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Mehr Bildung statt zu viel Wissen und Technik

Unsplash+ / Kateryna Hliznitsova

Stärkung der Kreislaufwirtschaft: Ein Beitrag für das 40. CSR MAGAZIN

Wird von Kreislaufwirtschaft gesprochen, verlaufen die Denk- und Diskussionspfade meist rasch in Richtung Technologie und Technik. In einem zutiefst von Ingenieurskultur und -kunst geprägten Industrieland mag das nicht verwundern – und zweifelsohne werden viele Lösungen zur Bewältigung unserer drängenden Nachhaltigkeitsherausforderungen letztlich darauf hinauslaufen. Jedoch weisen nicht nur Experten des Wuppertal Instituts darauf hin, dass technologische und technische Aspekte möglicherweise der wahrlich einfachere Teil der Lösungen sein werden im Kontext einer gesamtgesellschaftlichen und umfassenden industriellen Umkehr vom linearen zum zirkulären System. Oder, wie es die Europäische Umweltagentur sowie der Rat für Nachhaltige Entwicklung ausdrücken: Ohne Bildung zur Kreislaufwirtschaft keine Ergründung, Anwendung und Umsetzung neuer Technologien, Produkte und Dienstleistungen.

Von Tim Breitbarth und Isabelle Dachs

Wenn wir über Kreislaufwirtschaft sprechen, sollten wir also Bildung in all ihren Formen als Angelpunkt in den Fokus rücken. Denn ohne den Dreiklang aus passendem Wissen, Kompetenzen und Fähigkeiten laufen wir Gefahr, die befriedigende Vorstellung von und Fokussierung auf technologische Lösungen der Kreislaufwirtschaft zur Schimäre verkommen zu lassen. So reicht es nicht, dass Menschen wissen, dass ein Produkt repariert werden kann, und diese Produkteigenschaft gegebenenfalls regulativ eingefordert wird. Wir brauchen auch die individuelle Kompetenz, um entscheiden zu können, unter welchen Umständen dies machbar und sinnvoll ist. Sowie kulturelles und persönliches Erfahrungswissen und die soziale Akzeptanz des Reparierens – das bedeutet, dass ist nicht nur ‚okay‘ ist, sein Fahrrad in Reparatur zu geben, damit es wieder nutzbar wird, sondern eine derartige Selbstverständlichkeit auch auf andere Produktgruppen zutrifft wie Kleidung und Elektrogeräte.

Kreislaufwirtschaft und ihr Ursprung im systemischen Verständnis

Der Zustand unseres Planeten offenbart, dass eine Abkehr vom linearen Wirtschaftssystem bereits gestern hätte stattfinden müssen. Illustrativ dafür ist der Earth Overshoot Day, an dem die jährliche regenerative Kraft der Erde erschöpft ist – der global im August und für Deutschland im Mai liegt – sowie, dass die Menschheit in den letzten zwei Jahrzehnten die Extraktion von Rohstoffen um 70% gesteigert hat. Auch wenn eine komplette Zirkularität nie erreicht werden wird, verspricht die Hinwendung und ambitionierte Umsetzung des Konzepts der Kreislaufwirtschaft die nachhaltige Verbesserung unserer menschlichen Lebensgrundlagen. Folgerichtig sind der Wandel hin zu einer zirkulären Wirtschaft und entsprechende gesellschaftliche Unterstützung von zunehmender politischer Bedeutung, wie am Circular Economy Action Plan der EU (CEAP) oder der deutschen Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) zu sehen.

Und doch fungiert Kreislaufwirtschaft derzeit eher als Sammelbegriff: von der landläufigen Gleichsetzung mit Recycling, vor allem in Deutschland – in eigener Wahrnehmung DIE Mülltrennungsnation – und damit der Forderung und Suche nach funktionierender Abfallwirtschaft; über die Verkürzung auf 3Rs (Reduce, Reuse, Recycle), also einer Art Toolbox zur Umsetzung einer zirkulären Wirtschaft; hin zum feingezeichneten, kaskadierendem Butterfly Modell der Ellen MacArthur Foundation, das drei Prinzipien in den Mittelpunkt stellt: Müll und Verschmutzung zu eliminieren, Produkte und Materialien im Kreislauf zu behalten sowie Natur zu regenerieren. Letzterer Ansatz kommt dem systemischen und zunächst von Technologien losgelösten ursprünglichen Denken der Kreislaufwirtschaft der Ökonomen Boulding (1960er Jahre) sowie Pearce und Turner (1990er Jahre) nahe.


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