Hannover > „Nachdem der kalifornische Computerriese Apple gestern eingeräumt hatte, dass bei der Herstellung des iPhones in einigen Fabriken Fälle von Kinderarbeit festgestellt worden sind, verurteilten Entwicklungs- und Umweltorganisationen heute zum Auftakt der Cebit einmal mehr die Arbeitsbedingungen in der IT-Branche“, war auf der Internetplattform inside-handy.de am Dienstag pünktlich zum Auftakt der Cebit zu lesen. Mich hat dabei gleich die Frage beschäftigt, ob investigativer Journalismus oder die Recherchen einer NGO diese Wahrheit ans Licht gebracht haben.
Bereits einen Tag vorher hatte die Internetplattform über den Fall geschrieben und berichtet: „Apple hat eingeräumt, dass bei der Herstellung des iPhones in einigen Fabriken Fälle von Kinderarbeit festgestellt worden sind. Laut einem auf der Apple-Webseite veröffentlichten Bericht waren die jungen Arbeiter bei drei Herstellern beschäftigt.“ Auch das hört sich sehr nach einem Geständnis an, das ein Konzern auf Enthüllungen hin ablegt.
Bereits eine Woche vorher – am 24. Februar – berichtete die Plattform macnotes.de: Apple legte einen „Supplier Responsibility Progress Report 2010“, einen Fortschrittsbericht zur Verantwortungsübernahme in der Supply Chain, vor. Darin berichtete das Unternehmen über die Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten sowie Schutz- und Gesundheitsmaßnahmen in seiner Zulieferkette, daneben um Umweltschutz, das Fabriken-Management und ethische Fragen. Im letzten Jahr wurden 102 Betriebe anhand eines Leitfadens überprüft In sechs Betriebe werden Macs, iPhones, iPods und iPads produziert. Bei diesen Überprüfungen wurden 17 grobe Regelverstöße aufgedeckt, darunter auch Fälle von Kinderarbeit: Es wurden Jugendliche beschäftigt, die 15 Jahre alt waren und damit das Mindestberufsalter von 16 Jahren unterschritten. Zudem wurde in einigen Betrieben die maximale Wochenarbeitszeit von 60 Stunden überschritten oder kein freier Tag pro Woche gewährt.
Eine Meldung zur Kinderarbeit in der Apple-Zulieferkette findet sich am 28. Februar auch in dem Blog m4gic.net. Sie enthält die Warnung: „Bevor nun eine Welle der Empörung ins Rollen kommt: der vorliegende Report mit sämtlichen Ergebnissen stammt von Apple selbst.“ Zu spät, die Welle der Empörung rollt. „Apple: Kinderarbeit und Ausbeutung bei iPhone-Produktion“, „Kinderarbeit bei der iPhone-Herstellung?“ und so weiter lauten die Schlagzeilen.
Die Probleme in der IT-Zulieferkette sind bekannt. Überlange Arbeitszeiten, der Zwang zu Hepatitis- und Schwangerschaftstests für Arbeiterinnen, miese Löhne und fehlende Arbeitsschutzmaßnahmen sind üble und nicht hinnehmbare Zustände. Da könnte es positiv bewertet werden, dass ein Unternehmen seine Supply Chain genau unter die Lupe nimmt, Regelverstöße öffentlich macht und dagegen vorgeht. Wollen wir Apple den zum Heucheln zwingen? Wollen wir denn nur ein ruhiges Gewissen haben, wenn wir unsere feinen iPods, iPhones und demnächst iPads nutzen – und dabei nicht an die Sorgen der Arbeiter in China und anderswo erinnert werden?
Wenn wir Unternehmen wollen, die sich ihren Herausforderungen stellen und dabei Transparenz an den Tag legen, müssen wir anders auf Corporate Social Responsibility-Berichte reagieren. Der Apple Supplier Responsibility-Fortschrittsbericht 2010 ist lesenswert: Er berichtet offen von den Ergebnissen des Monitorings, die unbefriedigend sind. Apple setzt im Umgang mit seinen Zulieferern auf eine Strategie der Qualifizierung und ein train-the-trainer-Programm. Eine solche Strategie ist anerkannt, denn es macht keinen Sinn, nach Regelverstößen ständig mit neuen Zulieferern von vorne zu beginnen. Aber eine solche Strategie macht während der Cebit keine Schlagzeilen.