Berlin (csr-news) – Die Zahl extremistische Vorfälle an Schulen steigt in mehreren Bundesländern deutlich. Das gilt zumindest für die Bundesländer, die bei einer Umfrage der „Welt am Sonntag“ entsprechende Statistiken vorlegten (> zur Meldung). Zu den gemeldeten Vorfällen zählen etwa „Judenwitze“, „Sieg Heil“-Schriftzüge und „Hitlergrüße“ im Klassenzimmer, die Beleidigung von Mitschülern als „Kanaken“ oder „schwarze Sau“ und Bemerkungen wie „Verbrenn’ die Juden“.
In Sachsen stehen 50 extremistische Vorfälle im Jahr 2019 nun 149 Vorfällen im Jahr 2023 gegenüber. Mecklenburg-Vorpommern verzeichnete allein in diesem Januar 34 Meldungen, im ganzen Jahr 2023 waren es 17 Vorfälle. Baden-Württemberg erfasste an Schulen im Schuljahr 2020/21 zwölf Fälle „antisemitisch und anderweitig religiös und ethnisch motivierte Diskriminierungen“; im laufenden Schuljahr waren es bis zum 20. März bereits 35 Vorfälle dieser Kategorie. In Hessen verdreifachte sich im Jahr 2023 das Aufkommen rechtsextremistischer Vorfälle gegenüber dem Vorjahr auf 35 Meldungen; in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres wurden bereits 39 rechtsextremistische Vorfälle gemeldet.
Inwiefern die gestiegenen Zahlen zu extremistischen Vorfällen auf ein verändertes Meldeverhalten der Schulen zurückgehen, bleibt laut der Zeitung unklar. Zudem antworteten zahlreiche Bundesländer nicht oder teilten mit, keine entsprechenden Zahlen zu erheben.
Die „Welt am Sonntag“ sprach mit Matthias Busch, Professor für Didaktik an der Universität Trier und Leiter des Projektes „Aktiv für Demokratiebildung im Lehramt“. Lehrkräfte fühlten sich angesichts der gesellschaftlichen Polarisierung alleingelassen und gingen zu etwa einem Drittel fälschlich davon aus, „neutral sein zu müssen“ – selbst bei grundgesetzfeindlichen oder rassistischen Aussagen. Das führe dazu, dass politisch kontroverse Themen nicht angesprochen würden, zitiert die „Welt am Sonntag“ den Wissenschaftler weiter.
Die saarländische Bildungsministerin und amtierende Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Christine Streichert-Clivot (SPD), sagte der Zeitung zum Anstieg der gemeldeten Extremismusvorfälle: „Wir beobachten in der KMK diese Entwicklungen natürlich mit Sorge.“ Sie verwies zudem auf „viele positive Entwicklungen“ – etwa dass Schüler, Eltern und Lehrer gemeinsam auf der Straße „Zeichen gegen Hass, Diskriminierung, Populismus, Antisemitismus und Extremismus“ setzten. Laut „Welt am Sonntag“ bezeichnete die KMK-Präsidentin eine Vereinheitlichung der Erfassung extremistischer Vorfälle an Schulen aufgrund der unterschiedlichen Situationen in den einzelnen Bundesländern als „nicht unbedingt zielführend“. Eine solche Vereinheitlichung hatte nach dem Bericht der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, gefordert.