Essen > Über mangelndes Interesse in Fachkreisen der Wirtschaft können sich Kauf- und Warenhäuser derzeit nicht beklagen. Pohland, Woolworth, Adessa, Hertie, Wehmeyer und Sinn-Leffers – eine Vielzahl von Unternehmensinsolvenzen hat die Branche aufgeschreckt. Derzeit prägt die Diskussion über eine mögliche Staatshilfe für Arcandor die Medien. Kritische Stimmen zu staatlichen Eingriffen in der Branche kamen in dieser Woche aus den Häusern OTTO und Metro. Diskutiert wird derweil auch die Zukunft des Kauf- und Warenhauskonzeptes überhaupt. Dessen Anteil am Einzelhandelsumsatz ist von 14 Prozent in den 70er-Jahren auf heute 3,3 Prozent gesunken, hat das Handelsblatt errechnet. Immerhin: 91 große Warenhäuser und 28 Sporthäuser gehören allein zur Karstadt Warenhaus GmbH. Rund 30.000 Mitarbeiter sind dort täglich für etwa 2,5 Millionen Kunden engagiert. Kauf- und Warenhäuser haben mit ihrer etwa 150-jährigen Geschichte eine hohe Bedeutung für die Menschen an ihren Standorten, für Kunden und Arbeitnehmer. Verantwortung übernehmen sie aber auch weltweit – im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility. Das Beispiel Karstadt:
Mangelnde staatliche Regelungen oder deren fehlende Umsetzung bilden den Boden für Kinderarbeit, fehlenden Arbeitsschutz, die Verhinderung von Gewerkschaften oder Formen der Ausbeutung von Arbeitern weltweit. Dagegen setzt die Business-Social-Compliance-Initiative (BSCI) Standards für die Wahrung der Menschenrechte und Arbeitsnormen in der Zulieferkette und organisiert zugleich deren Kontrolle. Die dort definierten Beschaffungsregeln orientieren sich an den Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und dem Sozialstandard Social Accountability 8000 (SA8000). Die Ergebnisse von Prüfungen bei Zulieferunternehmen weltweit werden in einer gemeinsamen Datenbank festgehalten. Die BSCI entstand aus dem Sektorenmodell der Außenhandelsvereinigung des deutschen Einzelhandels, an dessen Entstehung die damalige KarstadtQuelle AG gemeinsam mit der Otto Group, Metro, Migros und anderen großen Anteil hatte. Kontrolle ist dabei nicht alles: Karstadt-Lieferanten werden durch Information, Schulung und Beratung in ihrer Verantwortungsübernahme gestärkt. Und Das Warenhaus stellt sich aktuell dem Stakeholderdialog, indem es seine Positionen gegenüber gesellschaftlichen Gruppen vor- und offenlegt und deren Diskussion anbietet.
Karstadt will zudem Fairtrade-gesiegelte Produkte in den Mainstream seines Produktangebotes integrieren. Der Lebensmittelsektor ist dabei die Schlüsselbranche. Etwa 50 Fairtrade-gesiegelte Produkte finden sich dort, Kaffee, Tee, Schokolade, Fruchtsäfte, Reis, Nudeln, Bananen und andere. In ihren jeweiligen Warengruppen macht der Anteil der TransFair-gesiegelten Produkte derzeit etwas über 1 Prozent aus. 3 bis 5 Prozent sind das Ziel. Voraussetzung dafür ist eine entsprechende Verbrauchernachfrage. Karstadt setzt deshalb in seinen Filialen seit Jahren auf zweiwöchige Veranstaltungen zur Verbraucherinformation. In anderen Warengruppen fällt die Einführung Fairtrade-gesiegelter Produkte schwerer. So musste der Derbystar Fair-Trade-Fußball wieder aus dem Programm genommen werden. Im Bereich Teppiche gehörte die KarstadtQuelle AG zu den Mitinitiatoren des Rugmark-Siegels, einer internationalen Initiative gegen illegale Kinderarbeit. Dem Global Compact ist der Mutterkonzern der Karstadt Warenhäuser, die Arcandor AG, im Jahr 2007 beigetreten. Arcandor betreibt für seine angeschlossenen Unternehmen – auch Karstadt – ein nachhaltiges Fuhrpark-Management und kann den CO2-Ausstoß seiner Fahrzeugflotte damit nachhaltig senken.
Ein Unternehmen kann seine Corporate Social Responsibility nur wahrnehmen, wenn es wirtschaftlich erfolgreich ist. Die Kauf- und Warenhäuser stehen in einem Strukturwandel, um diesen wirtschaftlichen Erfolg zu sichern. Warenhäuser übernehmen gesellschaftliche Verantwortung. Kann auch die Gesellschaft für Warenhäuser Verantwortung übernehmen, um diesen Prozess zu ermöglichen? Diese Frage wird in den kommenden Wochen Politik und Öffentlichkeit beschäftigen.