Sascha Genders
Blickt man heute auf den globalen Automobil- und Mobilitätsmarkt zeigt sich, dass der reine Verkauf von Automobilen mit einem Volumen von insgesamt 2.750 Mrd. US-Dollar rund 77 Prozent des Marktvolumens ausmacht. Bis zum Jahr 2050 ist von weiterhin wachsenden Märkten auszugehen wodurch der Wert durch Verkäufe auf dann voraussichtlich 3.770 Mrd. US-Dollar ansteigen wird. Die Dynamik zeigt sich aber in anderen Bereichen: Der Anteil durch Automobilverkäufe am Gesamtmarkt im Jahr 2050 (rund 8.760 Mrd. US-Dollar weltweit) wird dann „nur“ noch bei 43 Prozent liegen. Dem entgegen boomen zum Beispiel „geteilte Mobilitätsangebote“. Dies ist ein Grund, weshalb bereits seit einigen Jahren alle namhaften Automobilkonzerne auf das Thema „Shared Mobility“ aufspringen und auch anderen Mobilitätsanbieter wie zum Beispiel die Deutsche Bahn hier mit Vehemenz voranschreiten. Liegt das globale Marktvolumen der Shared Mobility heute noch bei 53 Mrd. US-Dollar, so steigt nach Einschätzung der Unternehmensberatung Accenture bis zum Jahr 2050 auf 2.518 Mrd. US-Dollar.
Neues Denken und externe Faktoren fördern Ökonomie des Teilens
Die Idee, Güter oder Dienstleistungen nicht dauerhaft zu besitzen, sondern nur dann zu gebrauchen, wenn der Bedarf besteht, ist nicht neu. Mit der zunehmenden Digitalisierung bieten sich in Sachen Shared Economy aber neue Potenziale, die in alle Bereiche des Lebens ausstrahlen. Das Teilen von Mobilitätsangeboten und Dienstleistungen – Shared Mobility – ist ein Teil dieser Shared Economy. Die Gründe, dass gerade hier enorme Wachstumspotenziale gesehen werden sind, vielschichtig:
Neben einer Marktsättigungen, der simplen Frage der Finanzierungbarkeit von Produkten, die den Großteil des Tages nicht genutzt werden, veränderten Konsumentenentscheidungen (Umweltbewusstsein bei bestimmten Käuferschichten), gepaart mit einem anderen Besitzstandsdenken (Statussymbole haben sich verändert) sind dies aber ohne Zweifel in wesentlichen Punkten äußere Einflussfaktoren, die ein Umdenken in Sachen Mobilität bewirken. Hier seien stellvertretend die Verkehrsinfarkte in den globalen Ballungszentren und Metropolen und damit einhergehend die Anforderungen in Sachen Luftqualität, Gesundheitsprävention oder Klimaschutz genannt.
Shared Mobility überall ein Thema: Auch in Mainfranken
Dass „Shared Mobility“ auch fernab der großen Metropolen und Mega-Citys ein wichtiger Baustein für die Mobilität der Zukunft ist, hat das Zentrum für Regionalforschung (ZfR) der Universität Würzburg nun in der Studie „Empirische Untersuchungen zur Shared Mobility in Mainfranken“ im Auftrag der IHK Würzburg-Schweinfurt untersucht. Der Blick nach Mainfranken, das einen großen räumlichen Teil des Regierungsbezirkes Unterfranken im Norden Bayerns abdeckt, und aus den zwei kreisfreien Städten Würzburg (rund 125.000 Einwohner) und Schweinfurt (rund 52.000 Einwohner) sowie sieben Landkreisen besteht, bestätigt dies.
Shared Mobility-Angebot in Würzburg
Es zeigt sich zugleich aber auch, dass bei Shared Mobility hierzulande nicht immer nur vom Carsharing gesprochen werden muss, gerade in Regionen mit Zentren und peripheren Gebieten ist die Vielfalt ein wesentlicher Aspekt: Während im ländlichen Raum Bürgerbusse relativ häufig angeboten werden, finden sich in den Zentren verstärkt Angebote mit Fokus auf Bikesharing und (institutionalisiertes) Carsharing.
