Als 2015 syrische Bürgerkriegsflüchtlinge in großer Zahl den Münchener Hauptbahnhof erreichten, waren Zarah Bruhn und Sarah Schilberg als ehrenamtliche Helfer tätig. Gemeinsam mit ihrem Kommilitonen Maximilian Felsner diskutierte Zarah Bruhn, wie eine langfristige gesellschaftliche Integration der Geflüchteten gelingen könnte. Die beiden gründeten 2016 ein gemeinnütziges Zeitarbeitsunternehmen: die Social-Bee gGmbH.
Von Achim Halfmann
Zeitarbeit als gemeinnützige Integrationshilfe – das überrascht. „Natürlich werden wir auf diesen scheinbaren Widerspruch angesprochen, aber wir können das gut erklären“, sagt Sarah Schilberg, die heute als Marketing-Verantwortliche bei Social-Bee tätig ist. „Zeitarbeit bietet eine charmante Lösung zur Integration Geflüchteter.“
Die Idee des jungen Unternehmens: Eine Integration Geflüchteter in Unternehmen scheitert mitunter an dem damit verbundenen bürokratischen Aufwand und an fehlenden Sprachkenntnissen. Hier setzt Social-Bee an, indem es als Zeitarbeitsunternehmen einerseits die Arbeitgeber administrativ entlastet und andererseits die Geflüchteten bei Behördengängen und mit Sprachkursen unterstützt. Dafür sind Integrationsmanager:innen tätig, die Kontakt zu den Zeitarbeitnehmer:innen und ihren Betrieben halten. Die Arbeitnehmerüberlassung ist grundsätzlich langfristig angelegt – auf ein Jahr. Kurzzeitige Arbeitsüberlassungen bietet Social-Bee nicht.
Im Anschluss an das Überlassungsjahr unterstützt Social-Bee die zukünftigen Arbeitgeber bei der Übernahme der Geflüchteten. Etwa 500 Menschen konnte das gemeinnützige Unternehmen so bereits in eine Festanstellung vermitteln. „Arbeitsmarktintegration ist ein erster erfolgreicher Schritt in Richtung gesellschaftliche Integration“, sagt Sarah Schilberg.
Die Corona-Pandemie traf auch Social-Bee und deren Mitarbeiter:innen hart. Schilberg: „In einer Krise sind Zeitarbeitnehmer die ersten, die ihre Stelle verlieren.“ In mancher Firma wird das gemeinnützige Unternehmen nach der Pandemie ganz von neuem beginnen müssen. Zugleich bot die Krise eine Gelegenheit, „tief Luft zu holen und nach vorne zu denken.“ Daraus entstanden zwei neue Tätigkeitsbereiche:
Zum einen sind das Train the Trainer- Projekte, in denen Social-Bee Unternehmen bundesweit bei der Einstellung Geflüchteter hilft und nebenbei ihre Expertise zur Integration Geflüchteter an Akteure in Unternehmen und anderen Institutionen weitergibt.
Zum anderen führt Social-Bee – abseits von der Zeitarbeit – nun Integrationsprojekte mit Partnern durch. So werden gemeinsam mit SAP Geflüchtete in wenigen Monaten zu SAP-Beratern ausgebildet. Dieses Training wird im April abgeschlossen sein und dann sollen die Qualifizierten Festanstellungen in SAP-Partnerunternehmen erhalten.
In einem weiteren Projekt werden gemeinsam mit der Vector Stiftung in Stuttgart 20 Geflüchtete zu Pflegehelfern ausgebildet. „Durch unsere Kontakte in die Branche wissen wir, dass Vertreter aus Altenheimen zur Personalsuche ins Ausland fahren.“ Sarah Schilberg weiter: „Wenige Unternehmen wissen um das Potential unter den Geflüchteten. Viele verfügen über Pflegeerfahrungen und es fehlt ihnen nur ein in Deutschland anerkanntes Zertifikat.“ Als Projekt-Schirmherr fungiert der Grünen-Politiker Cem Özdemir. Es sind noch wenige Plätze frei, interessierte Unternehmen können sich bei Social-Bee melden.
Mit Blick auf die Arbeitsintegration Geflüchteter fordert Sarah Schilberg ein Umdenken in der Arbeitswelt: „Oft scheitert die Beschäftigung dieser Menschen daran, dass Unternehmen sich vor einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses fürchten – etwa durch Abschiebung“, sagt die Marketing-Expertin. „Dabei weiß ich auch bei einem deutschen Arbeitnehmer nie, wie lange er bleiben wird.“
Social-Bee im Internet: https://www.social-bee.de/
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