Jena (csr-news) – Mitte November 2023 startete der Technologiekonzern Jenoptik aus Jena die Kampagne „Bleib offen“. Etwa vier Monate zuvor war im 95 Kilometer entfernten Sonneberg ein AfD-Politiker zum Landrat gewählt worden. Danach „traten viele Journalisten an uns heran und fragten, ob wir schon Zurückhaltung bei Stellenbewerbern erlebt haben,“ sagt Sabine Klisch, Director Corporate Identity & Communication bei dem Thüringer Konzern.
Jenoptik-CEO Stefan Traeger äußerte sich in einem Interview mit dem Magazin Spiegel; er beobachtete, „dass das gesellschaftliche Klima rauer wird. Die Menschen haben so viele Krisen gesehen, die können gar nicht mehr richtig durchschnaufen“. Erst radikalisiere sich die Sprache, dann die Politik. „Wir wollen uns nicht in die Tagespolitik einmischen. Aber wir wollen unsere gesellschaftliche Verantwortung nutzen, um zu erklären, welche Rahmenbedingungen wir brauchen, um erfolgreich zu bleiben“, so der in Thüringen geborene promovierte Physiker.
Im August begann die Kommunikations- und Marketingabteilung, Ideen für eine Kampagne zusammengetragen und mit einer Kommunikationsagentur auszutauschen. Sabine Klisch berichtet: „Klar war: Wir wollen etwas Positives tun, uns für etwas aussprechen. Und natürlich sollte die Aktion auch auf unser Employer Branding einzahlen.“ Die Aktion sollte sich zudem an den Unternehmenswerte orientieren und die Mitarbeitenden einbeziehen.
Für den global agierenden Photonic-Konzern arbeiten mehr als 4.400 Personen weltweit; am Hauptsitz in Jena sind Menschen aus 29 Nationen tätig. Würde sich die Belegschaft in die Aktion einbeziehen lassen? „In wenigen Tagen haben wir von vielen Mitarbeitenden gehört: ‚Wir machen mit‘ – und das, obwohl sie wussten, dass wir 9 qm große Plakate outdoor planten“, sagt Klisch. „Das Fotoshooting fand dann im September statt. Danach haben wir noch an Texten und am Artwork gefeilt und am 13. November startete die Kampagne.“
Das Unternehmen Jenoptik kennzeichnet eine von Umbrüchen geprägte Geschichte. Im Jahr 1846 eröffnete Carl Zeiss in Jena seine optische Werkstatt. Während der DDR-Zeit firmierte das Unternehmen als Kombinat VEB Carl Zeiss Jena. Nach der Wende stand die Jenoptik Carl Zeiss Jena GmbH mehrere Jahre unter Treuhandverwaltung und – in Teilen – im Staatseigentum. 1998 ging die Jenoptik AG an die Börse, das Land Thüringen verkaufte seine letzten Anteile an dem Unternehmen Ende 2007. Stefan Traeger, der vor seinem Physikstudium eine Berufsausbildung bei Carl Zeiss abschloss, wurde 2017 zum CEO des Unternehmens und trieb den Kulturwandel mit einer Fokussierung auf die Unternehmenswerte ‚Open‘, ‚Driving‘ und ‚Confident‘ weiter voran.
„Openess“ überschreibt die aktuelle Initiative gut, deren Kernbotschaften lauten:
„Bleib offen … für Vielfalt.“
„Bleib offen … für andere Perspektiven.“
„Bleib offen … für die Zukunft.“
„Wer Schranken aufbaut, beschränkt Entwicklung“, lautet ein Slogan auf der Website.
„In Fokus der Kampagne stehen insbesondere die Menschen in Thüringen“, sagt Klisch. Sie sollen mit Plakaten, Printanzeigen, Aufklebern und Postkarten erreicht werden. Online setzt das Unternehmen auf eine Kampagnen-Website, YouTube und Google Ads. Klisch weiter: „In der zweiten Dezemberhälfte waren wir im Radio bei Antenne Thüringen zu hören. Der Großteil der ersten Kampagnenphase ist jetzt durch. Enden wird sie Anfang Februar.“
Den Starttermin Mitte November wählte Jenoptik bewusst: „Zum einen wollten wir als Unternehmen eine Führungsrolle einnehmen. Und zudem fand zu diesem Zeitpunkt der Digitalgipfel der Bundesregierung in Jena statt, den daraus entstehenden Multiplikatoreneffekt haben wir gerne genutzt“, so die Kommunikationschefin.
Von den Mitarbeitenden erreichte die Kommunikationsabteilung viele positive Resonanzen, insbesondere über das Intranet. Gab es auch ablehnende Kommentare? „Manche Kollegen haben das Gespräch mit unserem CEO gesucht, mancher sicher auch mit einer kritischen Rückmeldung“, so Klisch. Kritik erreichte das Unternehmen über Social Media und die Website.
Wie wird es weitergehen, wenn die Kampagne Anfang Februar ausläuft? „Mit angestoßen durch uns entstand die Initiative ‚Weltoffenes Thüringen‘“, sagt Klisch. Die Initiative startet heute; etwa 3.000 Privatleute und Organisationen beteiligen sich dort bereits. „Deren Verlauf wird darüber entscheiden, wie wir eine zweite oder dritte Phase der Kampagne planen.“
Und was hat die Aktion „Bleib offen“ erreicht? Klisch sagt: „Für manche Wirtschaftsunternehmen war unsere Kampagne ein Anstoß zu überlegen, ob sie sich positionieren wollen oder nicht. Einige haben sich positioniert, andere wollen lieber neutral bleiben.“
Die Kampagnen-Website: https://bleiboffen.de
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