Wer den PKW teilt, der fährt auch mit dem ÖPNV
Spannend wird es, wenn neben der Angebotsseite insbesondere die Nutzer integriert werden und hierdurch Aussagen zu Bedarfen möglich sind. Die IHK-Studie zeigt, dass rund 20 Prozent der insgesamt rund 1.000 Befragten in der Region bereits Erfahrung mit Shared Mobility gemacht haben. Weiterhin ist ersichtlich, dass sowohl Nutzer als auch Nicht-Nutzer von Sharingangeboten in den meisten Fällen einen Führerschein haben, jedoch sind die Nutzer deutlich seltener im Besitz eines eigenen PKW. Hinzu kommt: Zwei Drittel der Nutzer haben eine Zeitkarte für den öffentlichen Verkehr. Zudem wird die Nutzung insbesondere verstärkt an solchen Knotenpunkten und Leihstationen nachgefragt, wo sich unterschiedliche Mobilitätsangebote – Auto, Rad, Bahn, ÖPNV – kreuzen. Für eine systematische Förderung von Shared Mobility bedarf es demnach nicht nur ganzheitliches Denken in verkehrsträgerübergreifenden Verkehrskonzepten, es muss vielmehr auch die Umsetzung aller Maßnahmen zeitgleich stattfinden, um positive Effekte – sei es mit Blick auf Verkehrsreduzierung oder Luftqualitätsverbesserung – zu erreichen. Auf die am Main gelegene Domstadt Würzburg bezogen – in Sachen Einwohner auf Rang sechs in Bayern und Rang 58 in Deutschland liegend – bedeutet dies zum Beispiel, dass Shared Mobility nur dann erfolgreich sein wird, wenn zugleich über eine Erweiterung des Straßenbahnnetzes oder über Anpassungen im ÖPNV nachgedacht wird. Solitäre Lösungen sind wenig zielführend.
Unwissenheit erzeugt Hürden für potenzielle Nutzer
Weiterhin zeigt die Studie, dass nach wie vor „Angst und Unsicherheit“ vor der Shared Mobilität vorhanden ist. Hürden seien demnach, dass Menschen nicht wissen, wie das Angebot von Leihautos oder Leihrädern in Anspruch genommen werden kann oder welche Kosten wann ausfallen. Es muss demnach deutlich stärker als bislang – und dies gilt zweifelsohne für viele Regionen und Städte hierzulande – die Werbetrommel für Shared Mobility gerührt werden. Es braucht eine Transparenz- und Informationsoffensive zum Umgang mit Shared Mobility, um Zweifel und Unwissenheit abzubauen, zumal Preise, Verfügbarkeiten und andere Informationen öffentlich zugänglich sind.
Es muss demnach deutlich stärker als bislang – und dies gilt zweifelsohne für viele Regionen und Städte hierzulande – die Werbetrommel für Shared Mobility gerührt werden.Um eine Vermarktungsstrategie etablieren zu können, benennt die Studie spezifische Zielgruppen. Demnach sei die Hälfte (47 Prozent) der Verkehrsteilnehmer dem Konzept des Teilens in der Alltagsmobilität aufgeschlossen. Hierzu zählen die Gruppen der ökologisch motivierten ÖPNV-Fahrer mit Shared Mobility-Erfahrung sowie die der indifferenten, dem Teilen nicht abgeneigten Pkw- und ÖPNV-Fahrer, die es konkret anzusprechen gelte.
Mobilitätswende ganzheitlich vorantreiben
Aus der Gesamtschau werden Handlungsempfehlungen benannt, die exemplarisch auf ähnliche Regionen übertragbar sind. Hierzu gehören verkehrsplanerische Maßnahmen und Tarifgestaltung, Kommunikation und Marketing, etwa die Erarbeitung von Probe- oder verbesserten Informationsangeboten und der Standortoptimierung mit Blick auf eine bessere Erreichbarkeit oder die Verknüpfung mit ÖPNV-Angeboten etc. Ein Mobilitätsangebot könne langfristig nur dann erfolgreich umgesetzt werden und Verkehrs- und Umweltbelastung reduzieren, wenn alle Mobilitätsangebote multimodal verknüpft würden.
Die Studie „Empirische Untersuchungen zur Shared Mobility in Mainfranken“ ist in der Schriftenreihe der IHK Würzburg-Schweinfurt veröffentlicht (Nr. 39/2017) und steht kostenfrei zum Download zur Verfügung unter www.wuerzburg.ihk.de/shared-mobility.
Autor: Dr. Sascha Genders, IHK-Bereichsleiter Standortpolitik, Existenzgründung und Unternehmensförderung