Duisburg (csr-news) – „Als Vorstandsvorsitzender halte ich eine auf Abschottung zielende Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik für uns alle für schädlich und wohlstandsgefährdend“, ließ Infineon-CEO Jochen Hanebeck seine Follower auf LinkedIn am 17. Januar wissen. Über Chancen, Risiken, Hoffnungen und Ängste bei der Gestaltung unserer gesellschaftlichen Zukunft könne gerne diskutiert werden – offen und mit Respekt, demokratisch. Hanebeck weiter: „Nicht verhandelbar sind jedoch die Grundwerte unseres friedlichen Zusammenlebens. Hass und Ausgrenzung dürfen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben.“
Mit über 2.600 Likes und 120 Kommentaren erlebt der Beitrag eine große Beachtung. Zahlreiche zustimmende Kommentare stammen von Infineon-Mitarbeitenden. Aber es positionieren sich ebenso andere Vorstände und führende Manager. In einigen Medien war zuvor kritisiert worden, dass sich Wirtschaftsvertreter kaum zu rechtsextremen Tendenzen und Positionen in Deutschland äußern. Berichte des Recherchenetzwerks “Correctiv” zu einem Geheimtreffen von Rechtsextremen, AfD-Politikern und Unternehmern im November in Potsdam hatten die Diskussion zur politischen Verantwortung von Unternehmen und ihrem Führungspersonal angefacht.
Michael Schmelmer ist in der Unternehmensleitung von Boehringer Ingelheim für Finanzen zuständig und kommentiert: „ich bin fest überzeugt davon, dass eine vielfältige und inklusive Unternehmenskultur ein zentraler Baustein für wirtschaftlichen Erfolg und gesellschaftlichen Zusammenhalt ist.“ Die Wirtschaftskraft Deutschlands beruhe auf der Offenheit für Innovation, Veränderung und Vielfalt der Unternehmen. Schmelmer weiter: „Insofern sind Unternehmen gerade als Arbeitgeber aufgefordert, sich kontinuierlich und auf Basis klarer Werte für Respekt und Toleranz einzusetzen“.
Statements gibt es ebenso aus dem Mittelstand, etwa von Jens Müller, CEO bei TBench.Solutions UG. „Kluge Köpfe kennen keine Nationalität“, so Müller. „Ich glaube dass es für uns alle zudem sehr wichtig ist auf das zu setzen, was uns die Erfahrung aus der Zeit des Nationalsozialismus lehrt.“ Und der CTO von Zamann Pharma Support, Reza Esmaeili Soumeeh, kommentiert: Ich denke, es wäre ein großer Schritt in die richtige Richtung, wenn Unternehmen in Deutschland wie Infineon der Öffentlichkeit immer wieder zeigen würden, wie viel Prozent ihrer Belegschaft einen Migrationshintergrund haben und was diese Menschen hierzulande jeden Tag leisten.“
Am 17. Januar bezog ebenso der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Ulrich Reuter, auf LinkedIn Stellung. “Wenn es um unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung geht, können wir nicht neutral sein. Wir stehen deshalb klar an der Seite der positiv denkenden Menschen in diesem Land. Auf der Seite der Menschen, die sich für unser Gemeinwesen einsetzen, für Ausgleich, für Respekt und Toleranz, für die Grundwerte unseres Grundgesetzes, für unsere liberale Demokratie”, postete Reuter. “Wir alle müssen aktiv für die Werte eintreten, die uns in einer freiheitlichen Demokratie einen. Wir müssen unsere Entschlossenheit deutlich zum Ausdruck bringen – dringender als jemals zuvor.”
Lars Witteck, Vorstandssprecher der Volksbank Mittelhessen, positionierte sich am 19. Januar später zur AfD und der Debatte um Remigration mit einem ebenfalls vielbeachteten Post auf LinkedIn. “Manch einer denkt vielleicht, dass die AfD die Welt wieder so machen kann, wie sie in den heimeligen 80’ern unter Helmut Kohl war – aufwachen werden wir aber in den 30’ern, mit selbst ernannten Herrenmenschen, mit Terror und Angst.” Witteck fordert Verantwortungsübernahme von Wirtschaft und Zivilgesellschaft: “Dagegen müssen wir aufstehen – nicht nur Politik und Kultur, sondern auch und gerade die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft. Wer nicht weiter als bis zum nächsten Quartalsergebnis denkt, hat nicht begriffen, was in unserem Land gerade vor sich geht!”
Ebenfalls am 19. Januar schrieb Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, auf LinkedIn: “Die AfD ist brandgefährlich: Für unsere Gesellschaft, unsere Demokratie – und auch für unsere wirtschaftliche Zukunft”. Hüther weiter: “Zukunftsängste, Strukturschwäche und eine schleppende wirtschaftliche Dynamik treiben die Menschen in die Arme von Populisten. Nur eine zukunftsgerichtete Industriepolitik und entsprechende Investitionen können diese Ängste nehmen. Von der AfD können die Menschen keine überzeugenden Lösungen erwarten.”
Bereits vor einem Jahr hatte sich BDI-Präsident Siegfried Russwurm positioniert: “Deutschland lebt von Weltoffenheit und internationalem Handel. Wir sollten daher nicht so tun, als würde eine politische Bewegung, die die Wende rückwärts zu Nationalismus beschwört, keine negativen Folgen haben für unser Land. Im Gegenteil, die AfD ist schädlich für die Zukunft von uns allen – für die Wirtschaft, für unser Ansehen und unseren Erfolg in der Welt”, so Rosswurm auf LinkedIn. “Es ist an der Zeit, uns den Aussagen der AfD auch öffentlich entgegenzustellen. Ökonomisch, politisch und militärisch bleibt Deutschland angewiesen auf die globale Einbettung.”
Aktualisiert am 20.01.24, 13:30 h