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Zwischen Technikbegeisterung und Technikapokalypse

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Künstliche Intelligenz und Ethik. Ein Beitrag für das 40. CSR MAGAZIN

Die Frage nach einer Ethik der Künstlichen Intelligenz (KI) ist keine einfache und erfordert vor allem differenzierte Betrachtungen. Die Vielfalt von KI-Systemen, ihre unterschiedlichen Anwendungsbereiche sowie unterschiedliche Wertvorstellungen lassen das Ziel einer einzigen umfassende Antwort kaum realistisch erscheinen.

Von Ingrid Becker und Florian Krause

St.Gallen (csr-news) – KI-Anwendungen gibt es für Fahrzeuge, medizinische Diagnosen, Finanzanalysen, Personalentscheidungen, personalisierte Empfehlungen im Internet, Kategorisierung von Bildern auf dem eigenen Smartphone und noch vieles mehr. Jede Anwendung und Art von Künstlicher Intelligenz birgt dabei eigene, mehr oder weniger drängende ethische Fragen, da Auswirkungen und potenzielle Risiken – und damit die Bedeutung künstlicher Intelligenz – in verschiedenen Kontexten offensichtlich unterschiedlich sind. Auf der anderen Seite bieten Anwendungen Künstlicher Intelligenz auch große Potenziale – beispielsweise für Effizienz- und Produktivitätssteigerungen in diversen Bereichen, Sicherheit oder um neue Erkenntnisse aus Daten zu gewinnen.

Auch wird die Frage nach Ethik im Kontext Künstlicher Intelligenz mit diversen, zum Teil aus der Science-Fiction stammenden Vorstellungen, Wünschen und Ängsten überdeckt, die tatsächliche aktuelle Fragen in den Hintergrund drängen können oder die Diskussion über KI auf (aktuell) völlig fiktive Szenarien lenken.

Erschwert wird die Diskussion ebenfalls dadurch, dass nicht selten konkrete ethische Herausforderungen (z.B. Datenschutz, Manipulation, Verschleierung von Machtstrukturen etc.) durch einen unbestimmten, allgemeinen Begriff ‚Ethik‘ verdeckt werden. So wird in Bezug auf Künstliche Intelligenz oft von ‚Ethik‘ gesprochen, die ‚auch berücksichtigt‘ oder ‚in Algorithmen eingebettet‘ werden solle oder die schlichtweg ‚auch wichtig‘ sei. Doch was in diesen Kontexten genau zu berücksichtigende ethische Probleme sind und damit verbunden die Frage, ob und wie diese gelöst werden können, bleibt dabei oft unklar.

Was ist eine Künstliche Intelligenz?

Eine Künstliche Intelligenz (KI) ist im Wesentlichen eine besondere Art von Computerprogramm, das sich von einfachen Algorithmen in bestimmten Aspekten unterscheidet. Während einfache Algorithmen Daten typischerweise nach einem statischen Wenn-Dann-Schema auswerten und ein Ergebnis produzieren, wertet eine KI ebenfalls Daten aus, produziert zunächst jedoch aus diesen Daten ein Ergebnis, das wiederum als Eingabe für den Auswertungsalgorithmus verwendet wird, um sich selbst zu verbessern. In diesem Stadium kann man sagen, dass die KI ‚lernt‘ und dadurch ihre Aufgabe im Laufe der Zeit immer besser bewältigt.

Dieses Lernen wird in der Regel durch menschliche Unterstützung ermöglicht. Zum Beispiel können Bilddaten für eine KI von Menschen kategorisiert werden (z.B. Katze, Hund, Hamster usw.). Mit Hilfe großer Rechenkapazitäten sucht die KI dann nach (statistischen) Mustern in allen Bildern der jeweiligen Kategorie und versucht hierdurch, wesentliche Muster der Kategorie zu identifizieren. Dann wird anhand gefundener Muster eine Zuordnung getestet. Gelingt diese nicht, wird erneut gesucht, und dieser Prozess wird so oft wiederholt, bis das Ergebnis ‘optimal’ ist, also Bilder zuverlässig der korrekten Kategorie zugeordnet werden.

Diese Optimierung ist bei sogenannten schwachen KIs immer auf ein ganz spezifisches Problem ausgerichtet. Eine KI, die gelernt hat, bestimmte Tiere auf Bildern zu erkennen, ist beispielsweise nicht für Wetterprognosen oder Personalauswahl geeignet. Jede KI ist im Prinzip ein Computerprogramm, das für eine ganz bestimmte Aufgabe entwickelt und optimiert wurde. Im Gegensatz dazu meint starke oder generelle KI, die derzeit noch in den Bereich der Science-Fiction gehört, in der Literatur jedoch bereits eifrig diskutiert wird, eine KI, die eine Vielzahl verschiedener Probleme ebenso gut oder sogar besser lösen kann als Menschen.

Anthropomorphismen

KI wird häufig mit Vorstellungen in Verbindung gebracht, die möglicherweise von Fantasy- und Science-Fiction-Geschichten beeinflusst sind – etwa Vorstellungen künstlicher Menschen oder Genies mit bedrohlicher, übermenschlicher Intelligenz. In verschiedenen Definitionen von KI wird “menschenähnlich” auch explizit verwendet (Beck 2020). Selbst im wissenschaftlichen Diskurs nehmen Implikationen einer (hypothetischen) KI, die als quasi künstlicher Mensch gedeutet werden könnte, einen bedeutenden Platz ein, wie etwa ‘Rechte für Roboter’ (Gunkel 2018) oder Vergabe von Staatsbürgerschaften an den Roboter ‘Sophia’ zeigen. Neben sicher interessanten Gedankenspielen finden in diesen Kontexten jedoch häufig Anthropomorphismen statt: Technische Reaktionen werden vor dem Hintergrund menschlicher Empfindungen und Normen gedeutet. Generell ist es nicht ungewöhnlich, dass es spezifische Normen für Gegenstände von sozialer Bedeutung gibt (z.B. persönliche Gegenstände oder Kunstwerke mit gesellschaftlicher Bedeutung) (Beschorner & Krause 2018). Jedoch erscheint der Ruf nach diesen in Bezug auf KI wohl übereilt und nicht Gegenstandsadäquat.

Die Technik der künstlichen Intelligenz erscheint in durch Anthropomorphismen geprägten Diskussionen mitunter als Bedrohung durch ihre übermenschlichen Fähigkeiten. Fraglos anzuerkennen ist dabei, dass KI-Technologien natürlich in gewisser Hinsicht ‘übermenschliche’ Fähigkeiten haben. Dies ist jedoch eher eine allgemeine Eigenschaft diverser Technologien – es begründet meist sogar ihren Sinn (Taschenrechner, Flugzeuge etc.). In gewisser Weise ist die Idee von Technologie darauf ausgerichtet, menschlichen Handlungsspielraum zu erweitern und Möglichkeiten zu bieten, die wir sonst nicht hätten.


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