Hückeswagen > Der Zusammenbruch autoritärer Regime in Nordafrika befeuert die Diskussion über Korruption. Offensichtlich haben sich die herrschenden Familien in Ägypten und Tunesien und ihre Unterstützer auf Kosten der Gesellschaft die Taschen gefüllt. Und auch in Deutschland findet die Diskussion über Bestechlichkeit und Bestechung immer wieder Nahrung. Jüngst etwa die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen eine Telekom-Tochter und gegen Volkswagen wegen eines Sponsoringvertrages für den VfL Wolfsburg, der mit auftragsfremden Gegenleistungen verbunden gewesen sein soll. Wo stehen wir in Bezug auf die Korruption?
In dem von Transparency International herausgegebenen „Global Corruption Barometer 2010“ zeigen sich 73 Prozent der Befragten in Europa davon überzeugt, dass die Korruption in den letzten drei Jahren zugenommen hat. 79 Prozent halten politische Parteien für korrupt, 51 Prozent die Wirtschaft und 50 Prozent die Kirchen und religiösen Organisationen. In Deutschland wurden 2009 insgesamt 6.354 Korruptionsstraftaten ermittelt – 26 Prozent weniger als im Vorjahr. Dabei weist die polizeiliche Kriminalstatistik eine Verlagerung der ermittelten Korruption auf die Privatwirtschaft aus: Die Fälle von Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr stiegen zum zweiten Mal in Folge stark an. Die Zahl nicht ermittelter Straftaten ist bei diesem Delikt hoch und wird von Experten mit über 90 Prozent angegeben.
Dass Wirtschaftsunternehmen Spenden mit einer Gegenleistung verbanden, sei bis zu einer Änderung des Strafgesetzbuches vor etwa 10 Jahren eine weit verbreitete Praxis gewesen, sagt Peter von Blomberg, Vorstand bei Transparency International Deutschland. Auch für die Situation heute sei der aktuelle Fall „nicht so ganz untypisch“. Dass dabei nicht nur große Unternehmen betroffen sind, ergänzt sein Vorstandskollege Caspar von Hauenschild: Eine solche Praxis sei auch „im handwerklichen Bereich weit verbreitet“. Die Leute hätten nicht verstanden, dass der Druck mit dem Gegengeschäft kein gutes Geschäft sei. Die gesetzlichen Regelungen seien ausreichend, es müsse aber weiter über den strafrechtlichen Tatbestand aufgeklärt werden.
Eigene Erfahrungen in Afrika und Asien haben mir den Eindruck vermittelt: Im Alltagsleben erscheint ein Handeln ohne Korruption fast unmöglich. Hinter vorgehaltener Hand sagen Experten: Es geht immer um eine Schadensabwägung, niemand bleibt da ganz schuldlos.
Und in Deutschland scheint die Diskussion viel zu stark auf Konzerne fokussiert; im Kleingewerbe und Mittelstand ist das Thema Korruption viel zu wenig angekommen.
Diskutieren Sie mit uns:
- Ist unternehmerisches Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern ohne Korruption möglich?
- Führen wir eine ehrliche Diskussion über Korruption?
- Und wie sieht es in Deutschland damit aus – auch in Handwerk, Kleingewerbe und Mittelstand?
Den Diskussionseinstieg finden Sie auf der Einstiegsseite der XING-Gruppe CSR Professional unter den NEWS.