Die Gesundheits- und Sozialversorger St. Augustinus Gruppe ist mit sechs Hauptkanälen und über 10 000 Followern auf Facebook unterwegs und bedient daneben Instagram. Für das christlich-gemeinnützige Unternehmen arbeiten Christina Deselaers als CSR-Managerin und Patrick Festag als Marketing-Manager mit einem digitalen Schwerpunkt. Mit ihnen sprach Achim Halfmann für das CSR MAGAZIN über die Social Media-Kommunikation in einem besonders sensiblen Themenfeld: der Medizin.
CSR MAGAZIN: Wie verlief Ihr Weg in die Social Media?
Christina Deselaers: Viele unserer Zielgruppen nutzen digitale Kommunikationskanäle. So sahen wir Rezensionen zu unserer Arbeit auf Facebook und uns wurde klar: Wir müssen unsere Kommunikation professionalisieren und eigenen Content erstellen. 2015 haben wir erstmals Facebook für ein Projekt genutzt und 2017 ging der Facebook-Kanal für die St. Augustinus Gruppe an den Start. Später folgte Instagram.
Heute nutzen wir unterschiedliche Accounts für unterschiedliche Zielgruppen: Wir betreiben Facebook-Accounts der einzelnen Krankenhäuser, die ihre Patienten ansprechen, und einen Account der Gruppe – insbesondere für Job-Interessierte. Auf Instagram haben wir zunächst ebenfalls Job-Interessierte angesprochen. Inzwischen kommunizieren wir mit einem Gruppenaccount in einer größeren Vielfalt. Gegen TikTok haben wir uns bewusst entschieden, da deren Algorithmus Menschen mit Behinderungen benachteiligt.
Patrick Festag: Am Anfang unserer Social Media-Kommunikation war es gar nicht leicht, geeignete Inhalte zu finden. Mit manchen skeptischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern haben wir klärende Gespräche geführt. Nachdem wir aber erste Inhalte geholt und kommuniziert haben, wurde die Akzeptanz unter den Kollegen immer größer. Schließlich konnten wir gute Erfahrungen machen und so zeigen: Kritische Posts bekommen wir in den Griff. Seit dem letzten Jahr bieten wir Fortbildungen an, um Kollegen die Angst vor den sozialen Medien zu nehmen.
Viele medizinische Themen kommen dem Menschen sehr nahe. Wie bringen Sie das in die Social Media?
Wir sind gefordert, unsere Themen stilvoll und emphatisch zu kommunizieren, und dabei zu zeigen: Im Zentrum steht der Mensch, nicht die medizinische Leistung. Optimal ist es, wenn wir Personen vor die Kamera bekommen, und zwar nicht nur Vorstände und Geschäftsführer.
Zum Thema Adipositas durften wir eine Dame vom Erstkontakt bis zur Therapie begleiten und interviewen. Diese Beiträge haben ein großes Interesse erlebt. Die Menschen wollen Personen aus dem Alltag erleben, nicht immer nur den Chefarzt.
Für unsere Bildsprache und die Videos gibt es einen klaren Rahmen. Wir wollen starke Bilder, aber zeigen dabei niemals das Problem, sondern immer die Lösung und den Weg dorthin.
Christina Deselaers: Damit wollen wir zeigen, dass wir Menschen würdevoll begleiten und an ihrer Seite stehen. Am Ende des Tages will ich mit dem guten Gefühl einschlafen, dass wir helfen konnten.
