einen Brief der Firma T erhalten, mit dem folgenden Text: „Unsere Wahl ist auf die „Christoffel Blindenmission“ gefallen, weil wir davon überzeugt sind, dass unser Beitrag durch Ihre Organisation, aber auch durch den grossen Einsatz Ihrer Mitarbeiter und Verantwortungsträger an jene Menschen gelangt, welche in ihrer individuellen Lebenslage eine Unterstützung verdienen. Wir verstehen unsere Spende also nicht nur als materielle Hilfe für benachteiligte Menschen, sondern explizit auch als Anerkennung der durch Ihre Organisation geleisteten Hilfe.“
Da kommt enorm viel Wertschätzung entgegen, die für die MitarbeiterInnen von Hilfswerken sehr geschätzt und willkommen ist. Eine Spende, getragen durch diese Überzeugung, kann viel bewirken. Ich finde es toll und nachahmenswert für Viele!

Bianca Wiedemann:

Eine interessante Diskussion, welche auch uns derzeit wieder beschäftigt.
Grundsätzlich denke ich, sind (Weihnachts)spenden eine gute Sache, auch wenn sie häufig eine einmalige Sache bleiben.
Ich kenne einige Unternehmen, die machen sich wirklich Mühe, die für sie passende Initiative auszuwählen und nicht selten ergeben sich daraus auch intensivere Kontakte über Weihnachten hinaus. Dieses kann ein erster Schritt in Richtung Nachhaltigkeit sein; vorausgesetzt, das Denken hört an dieser Stelle nicht auf, sondern – im Gegenteil – löst ein Weiterdenken aus.
Ich kenne jedoch auch andere Unternehmen, die es sich einfach einfach machen möchten und diesen ganzen Weihnachtskram eher als lästig empfinden. Im Extremfall wollte das Unternehmen mit dieser Aktion sogar Kosten und Aufwand sparen. Schade, denn Weihnachten ist in unserem Kulturkreis für viele (also auch für Kunden, Lieferanten etc.) eine wichtige Zeit und damit eine gute Gelegenheit, die Beziehungen zu festigen und seine Wertschätzung auszudrücken.
Die Frage der Nachhaltigkeit ist für mich auch eine Kommunikationsfrage. Passen die Spende und auch die Initiative, die sie erhält, in das Gesamtkonzept einer nachhaltigen Unternehmensstrategie, kann das meiner Meinung nach auch so kommuniziert werden, why not? Ich denke, Kunden, Lieferanten u.a., die das Unternehmen kennen, wissen, was sie davon zu halten haben. Und bei den dreisten Fällen könnten Interessierte ja im Web 2.0 ihren Unmut ausdrücken. Wenn sich daraufhin dann jedoch ein Unternehmen entscheidet, im nächsten Jahr lieber wieder unnötigen Krimskrams durch die Welt zu schicken statt zu spenden, ist damit ja dann eigentlich auch niemandem mehr geholfen…
In diesem Sinne wünsche ich allen guten Ideen für Ihre Weihnachtsaktionen.

Riccardo Wagner:

Auf die Frage, ob es hier nachhaltige Aktionen geben kann, ist aus meiner Sicht dann mit Ja zu antworten, wenn folgenden Dinge gegeben sind, auch wenn es dabei um eine reine Spendenaktion geht:
1. Das Spendenziel bzw. der Zweck passt zur sonstigen hoffentlich vorhandenen CSR-Strategie – die ja grundsätzlich die gesamte Wertschöpfungskette abdecken sollte, nachhaltige Unternehmensentwicklung zum Ziel hat und durch wahrhafte, transparente Kommunikation (Dialog) begleitet wird.
2. Die Nachhaltigkeit sich nicht nur auf das Spendenthema bezieht, sondern auch auf die Kundenbeziehung, denn Social Case und Business Case sollten bei einer sinnvollen CSR-Maßnahme immer Hand in Hand gehen. Deshalb sollte eine solche Aktion zum Beispiel auf das Thema Kundenbindung aktiv einzahlen.

Christian Engweiler:

Wir „spendeten“ letztes Jahr statt Weihnachts-Präsente den gleichen Betrag an kiva.org in Form von Mikrokrediten an verschiedene Begünstigte. Die Massnahme war wirklich nachhaltig, denn seit unserer Investition sind schon ein Grossteil der Kredite zurückgezahlt und wurden wieder frei zur Re-Investition. In der Zwischenzeit konnten wir schon 2-3mal so viele Menschen unterstützen, wie wir ursprünglich gefördert haben. Echt nachhaltig!

