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Ein kurzes Fazit der IAA Mobility 2023

IAA München 2023 (Foto: Michael Förtsch auf Unsplash)

Neues Jahr. Neues Glück. Alte Lügen. Dieser Beitrag handelt von zu vielen Autos und verpassten Chancen.

Ein Kommentar von Christoph Golbeck

Berlin (csr-news) – Die IAA Mobility 2023 ist zu Ende und natürlich wurde aus dem Frankfurter Saulus auch beim zweiten Münchener Anlauf kein bayrischer Paulus. Für viele Jahrzehnte war die Main-Metropole der Gastgeber der einst wichtigsten Automesse der Welt. Ihr Umzug ins beschauliche Bayern führte keineswegs zu einer Öffnung des Konzepts – es ist und bleibt auf nur einen Verkehrsträger konzentriert. Egal ob in der City rund um Stachus und Marienplatz oder in den Hallen der Riemer Messe, die Autoshow war kein intermodaler Markt ressourcenoptimierter Mobilitätsmöglichkeiten.

In München konnten wir beobachten, wie der Verkehrsträger Kraftfahrzeug, um ein paar neue Feigenblätter ergänzt, als Transformationsinstrument positioniert wird. Das vollelektrische Antriebskonzept steht dabei im Mittelpunkt. Und weil hier inzwischen asiatische Hersteller voran gehen und in der Münchener Innenstadt selbstbewusst Ausstellungs-Pavillons platzierten, verbarg unser Bundeskanzler Olaf Scholz ein schelmisches Augenzwinkern hinter seiner Augenklappe, als er in seiner Eröffnungsansprache die heimische Industrie um billige(re) vollelektrische Kleinwagen anfleht.

Dr. Christoph Golbeck
(Foto: Stephan Röhl)

Dinosaurier leben länger.

Wer aber spricht über die negativen externen Effekte des ausufernden Kraftverkehrs, über Flächenverbrauch und Feinstaubbelastung durch Reifenabrieb und Diesel-Abgase? Davon emittiert ein Luxus-SUV, von dem in der ersten Septemberwoche wieder unzählige Modelle präsentiert wurden, auch dann immer noch viele hundert Mikrogramm pro Kilometer, wenn er mit Start-Stopp-Automatik und als Hybrid selbst die diffizilste Euro-7-Abgasnorm erfüllen sollte. Die EU-Kommission plant deren Einführung allerdings mit aktuellem Stand nicht vor Mitte 2025.

Ein Schelm, wer da Böses denkt.

In den wenigen Messetagen wurden laut aktueller Stellungnahme der Veranstalter wieder einmal 8.500 Probefahrten mit Pkw durchgeführt. Warum lagen die Testfahrten mit Fahrrädern oder E-Bikes laut derselben Pressemeldung mit rund 4.000 bei weniger als der Hälfte? Mutet es da nicht wie Hohn an, wenn die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) sich rund um die IAA zum Stichwort Zero Emission zitieren lässt? „Wir sind entschlossen, die Gesellschaft für unsere Lösungen zu begeistern und sie zu motivieren, ihren Beitrag auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität zu leisten.“ Wundert es da noch, wenn rund um die automobile Leistungsschau so gut wie keine öffentliche Aufmerksamkeit für die Ressourcenverschwendung der Automobilbranche vorhanden ist?

Vor nicht langer Zeit drehte sich auf der IAA genauso wie in allen Autohäusern alles um PS, GTI und viele Zylinder. Die monopolgleiche Stellung des Verkehrsträgers Auto im deutschen Mobilitätsmix hat sich nicht geändert. Idealisiert wird neuerdings allerdings das vollelektrische Kraftfahrzeug. Einziges Ziel: hohe Reichweite und viele Schnellladesäulen. Aber nirgendwo wird der gesamtgesellschaftliche Kraftaufwand ehrlich hinterfragt, der mit priorisiertem Straßenausbau, Schlechterstellung von Fahrrad und Leichtkraftfahrzeugen in der StVO oder mit der öffentlichen subventionierten Herstellung von Kraftfahrzeugen mit zu großen Batterien einhergeht.

Der Autor dieses Kommentars fordert als Inhaber des Berliner Mobilitätshauses eine integrierte Diskussion zum Zusammenhang von Verkehrswende, Energiewende und unseren privaten wie geschäftlichen Mobilitätsbedürfnissen! Dieser Diskurs muss zu einem ständigen Hintergrundrauschen der großen Transformation in Gesellschaft und Wirtschaft werden, denn Mobilität geht uns alle an.

Dr. Christoph Golbeck
ist Politikwissenschaftler, Familienunternehmer in zweiter Generation, Vorsitzender von Unternehmen Verantwortung Gesellschaft e. V. sowie Gründer eines Verkehrswende-Startups und passionierter Fahrradfahrer.

Erlebt Christoph am kommenden Montag, 18. September, im Rahmen der Konferenz „Gesellschaftsprojekt Energiewende“. Die Veranstaltung der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin ist inzwischen ausgebucht. Ihr wollt trotzdem mitdiskutieren? Dann schaut ab 9:30 Uhr im Livestream vorbei, z. B. für den Eröffnungsimpuls von Robert Habeck oder während des Panels 4, auf dem Christoph unter anderem mit Wiebke Zimmer, stellv. Direktorin, Agora Verkehrswende diskutiert: https://www.boell.de/de/gesellschaftsprojekt-energiewende#Forum4


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