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Revived, Reused & Recycled

Foto: Unsplash+ / Jayson Hinrichsen

Vintage, Archive Fashion, Shabby Chic heißen die Buzzwords der modebewussten Jugend

Wenn Teenager und junge Erwachsene heute shoppen gehen, führt ihr Weg nicht automatisch in die nächste Fast-Fashion-Filiale. Die Zeiten, in denen sie sich bei H&M, Zara, Primark & Co. sackweise mit Klamotten eingedeckt haben, scheinen vorbei – zumindest für einen wachsenden Teil der Jugend. Statt billiger Mode von der Stange thriften immer mehr. Mit anderen Worten: sie kaufen secondhand, auch online.

Von Tong-Jin Smith

Berlin (csr-news) – Vertreter:innen der Generation Z machen sich mehr Gedanken über den Klimawandel als jede Generation zuvor. Zahlreiche Studien belegen das. Sie gelten auch als die Generation, in der Individualität und Kollektivität Hand in Hand gehen. Entsprechend legen sie Wert auf Stil, Geld und Nachhaltigkeit. Aber noch wichtiger ist für sie, dass diese drei Dinge zusammen gehen können und sollten. Laut dem aktuellen „Resale Report“ von Online-Secondhand-Händler Thredup sagt global fast die Hälfte der Generation Z, dass sie sich strikt weigert, bei Fast-Fashion- und nicht-nachhaltigen Marken einzukaufen, obwohl Labels wie das umstrittene chinesische Shein auf TikTok weit verbreitet sind. Die Studie zeigt auch, dass 65 Prozent eher Secondhand-Kleidung kaufen als aus erster Hand und dass es ein wachsendes Interesse an „fairen Waren“ gibt, oder an solchen, die ein paar Gebrauchsspuren aufweisen. Vintage, Archive Fashion, Shabby Chic heißen die Buzzwords der modebewussten Jugend. Aber auch Millenials und Gen X trifft man auf Flohmärkten, im Secondhand-Laden oder online auf Plattformen wie Depop, Vinted und Vestiaire Collective.

Second Hand im Trend

Entsprechend geht der Bericht davon aus, dass der globale Markt für gebrauchte Mode von aktuell 211 Milliarden Dollar auf 351 Milliarden Dollar im Jahr 2027 wachsen wird. Schon nächstes Jahr wird erwartet, dass 10 Prozent des globalen Modemarkts mit Secondhand-Waren erwirtschaftet wird. Ganz so optimistisch ist die Ellen MacArthur Stiftung zwar nicht und spricht von 250 Milliarden Dollar für 2027, aber der Trend ist dennoch da. Die wachsende Beliebtheit von Resale ist nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine ökologische Chance. Sie spiegelt sich in den wandelnden Konsumgewohnheiten der entwickelten Welt wider sowie im Umdenken von Unternehmen.

Getrieben wird der Trend aber vor allem von Online-Anbietern und der Inflation, insbesondere in Nordamerika und Europa. Auch in Deutschland wächst der Secondhand-Markt seit Jahren, wie der jüngste Bericht der Marktforschungsgesellschaft IFH Köln belegt. Demnach konnte 2022 Secondhand in Deutschland ein Marktvolumen von 14,8 Milliarden Euro generieren. Das entspricht zwar nur insgesamt zwei Prozent des Umsatzes im Einzelhandel, aber die steigende Relevanz des Themas Nachhaltigkeit ist dennoch sichtbar. „Konsument:innen fordern vom Einzelhandel vermehrt Konzepte zur Schonung der Umwelt. Zusätzlich sorgt die Inflation mit Preissteigerungen in sämtlichen Bereichen für Verschiebungen von Ausgabeprioritäten, gezieltes Suchen nach Sonderangeboten oder nun auch vermehrt für Einkäufe von Gebrauchtware“, resümiert das IFH Köln.

Thrifting erlebt Imagewandel

Ganz neu ist Thrifting demnach nicht. Allerdings durchläuft dieser Teil der Circular Economy seit einigen Jahren einen Imagewandel. Es ist gar nicht lange her, da galten Hosen, Jacken, Schuhe, Schmuck und Uhren aus dem Secondhand-Laden als abgewetzte, zweitklassige Alternativen zur begehrten Neuware. Wer in diesen Geschäften einkaufte, musste aufs Geld achten oder wollte einfach nicht viel ausgeben. Die Trendwende kam Mitte der 90er Jahre mit dem Onlinemarktplatz Ebay. Plötzlich war es in bestimmten urbanen Nachbarschaften wie dem Prenzlauer Berg in Berlin cool, gebrauchte Kleidung für sich und seine Kinder zu kaufen. Auf dem Spielplatz wurden Preise und Qualität der Schnäppchen verglichen und vor allem die Vintage-Stücke von bekannten Designern bewundert. Die Kinder, die damals Marken-Latzhosen und Designer-Kleidchen von unbekannten Vorgängern und Vorgängerinnen auftrugen, sind heute die Trendsetter in Sachen Thrifting.

„Ich war, glaube ich, 14 Jahre alt, als ich das erste Mal in einem Secondhand-Laden etwas gekauft habe. Meine erste Mom-Jeans“, erzählt Filippa Olrik. „Eigentlich war sie zu kurz und nicht so schön. Aber ich war stolz auf diesen Fund.“ Für die junge Frau aus Kopenhagen ist Thrifting ein ganz normaler Teil ihres Konsums geworden. Dabei ging es ihr anfangs nicht um Aspekte der Nachhaltigkeit, sondern vielmehr um Individualismus und persönlichen Stil. „Ich mag es Kleidungsstücke zu tragen, die man nicht einfach im nächsten Laden kaufen kann“, erklärt sie und ist damit in der Generation Z nicht allein. Studien zeigen, dass viele thriften, um ihre stilistische Individualität zu unterstreichen. Frei nach dem Motto „bloß keine Konformität“.


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