Zu unserem zertifizierten Tumorzentrum hatten wir im Herbst eine große Kampagne mit emotionaler Bildsprache. Ein Teil dieser Kampagne lief auch über Social Media, zudem haben wir eine Landing Page erstellt: gemeinsam-krebs-bekaempfen.de. Unser Ziel war es, bekannter zu werden und zu zeigen: Wir verfügen über viel Knowhow und kümmern uns. Als Testimonials sind drei Patienten zu sehen, die bei uns in Behandlung waren oder sind. So möchten wir Menschen die Energie geben, sich mit uns zu unterhalten. Wir können nicht jedem helfen, aber wir sagen Betroffenen, dass sie auf keinen Fall allein sind. Dabei klingt der Kernauftrag unserer Ordensgemeinschaft an: die Nächstenliebe. Wir zeigen, dass wir mit Herz und Hand bei der Sache sind. Wir bieten Empathie und treten in den persönlichen Kontakt. Das schafft Nähe und Vertrauen.
Welche Reaktionen erleben Sie auf Kampagnen wie die zur Tumorbekämpfung?
Patrick Festag: Bei allen Kampagnen gibt es Menschen aus der Community, die liken, kommentieren und verlinken. Und natürlich gibt es auch negative Kommentare. Es gibt vereinzelt Leute, die in unseren Krankenhäusern nicht zufrieden waren und die darüber berichten. Denen wollen wir zeigen: Wir kümmern uns. Kein Kommentar soll im Sand versickern. Wo immer möglich suchen wir den persönlichen Kontakt. Intern arbeiten wir dazu mit unserem Beschwerdemanagement zusammen. Und in den Medien löschen wir keine kritischen Kommentare. Was wir allerdings löschen sind Beleidigungen.
Christina Deselaers: Es gibt Kollegen, die regelmäßig schauen, was auf unseren Social Media-Kanälen passiert – und die schnell reagieren. Im Prinzip läuft es dort nicht anders als mit den Leserbriefen in der klassischen Presse, nur bewegen wir uns in einem deutlich schnelleren Medium. Wir sehen eine geringere Hemmschwelle – und viele Chancen, mit Menschen in Kontakt zu treten.
Eine solch intensive Kommunikation wird nicht wenig Aufwand mit sich bringen.
Patrick Festag: Das bewältigen wir in einem Team. Mit den Interaktionen bin ich zwei bis drei Stunden am Tag beschäftigt. In den einzelnen Unternehmensbereichen gibt es Marketing-Referenten, von denen jeweils einer die Social Media-Verantwortung übernimmt. Insgesamt ist der Zeitaufwand schon recht hoch.
Einzelne Leistungen kaufen wir ein: Die Videos der Kampagne zur Krebsbekämpfung etwa sind von einer Agentur professionell erstellt worden. Ansonsten sind wir mit eigenen Bildern und Videos unterwegs. Wir schulen unsere Kollegen, damit sie wissen, worauf sie dabei achten müssen. Wir wollen keine Hochglanzbilder, sondern reale Momentaufnahmen aus dem alltäglichen Leben zeigen.
Wirkt sich die Ordensgeschichte Ihrer Häuser in dieser Kommunikation aus?
Christina Deselaers: Natürlich hat es Konsequenzen, dass in unserer Arbeit die Ordensschwestern weiterhin präsent sind. Im Aufsichtsgremium sitzen Schwestern und das Kloster ist von unserer Zentrale nur fünf Minuten zu Fuß entfernt. Wir bemühen uns, die Ordenstradition so zu übersetzen, dass sie ins moderne Leben passt. Es geht um eine Wertekommunikation, die von der Generation Z verstanden wird. In unserer Arbeit spiegelt sich die christliche Tradition wider, ohne dass wir jede Woche etwas Christliches posten.
Was kommt in den Social Media besonders gut an?
Christina Deselaers: Wir greifen die Fragen und Themen unserer Nutzer auf, zeigen soziale Projekte und das Engagement unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Darauf erhalten wir viele Reaktionen.
Eine hohe Beachtung finden Angebote an unsere Nutzer, wie sie sich selbst engagieren können. So haben wir etwa die Anfrage gepostet, wer Babymützen stricken könnte – und sehr viele Reaktionen darauf erhalten.
Herzlichen Dank für das Gespräch!