Sandra Brix:

Wir sind eine Audio-Agentur mit 10 Mitarbeitern in Regensburg und werden dieses Jahr zum dritten Mal unsere „Weihnachtsspende“ tätigen. Hier geht es um 1.000,- €, das ist die Summe die wir bislang für Geschenke ausgegeben haben. Unsere Kunden und Geschäftspartner erhalten von uns einen Brief, in dem wir ihnen Frohe Weihnachten wünschen und Ihnen das Dankesschreiben des Spendenempfängers schicken, in dem die Summe steht und wofür das Geld eingesetzt wird. Diese Geste ist von unserem Geschäftsführer und von unserem Team ehrlich gemeint und wir freuen uns über die Aktion. Ob das alle unsere Kunden toll finden, wissen wir nicht genau. Diejenigen die es erwähnen, freuen sich mit uns. Vermutlich gibt es auch Verbesserungsmöglichkeiten für die Durchführung der Aktion bzw. die Formulierung des Briefes, aber wir sind uns sicher, dass unsere Spende sinnvoll eingesetzt wird. Denn die Auswahl der Spendenempfänger erfolgt über den persönlichen Kontakt. Wir spenden generell (auch während des Jahres) nur an Organisationen denen wir vertrauen und zu denen zumindest einer aus dem Team einen persönlichen Kontakt hat. Auf unserer Homepage haben wir natürlich eine Rubrik eingerichtet, auf der wir unsere Spendenempfänger knapp präsentieren, wir wollen ja auch zeigen was wir machen.

Marion Sollbach:

Eine Frage an all die Organisationen, die entweder wirkliche Produkte oder aber auch virtuelle Werte wie die helpcard anbieten: Dürften Sie in Ihrem Unternehmen ein solches Geschenk überhaupt noch annehmen?
In meinem Unternehmen gibt es vor Weihnachten immer eine Erinnerung, dass KEINERLEI Geschenke – und seien sie noch so geringwertig – angenommen werden dürfen. Wir müssen diese entweder an den Schenker zurückschicken oder beim Vorstandsbüro abgeben.
Könnte es sein, dass die Compliance Richtlinien von Unternehmen maßgeblich diesen Trend befeuert haben, an Organisationen zu spenden? So kann man dem Kunden Wertschätzung ausdrücken und trotzdem die Richtlinien einhalten.
Und wenn es Wertschätzung gegenüber dem Kunden ausdrücken soll, müsste die Frage da nicht eher lauten: Passt die unterstützte Maßnahme zu den Werten des Kunden? Und weniger: passt die Maßnahme zur CSR Strategie des Schenkers?

Andrea Stehmeyer:

Wir als SOS-Kinderdörfer Global Partner GmbH (eine 100%ige Tochterfirma der SOS-Kinderdörfer weltweit) begrüßen natürlich die Spendenbereitschaft von Unternehmen, die bekanntlich an Weihnachten alljährlich ihren Höhepunkt erreicht.
Nachhaltigkeit drückt sich für uns darin aus, dass Unternehmen transparent und glaubwürdig an Geschäftspartner, Kunden und Mitarbeiter kommunizieren können, an welche Organisation das gespendete Geld fließt und welches Projekt unterstützt wird.
Wir als SOS-Kinderdörfer Global Partner haben dieses Jahr erstmals die SOS-Geschenkkarte eingeführt. Mit dieser SOS-Geschenkkarte können Unternehmen im Namen ihrer Kunden, Partner oder Mitarbeiter Geld spenden und dies auf ganz anschauliche Weise belegen.
Der Zuspruch zu dieser Aktion ist enorm: Seit der ersten Bekanntmachung Ende Oktober haben sich bereits sehr viele Unternehmen dafür entschieden, auf diese Weise zu spenden und dadurch die Arbeit der SOS-Kinderdörfer zu unterstützen. Dies belegt in unseren Augen ganz deutlich den Wunsch von Unternehmen, transparent zu kommunizieren und sich auch bei der Auswahl der Projekte, für die man spenden möchte, Gedanken zu machen.

Dr. Thomas Salmen:

Weihnachten ist eine Gelegenheit, sich bei seinen Kunden zu bedanken. Ich selbst freue mich, wenn ich ein Präsent erhalte als Dankeschön, dass ich jemandem Umsatz beschert habe. Es ist eine wichtige Wertschätzung.
Optimal ist das Ganze, wenn man ein Präsent wählt, das CSR-Aspekte berücksichtigt, z.B. fair gehandelter Kaffee oder Schokolade. Oder – wie oben schon erwähnt – ein Produkt, mit dem eine Initiative unterstützt wird.
Also ich würde mir wünschen, häufiger statt Spenden etwas geschenkt zu bekommen nach dem Motto „Statt Spenden schenken wir Ihnen das hier und unterstützen damit die Kinder in xyz, die Ökobauern in zyx, den schonenden Umgang mit Ressourcen – und Ihr gutes Gewissen!“ Ich erhalte etwas und mein Schenker hat damit etwas Gutes getan. Das ist win-win-win.


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